Universum unendlich?

threepwood

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Eventuell, sollte man stets in die gleiche Richtung fliegen, erreicht man letztendlich seinen Ausgangspunkt.

Aber ist das so? Oder setzt das nicht eine Raumkrümmung voraus, die momentan noch nicht exakt ermittelt wurde.
Und was wäre, wenn der Raum wirklich flach (k=0) ist, trifft diese Aussage dann immer noch zu? Oder verwechsle ich hier 2 Dinge?
 

julian apostata

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Gibt es theoretisch eine Galaxie, bei der man in einer "Himmelsrichtung" keine anderen Galaxien mehr sieht, weil sich dort der "Rand" des Universums befindet? Falls das nicht so ist, wie ich annehme, warum ist das so?

(Bitte ein paar Sekunden Geduld beim Laden aufbringen)
https://www.geogebra.org/material/show/id/2413281

Guckst du auf die beiden gelben Kreise rund um die beiden größeren Punkte. Einen solchen "Rand" gibt es um jeden Punkt des (möglicherweise) unendlichen Universum.

Auf dem "Rand" (Hubbleradius) haben die Objekte genau die Lichtgeschwindigkeit als Fluchtgeschwindigkeit.

Strebten die Objekte bei gebremster Expansion nach innen, so streben sie heute (beschleunigte Expansion) nach außen.

Wenn sie weit genug draußen sind, kann das Licht, was sie heute senden; nicht mehr nach innen gelangen.

Wohl aber kann uns Licht, was sie früher aussandten schon noch erreichen.

siehe auch
https://www.geogebra.org/material/simple/id/2353961

Um also deine Frage "exakt" zu beantworten, müsstest du "exakt" formulieren, was du unter "sehen" verstehst (früheres Licht, heutiges Licht...)
 

Ich

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Zunächst einmal braucht es keine Erklärung, sondern eine "Präzisierung", und zwar eine Präzisierung des Anwendungsbereiches. Oder anders formuliert: eine Einschränkung des Anwendungsbereiches.

Das Postulat - genauer: die Menge der Postulate - ist also noch nicht gut genug und muss ggf. durch mindestens ein weiteres Postulat ergänzt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird man vielleicht eine bessere Menge an Postulaten finden, die dann wieder mit weniger Postulaten auskommt.


Möglicherweise habe ich Dich missverstanden, falls Du mit "Erklärungsversuch" das Arbeiten an den Postulaten meinst. Selbstverständlich ist das Arbeiten an den Postulaten alles andere als trivial. In der Mathematik gehört das zu den schwierigsten Disziplinen überhaupt !
Nein, das meine ich nicht. Mit Erklärungsversuch meine ich tatsächlich die Erklärung eines Sachverhalts mittels zugrundeliegender Gesetze. Wenn man die Physik als axiomatisch auffasst, dann kann das kosmologische Prinzip nie zu den Axiomen gehören. In der Mathematik mag es in Spezialfällen teilweise willkürlich sein, welche Gegebenheit ich als Axiom festsetze und welche ich ableite. In der Physik vielleicht auch, aber das kosmologische Prinzip erklärt selber nichts und ist derart unverträglich mit allem, was wir heute über die Physik zu wissen glauben, dass man es nicht einfach fordern kann (außer als pragmatischen Ansatz, wie beschrieben). Man muss es erklären, es kann nicht einfach so da sein. Sonst wäre alles, was wir über Kausalität, Lokalität und die Struktur der Raumzeit wissen, falsch.
 

ralfkannenberg

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aber das kosmologische Prinzip erklärt selber nichts und ist derart unverträglich mit allem, was wir heute über die Physik zu wissen glauben, dass man es nicht einfach fordern kann (außer als pragmatischen Ansatz, wie beschrieben). Man muss es erklären, es kann nicht einfach so da sein. Sonst wäre alles, was wir über Kausalität, Lokalität und die Struktur der Raumzeit wissen, falsch.
Hallo Ich,

warum verwirft man dann das kosmologische Prinzip nicht einfach ? - Wenn es derartig unverträglich ist und auch nicht durch Einschränkungen oder mit Hilfe zusätzlicher Postulate gerettet werden kann, so wäre das doch der naheliegendste Ansatz.

Das schliesst ja nicht aus, ihm im Rahmen der Wissenschaftsgeschichte der Irrtümer seinen wohlverdienten Platz zuzuweisen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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warum verwirft man dann das kosmologische Prinzip nicht einfach ? - Wenn es derartig unverträglich ist und auch nicht durch Einschränkungen oder mit Hilfe zusätzlicher Postulate gerettet werden kann, so wäre das doch der naheliegendste Ansatz.
Du kannst es als Prinzip, das keiner Erklärung bedarf, nicht halten, das ist alles. Als näherungsweise gültige Vereinfachung für kosmologische Modelle - als pragmatisches Postulat also - tut es ja hervorragend. Und eine Erklärung, wie es dazu kommen konnte, hat man auch. Es gibt also überhaupt kein Problem mit dem kosmologischen Prinzip, wenn man es nur richtig einordnet.
 
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ralfkannenberg

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Du kannst es als Prinzip, das keiner Erklärung bedarf, nicht halten, das ist alles. Als näherungsweise gültige Vereinfachung für kosmologische Modelle - als pragmatisches Postulat also - tut es ja hervorragend. Und eine Erklärung, wie es dazu kommen konnte, hat man auch. Es gibt also überhaupt kein Problem mit dem kosmologischen Prinzip, wenn man es nur richtig einordnet.
Hallo Ich,

gut und schön, und wie gesagt: pragmatisch und als "Näherung" bin ich ja einverstanden. Aber "am Ende" braucht man gültige Prinzipien, die eben keiner Erklärung bedürfen.

Warum verwendet man nicht solche ? Ist man noch nicht so weit, d.h. kennt man die noch nicht, oder hat es andere Gründe ? Einfach den Anspruch an Axiome "downzugraden" kann ja nicht der richtige Weg sein - jedenfalls nicht in der Naturwissenschaft, auch wenn sowas in der Privatwirtschaft mittlerweile gang und gäbe ist, weil "time to market" nur "quick and dirty" zu erreichen ist.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Mit Erklärungsversuch meine ich tatsächlich die Erklärung eines Sachverhalts mittels zugrundeliegender Gesetze.
Bemerkung: kursiv hinterlegten Text von mir bold markiert, weil im Zitat alles kursiv hinterlegt ist


Hallo zusammen,

das ist ganz wesentlich, da man sonst in die Willkürlichkeit abgleitet. Ein Axiomensystem muss selbstverständlich auf zugrundeliegenden Gesetzen basieren, das ist letztlich auch in der Mathematik so: erst werden die Gesetze formuliert und erst hinterher wird dann ein Axiomensystem erarbeitet, in welchem diese Gesetze - möglicherweise in einer verallgemeinerten Fassung - gültig sind.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Ein Axiomensystem muss selbstverständlich auf zugrundeliegenden Gesetzen basieren, das ist letztlich auch in der Mathematik so: erst werden die Gesetze formuliert und erst hinterher wird dann ein Axiomensystem erarbeitet, in welchem diese Gesetze - möglicherweise in einer verallgemeinerten Fassung - gültig sind.
Das verstehe ich nicht. Was unterscheidet denn physikalische Gesetze und physikalische Axiome?

In der ART wäre die Einstein-Hilbert-Wirkung ein Axiom. In der QM sind der Hilbertraum sowie die Schrödingergleichung Axiome; und mehr gibt es da nicht. Was wären jetzt die zugrundeliegenden Gesetze?
 

Ich

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Aber "am Ende" braucht man gültige Prinzipien, die eben keiner Erklärung bedürfen.
Grundsätzlich ja. Wobei es schwierig ist, diese Nichtbedürftigkeit nachzuweisen, man sollte da für Überraschungen offen bleiben.
Warum verwendet man nicht solche ? Ist man noch nicht so weit, d.h. kennt man die noch nicht, oder hat es andere Gründe ? Einfach den Anspruch an Axiome "downzugraden" kann ja nicht der richtige Weg sein - jedenfalls nicht in der Naturwissenschaft, auch wenn sowas in der Privatwirtschaft mittlerweile gang und gäbe ist, weil "time to market" nur "quick and dirty" zu erreichen ist.
Ich fürchte, du verrennst dich da gerade. Man verwendet ja solche. Lokale Lorentzinvarianz wäre ein Beispiel. Man will die auch nicht "downgraden". Es ist nur einfach so, dass das kosmologische Prinzip in einem solchen Axiomensystem nichts zu suchen hat.
Ein Axiomensystem muss selbstverständlich auf zugrundeliegenden Gesetzen basieren, das ist letztlich auch in der Mathematik so: erst werden die Gesetze formuliert und erst hinterher wird dann ein Axiomensystem erarbeitet, in welchem diese Gesetze - möglicherweise in einer verallgemeinerten Fassung - gültig sind.
Hier gibt's Potential für Missverständnisse. Ich wollte nicht zwischen Axiomen und Gesetzen unterscheiden, mit den "zugrundeliegenden Gesetzen" meinte ich einfach das zugrundeliegende Axiomensystem, sofern existent. Diese Axiome sind in diesem Zusammenhang auch zu unterscheiden von Postulaten, das hatte ich irreführenderweise zusammengeschmissen. Das Postulat von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist z.B. erklärbar und nicht selbst fundamental: Die LG ist konstant, weil es in der Minkowskigeometrie eine Grenzgeschwindigkeit gibt, mit der sie zusammenfällt. Die umgekehrte "Kausalbeziehung" wäre der Lorentz'sche Äther: Wenn die LG laut Maxwell und auch gemessen konstant ist, und wenn man annimmt, dass sich alle Kräfte so verhalten, dann kann man ableiten, dass so etwas wie die Minkowskigeometrie richtige Rechenergebnisse bringt. Sowas ist kein brauchbares Axiom, die Minkowskigeometrie der SRT hingegen schon.
 

sanchez

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Hallo threepwood,

ich schrieb:
Eventuell, sollte man stets in die gleiche Richtung fliegen, erreicht man letztendlich seinen Ausgangspunkt.

Deine Frage:
Aber ist das so? Oder setzt das nicht eine Raumkrümmung voraus, die momentan noch nicht exakt ermittelt wurde.
Und was wäre, wenn der Raum wirklich flach (k=0) ist, trifft diese Aussage dann immer noch zu? Oder verwechsle ich hier 2 Dinge?

Nach einiger Überlegung:

Nein ist nicht so. Das Licht, das uns vom Rand des Universums erreicht, ist seit 13,8 Milliarden Jahren zu uns unterwegs.
Die Objekte die wir sehen (wir sehen sie so wie sie vor 13,8 Milliarden Jahren waren) haben sich inzwischen weiterbewegt.

Neuere Schätzungen gehen davon aus, dass diese Objekte inzwischen 46,6 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind.
Anders als bei Raumschiffen die eine Geschwindigkeit von nur v < c erreichen können, kann die Rate an Expansion des Raumes für einen Beobachter größer der Lichtgeschwindigkeit c sein.
Expansion ist eine Eigenschaft des Raumes, sie summiert vom Beobachter bis hin zum Objekt auf. Raum der sich schneller als c von uns entfernt, ist für uns nicht sichtbar.

https://de.wikipedia.org/wiki/Beobachtbares_Universum

Wir leben, wie apostata geschrieben hat , in einer Hubblesphäre (bei uns ist das das sichtbare Universum mit 13,8 Milliarden Lichtjahren).
Dabei nimmt die Expansion des Raumes, ausgehend von der Erde, die in der Mitte der Sphäre ist, zum Rand der Sphäre hin stetig zu.
Bis die Expansionsrate auf dem Sphärenrand gleich der Lichtgeschwindigkeit ist.
Ein Raumschiff, auch wenn es sehr schnell ist, kann diese Sphäre niemals verlassen. Die Expansion der Sphäre ist immer größer bzw schneller.

Auch hier gilt das kosmologische Prinzip, für jeden Beobachter.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kosmologisches_Prinzip
Was der Abwesenheit eines Zentrums, bzw. Randes entspricht.

In Sachen Raumkrümmung kann ich leider nichts schreiben.

Grüsse sanchez
 
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Dgoe

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Zitat von Dgoe:
Immer, wenn noch eine Galaxie in der einen Richtung zu sehen ist, verschiebt man die Lokalität dorthin, bis einfach nix übrig bleibt.
Dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit in alle Richtungen nichts zu sehen, also auch keinen Rand. Dann muss die Show um so toller sein.
Wenn man das Restaurant 'umsiedelt' zu einer noch ausfindig gemachten Galaxie, dann kann man von dort auch zurückschauen, woher man kam - das ist ja nicht plötzlich verschwunden. Man brauch sich nur umdrehen, und da sieht man das und wenn man sich nochmal umdreht, sieht man nichts mehr...

Douglas Idee zur Show ist übrigens das wortverspielte andere Ende, nicht das räumliche, sondern das zeitliche - Ende des Universums. So gesehen gar nicht völlig unpassend. Allerdings spult die Show das wieder zurück glücklicherweise, damit man nicht mit dem dann eh unnötigen Testatement dort hinkommen brauch...

Zum anderen, ich hab aber noch nie Bodenhaftung gehabt in diesen Dingen und hinterfrage manchmal einfach so, richtig ernst gemeint einerseits, mir dennoch albern vorkommend andererseits durchaus. Nur gerade die dummen Fragen erbringen so oft wirklich sehr hilfreiche Antworten, die logisch erscheinen, nachvollziehbar. Sorry, soll kein Missbrauch sein, sind nicht nur eigene Laienfragen, im privaten Umfeld auch mir gestellte, die ich nicht richtig beantworten kann - mit großem Respekt für solche Hinweise und Darlegungen hier.

Gruß,
Dgoe
 

ralfkannenberg

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Ich fürchte, du verrennst dich da gerade.
Hallo Ich,

ich denke eher, dass ich da offene Punkte anspreche.

Man verwendet ja solche. Lokale Lorentzinvarianz wäre ein Beispiel. Man will die auch nicht "downgraden". Es ist nur einfach so, dass das kosmologische Prinzip in einem solchen Axiomensystem nichts zu suchen hat.
Dagegen gibt es ja nichts einzuwänden.


Hier gibt's Potential für Missverständnisse. Ich wollte nicht zwischen Axiomen und Gesetzen unterscheiden, mit den "zugrundeliegenden Gesetzen" meinte ich einfach das zugrundeliegende Axiomensystem, sofern existent. Diese Axiome sind in diesem Zusammenhang auch zu unterscheiden von Postulaten, das hatte ich irreführenderweise zusammengeschmissen. Das Postulat von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist z.B. erklärbar und nicht selbst fundamental: Die LG ist konstant, weil es in der Minkowskigeometrie eine Grenzgeschwindigkeit gibt, mit der sie zusammenfällt. Die umgekehrte "Kausalbeziehung" wäre der Lorentz'sche Äther: Wenn die LG laut Maxwell und auch gemessen konstant ist, und wenn man annimmt, dass sich alle Kräfte so verhalten, dann kann man ableiten, dass so etwas wie die Minkowskigeometrie richtige Rechenergebnisse bringt. Sowas ist kein brauchbares Axiom, die Minkowskigeometrie der SRT hingegen schon.
An sich ist ein Axiom ein mathematischer Begriff und sollte tatsächlich eher nicht in der Physik zur Anwendung kommen. Die "Grundannahmen" in der Physik sollte man vielleicht eher "Postulate" oder "Prinzipien" nennen. Aus denen leiten sich dann die Gesetze her.

Oftmals ist es ja auch so, dass es "über" den Postulaten noch etwas wichtigeres gibt, nämlich Erhaltungssätze. Die klassische Physik und die Relativitätstheorie mögen mit der Zeitkonstanz bei gleichmässig bewegten Bezugssystemen und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bei gleichmässig bewegten Bezugssystemen verschiedene Postulate haben, aber beiden sind die Erhaltungsgrössen, also Energieerhaltung, Impulserhaltung, Drehimpulserhaltung, Ladungserhaltung, Leptonenzahlerhaltung, um einige zu nennen, gemein.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Dgoe

Gesperrt
Was unterscheidet denn physikalische Gesetze und physikalische Axiome?
Nix, da mathematische Axiome mathematische sind und nicht andere. Nur dass die Physik die Mathematik nutzt. Die Mathematik aber nicht die Physik unbedingt.

Physik ist aber näher an der Natur dran oder nur Trugschluss? Das ist doch was sich jeder fragt, komisch, Physik und Mathematik, muss schon recht gut miteinander, saugut.

Ja und Erhaltungssätze sind doch nur eine Facette, oder etwa mehr?

Ich finde Toms Frage richtig gut! Und bin gleichzeitig nur neugierig, so geile Themen sucht man dicke Schinken lesends oft vergebens.

Gruß,
Dgoe
 

astrofreund

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Hallo, ich bin neu hier und will zur letzten Frage auch gern meinen "Senf" dazu geben.

Axiome sind für mich Vereinbarungen von physikalischen Gegebenheiten die nicht beweisbar und nicht weiter untersetzbar sind.
Physikalische Gesetze bauen auf anderen Gesetzmäßigkeiten oder auch Axiomen auf. Sie sind daher beweisbar.
So, ich hoffe, ich lag damit nicht zuweit daneben ...

Gruß,
astrofreund
 

Bernhard

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Physikalische Gesetze bauen auf anderen Gesetzmäßigkeiten oder auch Axiomen auf. Sie sind daher beweisbar.
Hallo astrofreund,

Der Teilnehmer 'Ich' hat es weiter oben bereits angedeutet, dass "gute" Physiker heutzutage normalerweise Pragmatiker sind. D.h. man formuliert gewisse physikalisch deutbare Annahmen, die zugleich innerhalb eines mathematischen Formalismus formulierbar sind. Innerhalb des mathematischen Formalismus (=Modell) kann man Formeln mathematisch exakt ableiten und diese dann physikalisch deuten. Mehr will man oftmals gar nicht haben.

In der Grundlagenforschung werden in seltenen Fällen auch sicherheitstechnische, politische oder philosophische Überlegungen abgeleitet und diskutiert.
 

ralfkannenberg

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Das verstehe ich nicht. Was unterscheidet denn physikalische Gesetze und physikalische Axiome?
Hallo Tom,

ein Gesetz leitet sich aus Axiomen her. Alles, was man in den Voraussetzungen eines Theorems findet, ist ein Kandidat für ein Axiom. Ich sage bewusst "Kandidat", da Axiome die Eigenschaft haben, dass sie "einfach so" gültig sind, und zudem Axiomensysteme die Eigenschaft haben "sollten", widerspruchsfrei und minimal zu sein.

Erneut schreibe ich ein Wort in doppelten Anführungsstrichen ("sollten"), nämlich deswegen, weil der Nachweis der Widerspruchsfreiheit keineswegs immer gelingt. Ich bin kein Logiker, aber meines Wissens ist die Menge der nicht-beweisbaren Aussagen gleichmächtig zum Kontiunuum, also überabzählbar unendlich gross.

Ich habe mir ein bisschen angewöhnt, bei den Voraussetzungen "3 Stufen" zu haben:

Stufe 1: theorem-bezogene Voraussetzungen
Stufe 2: disziplin-bezogene Voraussetzungen
Stufe 3: stillschweigend verwendete Voraussetzungen

"sei f(x) eine stetige Funktion" ist eine Voraussetzung, wie man sie typischerweise bei Theoremen in der Differenzialrechnung vorfindet
"sei V ein Vektorraum" ist eine Voraussetzung, die man in der Linearen Algebra typischerweise nicht extra zu erwähnen braucht
"sei das Auswahlaxiom gültig" ist indes eine der "normalen Mathematik" stillschweigend verwendete Voraussetzung

Natürlich sind diese "Stufen" nicht definiert, aber es ist ein bisschen Usus, es so zu handhaben.


In der ART wäre die Einstein-Hilbert-Wirkung ein Axiom. In der QM sind der Hilbertraum sowie die Schrödingergleichung Axiome; und mehr gibt es da nicht. Was wären jetzt die zugrundeliegenden Gesetze?
Ich würde diese eher als zugrundeliegende Gesetze, aber nicht als Axiome bezeichnen. In der ART wäre vielleicht etwas wie das "Äquivalenzprinzip" oder der "Energieerhaltungssatz" ein Axiom. Oder eben lieber: ein Postulat.

Fall man aber die Schrödingergleichung als gottgegeben voraussetzen kann und daraus dann die Herleitungen der QM tätigen kann, dann wäre die Schrödingergleichung ein sehr gutes Axiom.


Nehmen wir ein Beispiel aus der Schule: da lernt man ja schon in der Grundschule die Bruchrechenregeln. Die Bruchrechenregeln sind also ein Resultat. Aber in der Algbera lernt man, dass man da das Pferd von hinten aufgezäumt hat: da bildet man mithilfe der als gültig definierten Bruchrechenregeln Äquivalenzklassen und zeigt dann, dass die Quotientenkörperbildung in einem Integritätsbereich bis auf Isomorphie eindeutig ist. Das ist natürlich aus den ganzen und rationale Zahlen motiviert, d.h. der "motivierende" Spezialfall ist der, dass man mit Hilfe der Bruchrechenregeln aus dem Integritätsbereich der ganzen Zahlen den Quotientenkörper der rationale Zahlen eindeutig konstruieren kann.

Wobei wie der Name schon andeutet ein Integritätsbereich eine Menge ist, die die Eigenschaft von "Integers", also von ganzen Zahlen, hat, und die Abkürzung IQ für die rationale Zahlen kommt ja aus der Wortwahl "Quotientenkörper".

Und worauf man hinauswill ist die eindeutige Konstruktion eines minimalen Körpers aus einem Ring, der passende Zusatzeigenschaften hat, nämlich ein Eins-Element, die Nullteilerfreiheit und die Kommutativität der Multiplikation.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Axiome sind für mich Vereinbarungen von physikalischen Gegebenheiten die nicht beweisbar und nicht weiter untersetzbar sind.
Hallo astrofreund,

ich habe ja zu Beginn dieser Debatte geschrieben, dass ich einen puristischen Standpunkt einnehme, also keinen praktischen Standpunkt, und "Ich" war dann der Meinung, dass dieser Standpunkt nicht "puristisch", sondern "falsch" sei.

Hätte er statt "falsch" das Wort "unbrauchbar" verwendet, so wäre ich vermutlich eher mit ihm einig gegangen.


Grundsätzlich sind Axiome etwas gar abstraktes und gehören meines Erachtens nicht in eine angewandte Wissenschaft. Da sollte man lieber von Postulaten sprechen.


Physikalische Gesetze bauen auf anderen Gesetzmäßigkeiten oder auch Axiomen auf. Sie sind daher beweisbar.
Sie können auch auf Postulaten aufbauen und diese versucht man in der Regel eben auch, physikalisch zu begründen.

Es ist in der Mathematik nicht schwer, ein in sich widerspruchsfreies Axiomensytsem zu definieren und nun wie ein Wilder Resultate daraus abzuleiten, die zwar allesamt "richtig" sind, aber keinerlei Anwendung haben. Das führt dann zu einer Willkürlichkeit und zu einer Beliebigkeit.

Sowas will man nicht in der Physik und sowas will man auch nicht in der Mathematik; aus diesem Grunde ist es schon wichtig, dass man seine Voraussetzungen, seien es Postulate oder Axiome, irgendwie brauchbar begründet. Albert Einstein macht das übrigens auf der ersten Seite seiner berühmten Arbeit zur speziellen Relatvitätstheorie auch.

Nehmen wir den Ausgangspunkt dieser Debatte, das war die Rolle des kosmologischen Prinzipes, oder schreiben wir lieber, (1) das Homogenitäts-Prinzip und (2) das Isotropie-Prinzip.

Ich persönlich bin eigentlich der Meinung, dass das zwei sehr gute Postulate sind, weil sie einfach gehalten sind. Aber sie führen zu den vorgenannten Problemen, dem Flachheitsproblem, dem Horizontproblem und dem Problem der fehlenden magnetischen Monopole. Es bräuchte also noch ein zusätzliches Prinzip, aus dem die Inflation folgt, dann hätte man ein gutes Set für die Beschreibung der kosmologischen Phänomene:

1. Homogenitäts-Prinzip
2. Isotropie-Prinzip
3. "Inflations-auslösendes Prinzip"


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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ich denke eher, dass ich da offene Punkte anspreche.
Oh, diese ganze Geschichte mit dem "downgraden" und so basiert m.E. nur auf einem Missverständnis. Meine Aussagen zum kosmologischen Prinzip waren genau auf dieses bezogen und nicht auf alle Prinzipien.
Oftmals ist es ja auch so, dass es "über" den Postulaten noch etwas wichtigeres gibt, nämlich Erhaltungssätze. Die klassische Physik und die Relativitätstheorie mögen mit der Zeitkonstanz bei gleichmässig bewegten Bezugssystemen und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bei gleichmässig bewegten Bezugssystemen verschiedene Postulate haben, aber beiden sind die Erhaltungsgrössen, also Energieerhaltung, Impulserhaltung, Drehimpulserhaltung, Ladungserhaltung, Leptonenzahlerhaltung, um einige zu nennen, gemein.
Nein, die Erhaltungssätze folgen aus Symmetrien. Diese Symmetrien sind üblicherweise das, was man am ehesten als "Axiome der Physik" bezeichnen könnte, und nicht Erhaltungssätze oder Postulate.
 

ralfkannenberg

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Nein, die Erhaltungssätze folgen aus Symmetrien. Diese Symmetrien sind üblicherweise das, was man am ehesten als "Axiome der Physik" bezeichnen könnte, und nicht Erhaltungssätze oder Postulate.
Hallo Ich,

ja natürlich, das ist es, das hätte ich schreiben sollen. Bei Symmetrien (auch wenn diese mal gebrochen werden) bin ich immer dabei :)


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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ich habe ja zu Beginn dieser Debatte geschrieben, dass ich einen puristischen Standpunkt einnehme, also keinen praktischen Standpunkt, und "Ich" war dann der Meinung, dass dieser Standpunkt nicht "puristisch", sondern "falsch" sei.

Hätte er statt "falsch" das Wort "unbrauchbar" verwendet, so wäre ich vermutlich eher mit ihm einig gegangen.
Deine Aussage war, das kosmologische Prinzip bedürfe keiner Erklärung. Und das ist falsch, dabei bleibe ich. Ich habe meine Haltung auch begründet.
Nehmen wir den Ausgangspunkt dieser Debatte, das war die Rolle des kosmologischen Prinzipes, oder schreiben wir lieber, (1) das Homogenitäts-Prinzip und (2) das Isotropie-Prinzip.

Ich persönlich bin eigentlich der Meinung, dass das zwei sehr gute Postulate sind, weil sie einfach gehalten sind. Aber sie führen zu den vorgenannten Problemen, dem Flachheitsproblem, dem Horizontproblem und dem Problem der fehlenden magnetischen Monopole. Es bräuchte also noch ein zusätzliches Prinzip, aus dem die Inflation folgt, dann hätte man ein gutes Set für die Beschreibung der kosmologischen Phänomene:

1. Homogenitäts-Prinzip
2. Isotropie-Prinzip
3. "Inflations-auslösendes Prinzip"
Nein. Aus 3 folgt 1 und 2. 1 und 2 sind keine brauchbaren Postulate, Axiome oder wie auch immer. Sie sind eine näherungsweise gültige Beobachtung und haben ihrerseits keinerlei physikalische Konsequenzen, außer Berechnungen zu vereinfachen. Man kann aus 1 und 2 keine weiteren Naturgesetze ableiten, und wenn sie außerhalb des beobachtbaren Universums aufs krasseste verletzt wären, hätte das keinerlei Konsequenz für uns.

1 und 2 waren historisch wichtig nicht als kosmologisches Prinzip, sondern als Eigenschaft des Raumes an sich. Das sind die zwei impliziten Postulate, die Einstein zusätzlich zu den bekannten beiden in seiner Herleitung der SRT verwendet hat. Seit der ART gelten sie nur noch näherungsweise lokal.
 
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