Hallo Sissy,
den Beitrag, wo du mich zum Missionar erklärst lasse ich einfach mal unkommentiert für sich sprechen.
das ist so nicht richtig. Wozu braucht man z.B. auf der Marsoberfläche die Triebwerke, mit denen man aus dem Erdorbit ausschwenkt? Wenn die nicht zünden, findet der Flug zum Mars nicht statt. Dann kann man mit bestehender Technik aus dem Erdorbit zur Erdoberfläche zurückkehren.
Ebenso die inzwischen leeren Treibstofftanks, wenn man auf Mars angekommen ist. Die können im Marsorbit bleiben. Oder man landet sie mit Fallschirmen und kann sie neuen Funktionen zuführen. Sie zerkleinern, recyclen oder z.B. als Lagerräume weiterverwenden. Oder mit ihrem Material (Metall?) Verkleidungen für alles mögliche herstellen... Das sind jetzt nur 2 Beispiele für Bestandteile, die nur für einen Zweck mitgeführt werden.
Dein Einwand bezüglich der Triebwerke ist natürlich richtig, bis zur TMI (Trans Mars Injection) kann man noch abbrechen. Was deine Tanks angeht, wenn man plant sie zu landen, hat man auch eingeplant sie für etwas zu verwenden. Der Verwendungszweck ist entweder kritisch (lebenswichtig) oder nicht, es gibt praktisch kaum ein dazwischen. Ja du wirst einige Fälle finden in denen du mit einem unwichtigen Teil ein lebenswichtiges reparierst. Das wird aber eher die Ausnahme sein, ich unterstelle das man nicht die Möglichkeit hat einen Mikrochip, einen Transistor oder eine Solarzelle aus recycleten Strukturteilen zu bauen. Ein Stück Blech zurechthämmern um eine Abdeckung zu ersetzen, ja das kann man. Aber auch dem werden dadurch das man es entweder im Druckabzug machen muss oder es durch die Luftschleuse passen muss doch Grenzen auferlegt.
Ab dem TMI aber darf es keine ernsthaften Probleme mehr geben, darauf können wir und doch wohl verständigen?
Umkehren kann man dann nicht mehr, einfach deshalb weil das Delta-V um beim Mars zu bremsen erheblich kleiner ist als das um zur Erde zurückzukommen (Es sei denn du gehst von enormen Treibstoffreserven aus, das passt aber nicht zu einer auf Kosten optimierten Mission). Man kann auch nicht am Mars einen Swing-By zurück zur Erde machen, energetisch wäre das vielleich machbar, aber es würde bedingen das man genügend Verbrauchsgüter (Nahrung, Wasser, Sauerstoff) für den Rückflug mitbringt und eine Bahn wählt wo die Erde dann auch in der richtige Position ist (und im Erdorbit abgeholt wird, weil der Marslander nur für 1/3g gebaut ist), also nochmal so viel wie für den Hinflug. Weil aber die Startmasse ein Kostenfaktor ist passt auch das nicht zum Missionskonzept. Eine Rückkehr ist ohnehin nicht geplant.
Man kann jede Mission als Netzwerk von Knoten darstellen, die Knoten stellen dabei jeweils die Möglichkeiten ein Subsystem oder einen Vorgang dar, die Verbindungen zwischen den Knoten das Verhalten des Systems/Ausgang der Aktion dar. Es ergibt sich eine Reihe von Pfaden, die jeweils einen möglichen Missionsverlauf darstellen. Am Punkt TMI (s.o.) passiert das Entscheidende: Es gibt keine Pfade mehr bei denen ein Systemversagen nicht mit LoC (Loss of Crew) endet. Wenn man sich bei der Auswahl der Knoten auf exakt die Systeme/Ereignisse beschränkt die kritisch sind, gibt es genau einen Pfad hinter dem TMI der nicht zum LoC führt (natürlich den wo wirklich alles glatt läuft).
Jeder Verbindung ordnet man eine Eintrittswahrscheinlichkeit zu. Die ist bei einigen wenigen statistisch abschätzbar, bei den anderen wird man sich auf Modelle oder Extrapolationen aus ähnlichen Systemen beschränken müssen. So kann man auf relativ einfache Weise abschätzen wie wahrscheinlich ein katastrophaler Ausgang ist. Man sieht das sich die Fehlerwahrscheinlichkeiten auf dem einzigen Erfolgspfad nicht addieren, sondern multiplizieren - das ist darauf zurückzuführen das eine einzige eingetretene Fehlerwahrscheinlichkeit einen vom Erfolgspfad abbringt (Es mag einige Schleifen im Netz geben, diese kennzeichnen die Stellen wo ein System ein anderes ersetzen kann - das was man sonst als Redundanz aufführt).
Das ist ein Unterschied zu anderen Missionen und all den Beispielen/Vergleichen ob passend oder nicht die angeführt wurden.
Apollo 13 konnte auch nicht "verkürzt" werden. Die Missionen 14 bis 17 fanden trotzdem statt.
Ähm, Apollo 13
wurde verkürzt. Die kritische Ressource war der Strom in den Batterien, und man hat kräftig gespart damit es gereicht hat. Und es hat zu einer Pause geführt während man den Vorfall untersucht hat. Aber was wolltest du eigentlich damit sagen?
Dafür gibt es aber jede Menge solcher Beispiele mit missionskritischen Systemen in der Schifffahrt. Speziell der
Unterwasserschifffahrt. Seit deren "modernen"Anfängen vor 150 Jahren gab es zig Missionen, bei denen ein Abbruch der Mission mit Rückholung der Besatzung nicht möglich war. Und zwar bei den militärischen wie auch den zivilen Missionen...
Das ist nicht ganz das gleiche, stell das Abhängigkeitsnetz für ein U-Boot auf und vergleich es mit Mars One. Du setzt die prinzipielle Existenz von Enden mit katastrophalem Ausgang mit der Abkopplung eines Grossteils des Möglichkeitsraumes gleich.
Im zivielen Bereich der Schiffahrt (Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Linienschiffe) sind inzwischen zwar "Rückholmöglichkeiten" (= ausreichend Rettungsboote, Schwimmwesten) gesetzlich vorgeschrieben, aber wie viele Passagiere ertranken/erstickten/erfrohren trotzdem bei Unglücken seit der Einführung dieser Vorschrift?
Auch im Passagierflugverkehr gibt es keinen vorzeitigen Abbruch, wenn die Maschine nicht mehr zu steuern ist. Es sind für die Passagiere keine Fallschirme an Bord. Ein Aussteigen in der Luft ist für den Fall von massiven Problemen schlicht nicht vorgesehen
Ok, wir haben offensichtlich sehr unterschiedliche Sichtweisen. Ich sehe keinerlei Vergleichbarkeit gegeben, ausser das es sich um Katastrophen handelt. Es fliegen täglich zigtausend (Millionen?) Passagieren mit Flugzeugen, tödliche Unfälle ereignen sich wie oft? Wöchentlich? Monatlich? Setzt du das ernsthaft Risiken von 1:10^6 und niedriger mit 1:10 gleich?
Wäre es nicht "Christenpflicht" (nach der Definition von Ralf bei "Mars one: Ethische Bedenken" (= unterlassene Hilfeleistung)), diese Menschen so lange zu warnen, bis der letzte von dort weggezogen ist?
Ich würde es zwar nicht Christenpflicht nennen, aber die zugrundeliegenden Prinzipien erkenne auch ich an. Wie wohl die meisten Menschen, ob bewusst oder nicht. Es gibt Grenzen als wie weit meine Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit oder Individuen reichen. Du findest das auch in der Gesetzgebung abgebildet, in Konstrukten wie Fahrlässigkeit oder unterlassender Hilfeleistung.
Was dein herbeigezogenes Beispiel der Vulkanhäuslebauer angeht, die werden doch wieder und wieder gewarnt (sind Vulkanologen jetzt auch Missionare? SCNR). Das heisst, ja, wir warnen sie bis alle weggezogen sind - also bis in alle Ewigkeit so wie es aussieht. Worin siehst du dort das Problem? Sollen die Vulkanologen in Zukunft nicht mehr publizieren und in Zeitungsinterviews nichts mehr zu den Gefahren sagen?
Gruss
Michael