@ All
Dieser kleine Beitrag umreißt meine Sicht zur derzeiten (Meta)-Situation:
Der Dialog
„Der Dialog ist eine neue Form des Gesprächs. Hier werden weniger Argumente ausgetauscht, sondern Horizonte eröffnet. Der Dialog ist eine Chance, Neues zu entdecken, keine Garantie, Altes zu bewahren.“David Bohm, Der Dialog
Die Diskussion um „Schwarze Löcher“ am CERN und besonders um die Position von Herrn Professor Rössler und seinen Theorien verhärten sich zunehmend, auf beiden Seiten.
Was kann hier helfen?
Zuhören.
Sprechen.
Antworten. In einem persönlichen Gegenüber.
Das CERN antwortete auf den Wunsch nach einem persönlichen und fachlichen Gespräch zwischen Herrn Prof. Rössler und Physikern des CERN über seine Theoreme mit der Erstellung eines Gutachtens von Herrn Prof. Hermann Nicolai, Direktor des Max-Planck-Institutes für Gravitationsphysik. (
http://www.nzz.ch/nachrichten/wisse...log_mit_einem_kritiker_des_cern_1.790605.html)
Wie auch immer ein Gutachten ausfällt: Es ersetzt nicht – und vor allem nicht in diesem Falle – ein persönliches, fachliches Gespräch.
Warum?
Weil der Dialog die Möglichkeit der Reaktion gibt, des Anschaulich-Machens, des Zuhörens, des Widerspruchs, des Zuspruchs, des Zweifelns, des Überdenkens. Und weil im persönlicher Dialog die Chance eines gemeinsamen Wagnisses liegt, der Möglichkeit nämlich, auf beiden Seiten, zu neuen Sichtweisen zu kommen, ist er zu Recht, seit der Tradition des sokratischen Dialoges bis zum Ideal der Aufklärung von Immanuel Kant, das Fundament der abendländischen Kultur.
Dieser Dialog wird nun verwehrt.
Und dies in einem Fall, wo ernsthafte Sorgen von Menschen dem spöttischen Lächeln der Fachleute gegenüberstehen.
Das ist – egal, wie ein Urteil zu den Theoremen von Herrn Professor in der Wissenschaftsgeschichte aussehen wird – nicht akzeptabel.
Eine „Auseinandersetzung“ auf der bisherigen Ebene – durch Gutachten, durch Schweigen, durch Spott – ersetzt kein Gespräch. (Wobei ich die Ergebnisse in den Foren nicht minimeren möchte: aber auch dieser Kommunikationsweg hat seine Grenzen, ein Gespräch erst würde es erlauben, das Kritiker und Befürworter beide die Möglichkeiten einer unmittelbaren Realtion hätten)
Im Wort „Auseinandersetzen“ steckt bezeichnenderweise das „Auseinanderdividieren“, die Abgrenzung, im scheinbar so sachlichen Wort schwebt doch eine Form der Diskussion, die vor allem eines zum Ziel hat: Statt gemeinsam zu lernen, eine Wahrheit gegen die andere behaupten zu wollen.
Kein Mensch auf der Welt ist im Besitz der absoluten Wahrheit.
Wir sind - gemeinsam – auf der Suche nach ihr.
Ich möchte mir dieses Ideal einer gemeinsamen Suche nach Wahrheit nicht nehmen lassen und wünsche daher, dass alle Beteiligten zu der einzigen Form zurückkehren, die uns diese Suche ermöglicht: Einem Dialog.
Ein Dialog kann allerdings auch, wie Lewis Carroll das so wunderbar in „Alice im Wunderland“ beschreibt, zu einem absurden „Aneinandervorbeireden“ des Mächtigen und des Ohnmächtigen werden. Das liest sich dann so:
„Ich verstehe nicht, was Sie mit `Glocke´ meinen“, sagte Alice.
Goggenmoggel lächelte verächtlich. „Wie solltest du auch – ich muss es dir doch zuerst sagen. Ich meinte: `Wenn das kein einmalig schlagender Beweis ist !´
„Aber `Glocke´heißt doch gar nicht ein `einmalig schlagender Beweis´“ wandte Alice ein.
„Wenn ich ein Wort gebrauche“ sagte Goggenmoggel in recht hochmütigem Ton, „dann heißt es genau, was ich für richtig halte – nicht mehr und nicht weniger.“
„Es fragt sich nur“, sagte Alice, „ob man Wörter einfach etwas anderes heißen lassen kann.“
„Es fragt sich nur“, sagte Goggenmoggel, „wer der Stärkere ist, weiter nichts.“
Lewis Carroll, Alice im Wunderland, aus: Menschliche Kommunikation, Watzlawick, Beavin, Jackson, Verlag Hans Huber Bern, S.83)
Wir könnten so weiter „diskutieren“. Ad infinitum.
Oder bis zur Katastrophe.
Freundliche Grüße
Enrico Pellegrino