Zu dicht für den Durchblick

N

Neon

Gast
Ich habe mich gefragt ob, wenn es selbst an den verweistesten Orten des Universums immernoch nur ein Teil pro Million m2 gibt, es dann nicht einfach unmöglich sein wird bis in eine bestimmte tiefe des Raumes zu blicken, da sich alle diese Teilchen irgendwann für den Betrachter zu einer undurchsichtigen Wolke verdichtet haben. Vielleicht sogar zufällig bis zu einer Entfernung von 13 bis 13,5 Millarden Lichtjahren.

Und ich habe mich auch gefragt ob diese einfach nur durch seine Entfernung zu eben dieser Dichte entstandene Wolke nicht eine gewissen Reflexionsfähigkeit von Röntgen bzw. Infrarotstrahlen aufweisen müsste.

Hat sich darüber schon einmal jemand Gedanken gemacht?


Peace:)
 

mac

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Hallo Neon,

die Materiedichte im heutigen Universum wird auf durchschnittlich 1 Atom pro m^3 geschätzt.
http://en.wikipedia.org/wiki/Outer_space#Intergalactic
http://de.wikipedia.org/wiki/Universum#Alter_und_Zusammensetzung
Die Dichte zur Zeit der Rekombinationsära http://de.wikipedia.org/wiki/Urknall#Entkopplung_der_Hintergrundstrahlung
war rund (z+1)^3 = 1100^3 mal dichter.

Licht aus dieser Zeit, das uns heute als Hintergrundstrahlung durch die Rotverschiebung in Form von Mikrowellen erreicht, war rund 13,7 Milliarden Jahre lang unterwegs, hat also eine Strecke von 13,7 Milliarden Lichtjahren zurückgelegt.

Die dabei durchdrungene Gasmenge kann man über die Flächendichte ausrechnen. Da sich die Dichte aber durch die Expansion des Universums im Laufe der Zeit verringert hat, geht das nicht linear.

Ich habe das mal ganz grob über eine numerische Integration ausgerechnet.

Ein Lichtjahr ist eine Strecke von 9,47E15 m. Bei der oben genannten Dichte von 1Atom/m^3 wäre das eine Flächendichte von 9,47E15m * 1 Atom/m^3 = 9,47E15 Atome/m^2 in einer solchen Strecke.
Mit Hilfe des kosmology-calculators http://www.astro.ucla.edu/~wright/ACC.html von Ned Wright habe ich nun folgende Wertepaare ermittelt:


z ……………… Alter des Universums in 1000 Jahren
1095………………….375
1000………………….437
900…………………..521
800…………………..633
usw.

Die Flächendichte für die erste Etappe beträgt nun für eine Strecke von 1 m (z+1)^3 = 1096^3 = 1316532736 Atome/m^2 und auf einer Strecke von 1 Lichtjahr sind das 1316532736 * 9,47E15 = 1,25E25 Atome/m^2 und auf einer Strecke von 375000 Lichtjahren sind es 4,67E30 Atome/m^2
Rechnet man das Schritt für Schritt, landet man irgendwo um 6E30 Atome/m^2.

Ein Wasserstoffatom wiegt 1,67E-27 kg. http://de.wikipedia.org/wiki/Proton Damit würde die gesamte Säule etwa 1E4 kg wiegen, etwa so viel wie unsere irdische Lufthülle.

Herzliche Grüße

MAC
 

jonas

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Hi Neon

Diese Frage ist eigentlich nicht schlecht, denn die Durchlässigkeit von Material für elektromagnetische Strahlung hängt auch von der Frequenz ab. Da während der Expansion die Wellenlänge der Hintergrundstrahlung immer größer wurde, hätte es durchaus passieren können, daß dabei irgendwann ein Frequenzband durchlaufen worden wäre, das das intergalaktische Medium reflektiert oder absorbiert hätte.

Die von mac ausgerechnete Säule von etwa der Mächtigkeit der Lufthülle hätte vollkommen genügen können. Schließlich reicht auch schon eine dünne Wolkenschicht um das Licht der Sterne abzuschirmen.

Der Wikipedia Artikel Transparenz_(Physik) gibt hier einen ersten Einstieg in diese wirklich nicht einfache Materie. Weiterführende Artikel sind: Transmission_(Physik), Extinktion_(Optik), Linienspektrum und die Wasserstofflinie bzw. 21 cm Linie.
 

Orbit

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Jonas schrieb:
Da während der Expansion die Wellenlänge der Hintergrundstrahlung immer größer wurde, hätte es durchaus passieren können, daß dabei irgendwann ein Frequenzband durchlaufen worden wäre, das das intergalaktische Medium reflektiert oder absorbiert hätte.
Aber es gilt doch: Je grösser ihre Wellenlänge, desto ungestörter durchquert eine em-Welle ein Medium. :confused:

Orbit
 

Luzifix

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Da während der Expansion die Wellenlänge der Hintergrundstrahlung immer größer wurde, hätte es durchaus passieren können, daß dabei irgendwann ein Frequenzband durchlaufen worden wäre, das das intergalaktische Medium reflektiert oder absorbiert hätte.

Die Frage ist, warum das nicht zwingend passiert ist, als die Frequenz noch in der Nähe des optischen Bereichs war und die Materiedichte ein Vielfaches höher als heute?
 

jonas

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Hi Orbit

Ich bewege mich da schon ein ganzes Stück außerhalb dessen, was mein physikalisches Wissen betrifft. Daher kann folgendes durchaus totaler Blödsinn sein: Ich stelle mit vor, daß das Spektrum der Hintergrundstrahlung (bzw. das Licht sehr weit entfernter Galaxien) während der Zeit immer weiter ins Rote verschoben wurde. Photonen, die heute eine Wellenlänge über 21 cm haben, sind zum großen Teil in der Vergangenheit durch die 21 cm Linie gewandert und hätten somit absorbiert werden können. Sie konnten nur deshalb "überleben", weil sie während ihrer "21 cm - Zeit" mehrheitlich nicht von einem Wasserstoffatom "gefressen" wurden, da das intergalaktische Medium zu dünn ist.

Edit: @Luzifix: Vergiss nicht, daß wir von einer ganzen Bandbreite von Frequenzen beim ursprünglichen Licht reden. Die Photonen des Spektrums wanderten also zu unterschiedlichen Zeiten durch die Absorptionslinie und damit auch bei unterschiedlichen Dichten des Mediums.
 
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Orbit

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Ich stelle mit vor, daß das Spektrum der Hintergrundstrahlung (bzw. das Licht sehr weit entfernter Galaxien) während der Zeit immer weiter ins Rote verschoben wurde. Photonen, die heute eine Wellenlänge über 21 cm haben, sind zum großen Teil in der Vergangenheit durch die 21 cm Linie gewandert und hätten somit absorbiert werden können.
Jonas
Die Wellenlänge der heute gemessenen Hintergrundstrahlung ist weniger als 2 mm. Hier haben wir im letzten Herbst darüber diskutiert:
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?t=3904&highlight=Hintergrundstrahlung&page=6

Orbit
 

Luzifix

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@Luzifix: Vergiss nicht, daß wir von einer ganzen Bandbreite von Frequenzen beim ursprünglichen Licht reden. Die Photonen des Spektrums wanderten also zu unterschiedlichen Zeiten durch die Absorptionslinie und damit auch bei unterschiedlichen Dichten des Mediums.

Hallo!
Das sieht Orbit hier in dem von ihm verlinkten Post ganz anders:
Aber die Hintergrundstrahlung stammt nicht vom Urknall, sondern aus der Rekombinations-Ära. Damals, rund 400'000 Jahre nach dem Urknall, wurde überall ein Strahlung der Frequenz 6,186E13 Hz emittiert, was einer Wellenlänge von 4,846 Mikrometern entspricht. Inzwischen ist diese Wellenlänge 1090 mal länger geworden, beträgt also 5,28 mm und ihre Frequenz hat sich um denselben Faktor auf 5,675E10 Hz verringert. Ihre Energie beträgt also noch E = hf = 5,675E10*6,626E-34 = 3,76E-23 J.
Aus T = E/k = 3,76E-23/1,38E-23 = 2,725 K
ergibt sich die heutige Temperatur dieser Hintergrundstrahlung.

Daraus ergibt sich auch, daß dieses Licht nie optisch war ( 4,8my=4800nm) und somit meine Frage die eines blutigen Laien. Werde mich zukünftig hier als Naseweis einloggen.

Daneben habe ich mich immer schon gefragt, was eigentlich passiert, wenn Licht immer wieder gestreut wird, gestreut, gestreut und noch einmal gestreut - kommt dann auf Basis fraktaler Mathematik eine ganz bestimmte Summenstrahlung zuletzt "hinten" heraus? Etwa eine wie die Hintergrundstrahlung?
 
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Orbit

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Luzifix schrieb:
Das sieht Orbit hier in dem von ihm verlinkten Post ganz anders
Hallo Luzifix
Allerdings muss ergänzt werden, dass diese Aussage von Orbit im Laufe der damaligen Diskussion noch berichtigt wurde und man schliesslich bei 1,87 mm Wellenlänge landete. :)
Aber die Grössenordnung stimmte, und somit stimmt auch deine Schlussfolgerung:
Luzifix schrieb:
Daraus ergibt sich auch, daß dieses Licht nie optisch war
Ich würde allerdings 'Licht' durch 'Infrarot-Strahlung' ersetzen, um eine Ursache von Missverständnissen zu beseitigen, um die es in diesem Thread ja auch geht.
Und anstatt 'optisch' müsste es 'im sichtbaren Bereich' heissen.

Orbit
 
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galileo2609

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Damit würde die gesamte Säule etwa 1E4 kg wiegen, etwa so viel wie unsere irdische Lufthülle.
Setzt man das in Beziehung zur 'Höhe' der Säule, wird deutlich, dass das intergalaktische Medium als optisch dünn bezeichnet werden kann. Die wellenlängenabhängige Extinktion spielt daher nur für die irdische Atmosphäre bei bodengebundenen Teleskopen und innerhalb unserer Milchstrasse eine Rolle.

Grüsse galileo2609
 

FrankSpecht

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Moin galileo,
Die wellenlängenabhängige Extinktion spielt daher nur für die irdische Atmosphäre bei bodengebundenen Teleskopen und innerhalb unserer Milchstrasse eine Rolle.
Das kann ich so nicht ganz stehen lassen, denn erst vorgestern gab's diesen Artikel auf astronews.de: 90 Prozent der Galaxien werden übersehen
Die Astronomen konnten so ermitteln, dass die traditionellen im Lymann-alpha-Licht durchgeführten Durchmusterungen nur einen Bruchteil des gesamten ausgestrahlten Lichtes erfassen, da ein Großteil der Lymann-alpha-Photonen von interstellaren Wolken aus Gas und Staub verschluckt wird. Dieser Effekt ist für Lymann-alpha-Licht wesentlich ausgeprägter als für H-alpha-Licht. Die Wissenschaftler schätzten, dass so bis zu 90 Prozent der Galaxien unentdeckt bleiben. "Wenn man zehn Galaxien sieht, könnten in Wirklichkeit 100 dort sein", so Hayes.
 

galileo2609

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Hallo Frank,
Das kann ich so nicht ganz stehen lassen, denn erst vorgestern gab's diesen Artikel [...]
das ist ja kein Widerspruch. Wie man dem Artikel entnehmen kann, sind bestimmte Wellenlängen von Licht ein Problem (z. B. eben Lyman-Alpha), das "seine Galaxie" nicht verlassen kann. Für die Beantwortung von Neons Eröffnungsfrage spielt das jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Neon formulierte ja die These, ob sich grundsätzlich keine EM-Strahlung aus einer gegebenen Distanz mehr detektieren lässt. Das ist aber nicht der Fall. Himmelsdurchmusterungen bei grösseren Wellenlängen sind prinzipiell durchführbar. Technisch problematisch gestaltet sich dabei u. a. das Auflösungsvermögen.

Grüsse galileo2609
 

FrankSpecht

Registriertes Mitglied
Du hast Recht, galileo!
Ich habe interessanterweise in dem von mir zitierten Text aus den "interstellaren Wolken" gedanklich "intergalaktische Wolken" gemacht. :eek:
 
N

Neon

Gast
Hallo Frank,
Für die Beantwortung von Neons Eröffnungsfrage spielt das jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Neon formulierte ja die These, ob sich grundsätzlich keine EM-Strahlung aus einer gegebenen Distanz mehr detektieren lässt. Das ist aber nicht der Fall. Himmelsdurchmusterungen bei grösseren Wellenlängen sind prinzipiell durchführbar. Technisch problematisch gestaltet sich dabei u. a. das Auflösungsvermögen.

Grüsse galileo2609

Wenn ich Euch also richtig verstehe, dann ist es, selbst bei der von mac berechneten Säule, eher ein technisches Problem noch tiefer in den Raum zu blicken. Ich frage mich ob wir dann irgendwann vielleicht über die kritischen 15 Milliarden Lichtjahre Schwelle blicken werden.

Ach ja - Jonas - der Naseweis hier bin ja wohl eher ich und nicht Du, danke!

:D Peace
 

Orbit

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Neon schrieb:
Ich frage mich ob wir dann irgendwann vielleicht über die kritischen 15 Milliarden Lichtjahre Schwelle blicken werden.
Bedenke, dass wir in die Vergangenheit des Universums blicken. Weiter zurück als zum Ursprung vor 13,75 Milliarden Jahren geht nicht. Optisch ist aber bereits kurz davor Schluss, weil vor z = 1089 das Universum undurchsichtig war.

Orbit
 

mac

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Hallo Neon,

Wenn ich Euch also richtig verstehe, dann ist es, selbst bei der von mac berechneten Säule, eher ein technisches Problem noch tiefer in den Raum zu blicken.
Nein! Das ist ein Horizont-Problem und das ist grundsätzlicher Natur.

Wenn sich das Universum so ausbreitet, wie wir es heute aus den Messungen dazu entnehmen (Geschwindigkeit und Beschleunigung), dann werden wir niemals Licht von jenseits des Ereignishorizontes sehen. http://arxiv.org/abs/astro-ph/0310808v2

Herzliche Grüße

MAC

PS Die Antwort von Orbit ist auch richtig. Sie bezieht sich auf 'heute'. Meine Antwort bezieht sich auf heute und auf alle Zukunft.
 
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