Hallo ispom,
du als Individuum kannst dein Erbgut nicht mehr verbessern - abgesehen von einigen adulten Stammzellen im Knochenmark. Erbgutverbesserung wirkt sich immer auf die nachfolgenden Generationen aus. Denkbar ist beispielsweise, dass du dich klonen lässt und den Klon mit optimierten Genen versiehst, bevor er ausgetragen wird. Davon hast du selber allerdings nichts, nur deine Kopie. Insofern bestimmst du, welche genetische Ausstattung dein Nachfahre haben wird. Weiterhin legst du fest, was für dich wünschenswert wäre, lässt es jedoch deinem Nachfahren ausbaden, wenn sich deine Wünsche als doch nicht so optimal herausstellen sollten.
Das ist überhaupt ein Kernproblem im Zusammenhang mit genetischer Optimierung: Ist das, was heute wünschenswert ist, auch noch in zwei, drei oder meinetwegen hundert Generationen wünschenswert? Wer haftet für die Irrtümer? Wer legt wie und nach welchen Kriterien fest, was als wünschenswert gilt? usw. usf.
Zur Eugenik: Freiwillige in einer freien Gesellschaft? Das wäre dann letztlich ein elitärer Klub. Wenn die Optimierung klappen sollte, dann würden die "Veredelten" darauf achten, sich nur mit ihresgleichen zu paaren, um das vebesserte Genom nicht mit Fremdgenen zu verunreinigen. Schon im Hinblick auf die eigenen Nachkommen (Man will ja schließlich nur das Beste!) verbietet sich ein Abstieg in die Niederungen der gewöhnlichen Wildpopulation. Das geht ganz ohne autoritären Zwang. Zunehmend werden die, die dennoch die Optimierung unterlaufen, verächtlich angesehen von denen, die "rein" bleiben. Wenn man das gedankenexperiment noch einige Generationen weiter laufen lässt, wird klar, welche Gruppe die entscheidenden Schaltstellen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft besetzen wird, und was dann als opportun gilt: Wer es sich leisten kann bzw. wer ein Interesse daran hat, mit der Elite mitzuhalten und in sie aufzusteigen, wird dafür sorgen, dass die eigenen Nachkommen optimiert werden, wenn man schon selber nicht den Zugang findet. Am Ende haben wir dann doch die Zwei-Arten-Gesellschaft, obwohl das am Anfang wohl niemand gewollt hat.
Ach ja, der Säufer ... nun ja, Freiheit ist eben auch immer die Freiheit, sich zu etwas Schädlichem zu entscheiden - inklusive aller Belastungen, die der Gesamtgesellschaft damit aufgebürdet werden. Solange der Schaden jedoch eingrenzbar bleibt, muss man das tolerieren - so zynisch das vielleicht klingt. Vielleicht kriegt der Säufer ja eine Therapie, die ihn trocken bleiben lässt. Sobald er von seiner Sucht entwöhnt ist, hat er ja wieder die Freiheit, sich zur Abstinenz zu entscheiden. Mit Eugenik, ob staatlich angeordnet oder nicht, ist das leider etwas ganz anderes. Letztlich wird damit das Fundament einer demokratischen Gesellschaft - die Menschenwürde - unterhöhlt.
Viele Grüße!