@ Bynaus:
Eine Zusammenfassung des 30-Jahres-Updates von 2004 findet sich
hier. Literaturquellen finden sich im Wikipedia-Artikel "Grenzen des Wachstums" ebenso wie eine kurze Inhaltsangabe aller drei Ausgaben.
Stimmst du mir nicht zu dass eine Umstellung von fossil auf nuklear die Natur - zumindest in einem Bereich - entlasten könnte?
Was die Energieerzeugung betrifft - ja, in jedem Fall. Wie es um die Ökobilanz eines neuen Reaktortyps steht, weiß ich nicht. Das Brennmaterial muss ja gewonnen, angereichert, transportiert und endgelagert werden. Die Containments und andere Sicherheitseinrichtungen binden ebenfalls Arbeit und Material, das bis zum Fertigstellen des Kraftwerks verbaut wird. Wieviel Umweltbelastung in der Summe anfällt, bis der Reaktor steht und durch seinen Betrieb das Äquivalent zu einem gleichwertigen konventionellen Kraftwerk ausgleicht, das ja ebenfalls mit einer "Vorlast" in die Ökologie eingeht, weiß ich ebenfalls nicht. Der Punkt ist doch, dass der Ersatz der konventionellen Kraftwerke nur einen Teil der nötigen Umstellungen darstellt. Der andere Teil ergibt sich aus dem Ausbau des Energieerzeugungsnetzes, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Hier müssen also weitere "Vorlasten" investiert werden, die sich erst später wieder ausgleichen.
Hast du eine Erklärung, wie genau Raketen (oder ein Weltraumlift) zum Aufbau eines Rohstoff-Versorgungs-Systems aus dem Weltraum zum Kollaps führen sollen?
Zunächst einmal benötigt so ein System Zeit, bis es funktioniert und sich rentiert. Zeit, die uns eigentlich fehlt, weil Bevölkerungswachstum, Konsumbedürfnisse und damit Produktionswachstum mit Ressourcenverbrauch usw. weitergehen. Der Druck, der jetzt schon da ist und der jetzt schon die Grenze der Nachhaltigkeit überschritten hat, wird also nicht abnehmen, sondern angesichts der zahlenmäßig zunehmenden Notwendigkeit, elementare Lebensbedürfnisse zu befriedigen, noch zunehmen. Wenn man dann noch aufsattelt, um eine Raketenflotte sowie Bergbauanlagen auf dem Mond oder auf Asteroiden zu bauen und damit Ressourcen bindet, die dann anderswo fehlen, erhöht das zusätzlich den Druck und beschleunigt damit das Eintreten des Kollapses. Und da mit zunehmendem Druck das Risiko von sozialen Unruhen und Migrationsbewegungen steigt, die sich immer stärker auch auf die erste Welt auswirken werden, wird man die für ein solches Transportsystem nötigen Finanzen wahrscheinlich eher in die Abwehr drängenderer Probleme stecken als ins All.
Warum genau ist es nicht möglich, die Verschmutzung und ihre Auswirkungen zu begrenzen?
Es ist auf Dauer nicht möglich, wenn es so weiter geht wie bisher, weil mit der Zahl der Menschen auch der Umfang an Investitionen wächst, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Nehmen wir mal die Ernährung. Traditionelle Landwirtschaft wurde und wird zunehmend zugunsten von Monokulturen abgewickelt, die auf Spitzenerträge ausgerichtet sind. Um diese Spitzenerträge zu erbringen, verwendet man entweder Hybride, die nur ein Jahr Ertrag bringen, so dass ständig Saatgut nachgekauft werden muss, oder gentechnisch veränderte Sorten, die unter Patentschutz fallen und somit auf eine noch diffizilere Art und Weise zu einem Abhängigkeitsverhältnis der Landwirte zu diversen Konzernen führen. Monokulturen haben die unangenehme Eigenschaft, gegen Schädlingsbefall anfällig zu sein, so dass schnell mal eine ganze Ernte verdorben ist.
Gegen Schädlinge werden Pestizide eingesetzt, die mehr und mehr die Böden belasten und ansässige Kleintiere, Vögel und Insekten vergiften. Da sich zunehmend Resistenzen aubilden, müssen immer wieder neue Spritzmittel eingesetzt werden, was die Auswirkungen auf Boden und Grundwasser sowie auf die umgebende Natur nicht verringert. Bei gentechnisch veränderten Pflanzen sind Resistenzen gegen Schädlinge z.T. eingefügt. Bleiben noch die Mitkonkurrenten der Nutzpflanzen: Gegen die helfen Herbizide. Allerdings schädigen Herbizide auch die Nutzpflanzen, so dass man nicht beliebig viel davon ausbringen kann.
Aber nun haben sich die Gentechniker viel Mühe damit gegeben, eine Herbizidresistenz heranzuzüchten und diese in das Genom der Nutzpflanze zu integrieren. Die Folge ist, dass nun die Nutzpflanzen im Vergleich zu den Mitkonkurrenten erheblich gifttoleranter sind, so dass nun mehr Herbizide als bislang auf den Feldern ausgebracht werden. Was das für Boden, Grundwasser und Ökosystem bedeutet, muss ich nicht näher ausführen.
Pestizide, Herbizide usw. werden in diversen chemischen Fabriken hergestellt, die ihrerseits nicht ohne Abprodukte funktionieren, welche sich als Verschmutzung auswirken, wenn sie in die Umwelt gelangen. Mit zunehmendem Ernährungsbedarf steigt natürlich die Nachfrage nach Pflanzen und Tieren, die Spitzenerträge bringen und damit natürlich auch der Bedarf an diversen Agrochemikalien. Da die Böden auf diese Weise nicht lange bewirtschaftet werden können und Düngemittel auf Dauer zu Versalzung und weiterer Grundwasserbelastung führen, werden weitere Flächen als Ackerland erschlossen, so dass der Anteil unbelasteter Natur zunehmend schwindet.
In gemäßigten Breiten mag das noch angehen, da sich hier die Böden über kurz oder lang wieder erholen, aber in tropischen und subtropischen Regionen wirkt sich das nachhaltig katastrophal aus. Da zu erwarten ist, dass sich insbesondere in diesen Regionen der Bevölkerungszuwachs am stärksten vollziehen wird, erreichen wir dort zuerst die Grenze des landwirtschaftlich Möglichen. Die Folge sind neben Hungerkatastrophen soziale Unruhen, Bürgerkriege, Migrationsbewegungen usw. usf. - also das, was schon seit einiger Zeit schon heute läuft und was sich in der Folge noch verstärken wird. Nur das sich diese Dynamik zunehmend negativ auf den globalen Handel auswirken wird, was dann auch in den Kapitalen zu Wirtschafts- und Finanzkrisen führen wird, weil sich immer öfter einige Finanzjongleure verspekulieren und Milliardenwerte vernichten. Diese Ressourcen sind dann auch verloren für nützlichere Zwecke - zum Beispiel für Umweltschutzmaßnahmen.
Wenn man - dank Ausbau der Kernenergie - genug Energie zur Verfügung hat: warum soll es dann z.B. nicht möglich sein, Nahrungsmittel industriell, dh, ohne parallele Zerstörung des Bodens, etwa im Vertical Farming Verfahren, herzustellen?
Wegen der dazu nötigen Zeit, die es dauert, bis dieses "Vertical-Farming" der üblichen Landwirtschaft den Rang abgelaufen hat - abgesehen vom technischen Aufwand - Möhren vom Feld schmecken besser als jene aus dem Gewächshaus. Wenn ich heimisches Gemüse oder auch Äpfel mit Importen aus Holland, Spanien oder Übersee vergleiche, drängen sich mir zwei Dinge auf: Zum einen der fade Geschmack und zum anderen der chemische Beigeschmack. Gut, bevor man gar nichts hat, isst man auch das, aber solange die Wahl besteht, greift man wohl eher auf die guten alten Ackerflächen zurück. Hier wird man noch viel Marketing betreiben müssen - das ebenfalls einiges kostet.
Ich denke, du solltest dich entscheiden.
In deinem Bevölkerungsmodell waren Annahmen getroffen worden, die mir unrealistisch erschienen. Zum Beispiel Zunahme der Lebenserwartung alle 400 Jahre um 100 Jahre oder auch die Abnahme der Kinderzahl bis gegen Null sowie die Abnahme der gebährfähigen Frauen auf 100 Millionen bei einer Gesamtpopulation von 10 Milliarden usw. Das hatte ich dort auch deutlich benannt. In diesem Fall ist das anders. Hier geht es um eine expansive Dynamik, die sich aus Bevölkerungszunahme und Industrieproduktion ergibt. Da momentan kein gegenläufiger Trend beobachtet werden kann, der dem - bei anhaltendem Wachstum - bis spätestens 2100 drohenden Kollaps entgegenwirkt, nehme ich an, dass er unausweichlich ist. Die Frage ist dann nur, wie wir da durchkommen und auf welchem Niveau eine Konsolidierung stattfindet. Ist das Niveau hoch genug, um eine Hochtechnologie auf niedrigerem Level neu aufzubauen oder finden wir uns in einer vorindustriellen Agrarkultur wieder, vergleichbar den Zuständen nach dem Untergang des Weströmischen Reiches? Oder aber entladen sich die Spannungen in einem ABC-Krieg, der die Überlebenden auf eine noch niedrigere Stufe zurückwirft? Ich denke, das wird von der Weisheit derer entschieden, die an den entscheidenden Positionen der politischen und militärischen Macht sitzen.
Monod