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Noch empfindlichere Suche nach Dunkler Materie mit XENONnT
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
15. Oktober 2025
Der Detektor XENONnT ist Teil des Untergrundlaboratoriums
Gran Sasso und zählt zu den empfindlichsten Detektoren zur Suche nach den
Teilchen der Dunklen Materie. Jetzt ist es gelungen, eine Störquelle bei den
Messungen, nämlich die durch Radon verursachte Radioaktivität, mithilfe eines
neuen Verfahrens nahezu komplett auszuschließen.

Die Destillationsanlage "made in Münster" im
Dunkle-Materie-Experiment XENONnT des Gran-Sasso-Untergrundlabors
entfernt störende Signale durch radioaktiven Zerfall von Radon
nahezu vollständig.
Foto: Henning Schulze Eißing [Großansicht] |
Bei der Suche nach Dunkler Materie nutzen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler der XENON-Kollaboration einen der weltweit empfindlichsten
Dunkle-Materie-Detektoren, das Experiment XENONnT. Im Gran-Sasso-Labor des
Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN) in Italien wollen sie damit extrem
seltene Teilchenwechselwirkungen nachweisen. Diese könnten Aufschluss über die
Natur der Dunklen Materie geben. Das Problem ist jedoch: Winzige Mengen
natürlicher Radioaktivität erzeugen Störsignale, die die schwachen Signale
überdecken können.
Das XENONnT-Experiment hat nun einen großen Fortschritt erzielt, indem es
eine der problematischsten Verunreinigungen deutlich reduziert hat: Radon, ein
radioaktives Gas. Zum ersten Mal ist es dem Forschungsteam gelungen, die durch
Radon verursachte Radioaktivität des Detektors auf ein Niveau zu bringen, das
eine Milliarde Mal niedriger ist als die sehr geringe natürliche Radioaktivität
des menschlichen Körpers. Die zugrunde liegende Technik stammt von einem Team um
den Teilchenphysiker Prof. Dr. Christian Weinheimer von der Universität Münster.
Das XENONnT-Experiment misst die Wechselwirkungen von hypothetisch
vorhergesagten Dunkle-Materie-Teilchen mit Atomen von flüssigem Xenon, einem
Edelgas. Der Detektor mit seinen 8,5 Tonnen flüssigen Xenons wird bei rund minus
95 Grad Celsius tief unter der Erdoberfläche betrieben, um Störsignale möglichst
auszuschließen. Die besondere Empfindlichkeit des Detektors beruht auf der
außergewöhnlichen Reinheit des Xenons, die durch die besondere Konstruktion des
Detektors und die Verwendung ultrareiner Materialien erreicht wird. Selbst
Spuren von gelöstem Radon und dessen ebenfalls radioaktiven Zerfallsprodukten
können jedoch Lichtblitze erzeugen, die den gesuchten Signalen gleichen.
Da Radon als Produkt langlebiger Isotope aus der Entstehungszeit unseres
Sonnensystems in so gut wie allen Materialien vorkommt, macht es einen
erheblichen Teil der natürlichen Strahlenbelastung des Menschen aus. Um die
Menge an Radon noch weiter zu reduzieren, entwickelte das XENONnT-Team ein
kryogenes Destillationssystem zur kontinuierlichen Reinigung des Xenons. Dieser
Prozess entfernt gezielt Radon und reduziert seine Konzentration in Xenon um den
Faktor vier auf lediglich 430 Radon-Atome pro Tonne flüssigem Xenon, wie von der
XENONnT-Gruppe vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg bestimmt
wurde. Die durch Radon verursachten Störsignale sind damit etwa so selten wie
die äußerst seltenen Störsignale durch die Neutrinos, die aus der Kernfusion im
Innern der Sonne stammen und nicht abgeschirmt werden können. Dank der
Radon-Entfernung können die Messungen quasi frei von Radioaktivität durchgeführt
werden.
"Die Technik ebnet den Weg für größere, noch empfindlichere Detektoren wie
das geplante, zehnmal größere Flüssigxenon-Observatorium XLZD", betont
Weinheimer. "XENONnT bringt uns der Lösung des Rätsels um die Dunkle Materie
einen Schritt näher." Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrat finanzierten
ERC-Advanced-Grant-Projekts "LowRad" entwickeln Weinheimer und sein Team die
Technologie für XLZD weiter, um Radon und Spuren anderer radioaktiver Edelgase
in Xenon nochmals signifikant zu reduzieren.
Über das neue Verfahren berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review X erschienen ist.
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