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Haag-Meteorit war ein seltener LL-Chondrit
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
8. Oktober 2025
Der 2024 in Österreich niedergegangene Meteorit "Haag"
gehört zur Gruppe der seltenen LL-Chondrite. Dies ergab eine detaillierte
Analyse des Brockens durch ein internationales Forschungsteam. Von dem Fund
erhofft man sich wertvolle Einblicke in die Frühzeit des Sonnensystems. Vor neun
Jahren war ein ganz ähnlicher Meteorit nur 110 Kilometer entfernt
niedergegangen.

Eine mikroskopische Aufnahme des
Haag-Meteoriten: Zu erkennen sind millimetergroße Kügelchen,
die sogenannten Chondren, die namensgebend für die Gruppe der
Chondrite sind. Bild:
Addi Bischoff [Großansicht] |
Ein Himmelskörper aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist am
24. Oktober 2024 in die Erdatmosphäre eingetreten und nahe der Stadt Haag in
Österreich niedergegangen, wo Bruchstücke geborgen werden konnten. Solche
Ereignisse sind äußerst selten - weltweit werden pro Jahr nur etwa zehn
Meteoritenfälle registriert. Ein Forschungsteam der Institute für Planetologie
und Mineralogie der Universität Münster hat den Meteoriten "Haag" mit
internationalen Kolleginnen und Kollegen wissenschaftlich untersucht. Mit dem
Ergebnis, dass der Meteorit zur Gruppe der sogenannten LL-Chondrite gehört,
einer seltenen Gesteinsart, die weniger als zehn Prozent aller bekannten
Meteoritenfälle ausmacht.
"Meteoriten wie 'Haag' sind Archive der Frühzeit unseres Sonnensystems",
betont Prof. Dr. Addi Bischoff. "Sie enthalten Informationen über Prozesse, die
vor viereinhalb Milliarden Jahren stattfanden, und helfen uns zu verstehen, wie
die Erde und andere Planeten entstanden sind." LL-Chondrite bestehen
hauptsächlich aus kleinen, kugeligen Mineralansammlungen und gelten als
ursprüngliche Bausteine der Planeten. Zudem zeichnen sie sich durch einen
vergleichsweise geringen Metallanteil aus.
Besonders auffällig ist die innere Struktur von "Haag". Mithilfe eines
Rasterelektronenmikroskops führte das Forschungsteam aus Münster
Dünnschliffanalysen durch. Diese zeigen, dass der Meteorit ein zertrümmertes
Gefüge besitzt, das Fachleute als Brekzie bezeichnen. Dieses Gefüge ist durch
zahlreiche Einschläge auf dem ursprünglichen Mutterkörper im Asteroidengürtel
entstanden. Dabei wurde Material aus tieferen Schichten herausgeschleudert und
mit Oberflächenmaterial vermischt. "Solche Prozesse weisen auf eine lange und
bewegte Geschichte hin“, erklärt Dr. Markus Patzek. "Die wiederholten Einschläge
haben zu einer mächtigen Schicht aus Trümmern geführt, die sich immer wieder neu
verfestigten."
Auch die Analyse von Edelgasen an der ETH Zürich ergab weitere Erkenntnisse.
Der Meteorit lag während seiner Zeit im All nicht direkt an der Oberfläche des
Mutterkörpers, sondern war von Material bedeckt. Nach seiner Abspaltung reiste
er 21 bis 24 Millionen Jahre lang als eigenständiger Kleinkörper durch das
Sonnensystem. Messungen von Radionukliden deuten darauf hin, dass er einen
Durchmesser von etwa einem Meter hatte, bevor er auf die Erde traf. Die
chemischen, isotopischen und physikalischen Daten belegen, dass "Haag" aus dem
Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter stammt. In dieser Region umkreisen
Millionen von Gesteinskörpern die Sonne. Sie repräsentieren die ältesten
Bausteine des Sonnensystems und liefern entscheidende Hinweise darauf, wie sich
die Erde und andere Planeten gebildet haben.
Überraschend ist auch, dass nur acht Jahre zuvor, am 6. März 2016, bei
Stubenberg in Bayern ein Meteorit niederging, der ebenfalls zu den LL-Chondriten
gehört. Die beiden Fundorte liegen nur rund 110 Kilometer auseinander. "Dass in
so kurzer Zeit und in so geringer geografischer Entfernung zwei Meteorite
desselben Typs gefunden werden, ist eine wissenschaftliche Sensation", sagt
Bischoff. "Es ist durchaus denkbar, dass beide Bruchstücke von ein und demselben
Mutterkörper stammen."
Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Meteoritics & Planetary
Science veröffentlicht.
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