Anzeige
 Home  |  Nachrichten  | Frag astronews.com  | Bild des Tages  |  Kalender  | Glossar  |  Links  | Forum  | Über uns    
astronews.com  
Nachrichten

astronews.com
astronews.com

Der deutschsprachige Onlinedienst für Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt

Home  : Nachrichten : Sonnensystem : Artikel [ Druckansicht ]

 
MERKUR
Entstanden durch gewaltige Streifkollision?
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Tübingen
astronews.com
2. Juli 2025

Der sonnennächsten Planet Merkur weist einige Besonderheiten auf, die es der Forschung bislang schwer machen, seine Entstehungsgeschichte zu rekonstruieren. Neue Computersimulationen lieferten nun aber ein neues Szenario für seine Entstehung: Der Planet könnte Ergebnis einer gigantischen Streifkollision zwischen zwei Protoplaneten ähnlicher Größe im frühen Sonnensystem sein.

Merkur

Auf den ersten Blick recht unscheinbar: Merkur ist der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems. Bild: NASA / Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution of Washington [Großansicht]

Merkur ist nicht nur ähnlich groß wie unser Mond, sondern wie dieser grau und mit Kratern übersät. Das Besondere am sonnennächsten Planeten verbirgt sich allerdings in seinem Inneren: In Anbetracht seiner geringen Größe besitzt Merkur einen unverhältnismäßig großen Eisenkern. Ein Phänomen, das mit traditionellen Theorien zur Planetenbildung schwer zu erklären ist. Ein internationales Team von Forschenden des brasilianischen Nationalen Observatoriums (ON/MCTI), der Université Paris Cité, der School of Engineering and Sciences der UN-ESP/Guaratinguetá und der Universität Tübingen hat jetzt auf Grundlage von Computersimulationen eine neue Theorie zur Entstehung Merkurs entwickelt: Demnach könnte der Planet aus einer Streifkollision zweier Protoplaneten - Massenobjekte, die die Anfangsphase der Planetenentwicklung bilden - entstanden sein. Das Programm zur Simulation dieses Ereignisses entwickelten Forschende der Universität Tübingen.

Zusammen mit Venus, Erde und Mars gehört Merkur zu den Gesteinsplaneten und besitzt eine feste Oberfläche. Im Vergleich zu anderen Gesteinsplaneten weist er aber mehrere bisher nicht gänzlich verstandene Eigenschaften auf: Er besitzt einen großen festen Eisenkern und einen flüssigen äußeren Kern, der aus Eisen, Schwefel und Silikaten besteht. Ein eisenarmer Silikatmantel liegt unter einer nur zehn Kilometer dicken Silikatkruste, die eine erstaunlich dünne äußerste Schicht darstellt. Um diese ungewöhnliche Zusammensetzung zu erklären, ging man davon aus, dass Merkurs jetzige Form durch den gewaltigen Einschlag eines kleineren Himmelskörpers entstanden sei. Kollisionen dieser Art sind jedoch extrem selten. Dr. Fernando Roig, der stellvertretende Direktor des ON/MCTI, und Dr. Patrick Oliveira Franco von der Université Paris Cité konnten mithilfe neuer hydrodynamischer Simulationen nachweisen, dass die anomale Struktur des Planeten möglicherweise auf ein deutlich häufigeres Ereignis zurückzuführen ist: eine gigantische Streifkollision zwischen zwei Protoplaneten ähnlicher Größe im frühen Sonnensystem.

Anzeige

In der Simulation variierten die Forschenden den Aufprallwinkel und die Geschwindigkeit der Kollisionen. Sie stellten fest, dass Einschlagsbedingungen, bei denen die Kollision gerade stark genug war, um den Großteil des Mantels abzutrennen, einen Körper hervorbrachten, der Merkurs charakteristisch kleine Größe und sein metallreiches Inneres aufwies. "Die Arbeit bestärkt die Idee, dass Rieseneinschläge nicht nur Teil der Planetenbildung sind – sie könnten sogar der Hauptfaktor sein, der die endgültige Struktur der Gesteinsplaneten im Sonnensystem geformt hat", sagt Franco.

Die Streifkollision wurde mit einem speziellen Computerprogramm simuliert, das in der Abteilung Computational Physics am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen von Christoph Schäfer gemeinsam mit Christoph Burger entwickelt wurde. "Das Computerprogramm nutzt spezielle Graphikkarten zur Berechnung. Moderne High-Performance-Computing-Architekturen, wie wir sie hier in Tübingen für unsere Forschung zur Verfügung haben, machen die Entwicklung und Verwendung unseres Programmcodes erst möglich. Simulationen, die vorher Monate in Anspruch genommen haben, sind so in wenigen Tagen möglich", sagt Schäfer. "So konnten die Kollegen mithilfe unseres Codes in kurzer Zeit viele verschiedene Parameter simulieren."

Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht.

Forum
Entstand Merkur durch gewaltige Streifkollision? Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Mysteriöser Merkur bei astronews.com
Links im WWW

Franco, P. et al. (2025): Formation of Mercury by a grazing giant collision involving similar-mass bodies, Nat Astron (arXiv.org-Preprint)
Universität Tübingen
In sozialen Netzwerken empfehlen
 
 
Anzeige
astronews.com 
Nachrichten Forschung | Raumfahrt | Sonnensystem | Teleskope | Amateurastronomie
Übersicht | Alle Schlagzeilen des Monats | Missionen | Archiv
Weitere Angebote Frag astronews.com | Forum | Bild des Tages | Newsletter
Kalender Sternenhimmel | Startrampe | Fernsehsendungen | Veranstaltungen
Nachschlagen AstroGlossar | AstroLinks
Info RSS-Feeds | Soziale Netzwerke | astronews.com ist mir was wert | Werbung | Kontakt | Suche
Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Cookie-Einstellungen
     ^ Copyright Stefan Deiters und/oder Lieferanten 1999-2023. Alle Rechte vorbehalten.  W3C
Diese Website wird auf einem Server in der EU gehostet.

© astronews.com / Stefan Deiters und/oder Lieferanten 1999 - 2020
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung.


URL dieser Seite: https://www.astronews.com:443/news/artikel/2025/07