Anzeige
 Home  |  Nachrichten  | Frag astronews.com  | Bild des Tages  |  Kalender  | Glossar  |  Links  | Forum  | Über uns    
astronews.com  
Nachrichten

astronews.com
astronews.com

Der deutschsprachige Onlinedienst für Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt

Home  : Nachrichten : Teleskope : Artikel [ Druckansicht ]

 
RUBIN OBSERVATORY
Blick ins Universum mit 3200 Megapixeln
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie
astronews.com
24. Juni 2025

Das Vera C. Rubin Observatory hat gestern erste Aufnahmen präsentiert. Dieser "First Look" stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum wissenschaftlichen Betrieb dar und gibt einen ersten Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Observatoriums und seiner 3200-Megapixel-Kamera. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten sich begeistert.

Trifid- und Lagunennebel

Blick des Vera C. Rubin Observatory auf den Trifid- und Lagunennebel. Die Aufnahme zählt zu Bildern, die im Rahmen des "First Look" veröffentlicht wurden. Bild: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory [Großansicht]

Das Vera C. Rubin Observatory in Chile ist ein gemeinsames Projekt der US-amerikanischen National Science Foundation und des US Department of Energy’s Office of Science. Herzstück ist das 8,4-Meter Simonyi Survey Telescope, das mit der größten jemals gebauten Digitalkamera, der 3200-Megapixel LSST-Kamera, ausgestattet ist. Die Kamera erfasst mit jedem Bild eine Fläche am Himmel, die mehr als der 40-fachen Fläche des Vollmonds entspricht. Dank der Schnelligkeit des Teleskopantriebs, wird das Observatorium den südlichen Himmel alle drei bis vier Nächte vollständig abbilden. Die damit geplante Himmelsdurchmusterung – Legacy Survey of Space and Time (LSST) genannt – wird zehn Jahre andauern und am Ende den gesamten einsehbaren Himmel etwa 800-mal abgebildet haben. Forschende erwartet ein Datensatz mit rund 40 Milliarden Himmelsobjekten, darunter Sterne der Milchstraße, ferne Galaxien und auch Objekte unseres Sonnensystems wie etwa Asteroiden.

Das Observatorium verbindet nicht nur hohe Sensitivität mit Schnelligkeit, auch die Computer-Infrastruktur ist neuartig. Dank dessen enormer Rechenleistung lassen sich jede Nacht etwa 20 Terabyte an Daten verarbeiten und dabei bis zu zehn Millionen Veränderungen der beobachteten Objekte am Himmel erfassen. "Wir erleben in dieser Dekade eine Transformation der Astronomie. Das Datenvolumen, das neue Teleskope aufzeichnen, ist beispiellos, auch dank eines Booms von Durchmusterungsteleskopen wie Vera Rubin", sagt Esra Bulbul, Astronomin am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München. "Das macht es für uns Forschende der Astronomie und der theoretischen Astrophysik besonders spannend, denn die Menge an Daten und ihre immer höhere Präzision und Qualität wird uns wohl erlauben, ganz neue Physik zu entdecken."

Anzeige

Die wissenschaftlichen Schwerpunkte des neuen Teleskops liegen unter anderem auf der Erforschung von Dunkler Materie und Dunkler Energie, einer Kartierung der Milchstraße sowie der Beobachtung kurzlebiger Phänomene wie Sternexplosionen, Asteroiden oder die Einverleibung von Sternen durch supermassereiche Galaxien. "Das Vera-Rubin-Teleskop wird meine Forschung in der Kosmologie stark bereichern", ist sich zum Beispiel Bulbul sicher: "Das Observatorium hat ein weites Gesichtsfeld und einen tiefen Blick, es wird Milliarden von Galaxien bei enormen Entfernungen fotografieren. Mit den Daten studiere ich die größten Strukturen des Universums und wie sie sich seither entwickelt haben."

Daten anderer Teleskope zeigen schon heute, dass es die unsichtbare Masse der Dunklen Materie geben muss, die Galaxien und Galaxienhaufen durchdringt und sie im Zaum hält. In den Daten des Vera-C.-Rubin-Teleskops erhoffen sich Forschende bessere Hinweise darauf, wie Dunkle Materie die Entwicklung von Galaxien und wie dunkle Energie die Ausdehnung des Universums beeinflussen. Hier zeigen sich Parallelen zur Forschung von Vera Rubin, der Namensgeberin des Observatoriums. Sie kam als eine der ersten dieser unsichtbaren Masse auf die Spur.

Neben der großen Menge an Galaxien wird das neue Observatorium diese auch noch in großen Entfernungen sehen: "Das sind die Galaxien, die existierten, als das Universum noch ein Baby war – jünger als eine Milliarde Jahre", so Eduardo Bañados vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Da sich das Universum seither in alle Richtungen ausdehnt, findet Bañados diese Galaxien vor allem in sehr weiter Entfernung – so weit, dass ihr Licht viele Milliarden Jahre zur Erde unterwegs war. Forschenden ist es ein Rätsel, wie es sein kann, dass diese jungen Galaxien schon Schwarze Löcher mit einer beträchtlichen Masse in ihren Zentren aufweisen. Denn laut gängiger Vorstellung wachsen Schwarze Löcher, indem sie über eine lange Zeit Materie aus ihrer Umgebung an sich binden oder mit anderen Schwarzen Löchern verschmelzen. "Eigentlich sollte für die jungen Galaxien nicht genug Zeit gewesen sein, in der relativ kurzen Zeit so schwer zu werden – teils sogar tausende Male schwerer als das Schwarze Loch in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße", sagt Bañados. "Es ist, als hätten wir ausgewachsene Erwachsene im Kindergarten entdeckt".

Bislang fehlen aber Langzeitbeobachtungen solcher Galaxien. "Das LSST liefert uns sogar einen kosmischen Film, mit dem wir nicht nur entfernte Galaxien finden, sondern auch ihren physikalischen Eigenschaften auf den Grund gehen können", so Bañados. Das flackern des hellen Galaxiekerns etwa verrät, auf welche Art die zentralen Schwarzen Löcher Materie verspeisen. Und vielleicht steckt darin ja die Erklärung für die enormen Wachstumsschübe, die manche Schwarze Löcher und ihre Heimatgalaxien hingelegt haben müssen.

Ein zentrales Ziel des Vera C. Rubin Observatory ist also neben der Kartierung von Sternen und Galaxien die Untersuchung zeitlich veränderlicher Phänomene am Himmel. Das Observatorium wird nicht nur untersuchen, wie aktive Galaxienkerne flackern, sondern auch beobachten, wie Sterne explodieren, sogenannte Supernovae. Eine besondere Form der Explosion ist die Kilonova, hier kollidieren zwei Sternenleichen, kompakte Neutronensterne, und erzeugen dabei schwere Elemente wie etwa Gold. Bisher konnten aber nur wenige Kilonovae beobachtet werden.

Das soll das Legacy Survey of Space and Time ändern. Elias Mamuzic vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München interessiert sich für eine ganz besondere Form des Sternentods: sogenannte Tidal Disruption Events. Hier kommt ein Stern einer supermassereichen Schwerkraftfalle im Zentrum ferner Galaxien so nah, dass die immensen Gezeitenkräfte des Schwarzen Lochs ihn zerreißen. Die Überreste des Sterns sammeln sich in einer Scheibe um das Schwarze Loch und füttern es über Wochen und Monate. Dabei blitzt das Zentrum der fernen Galaxie auf und kehrt erst nach Monaten zu seiner ursprünglichen Helligkeit zurück.

"Es scheint, als würden uns bisher jede Menge dieser Ereignisse durch die Lappen gehen", sagt Mamuzic. "Indem wir einfach den gesamten Südhimmel fotografieren, versuchen wir jedes Event zu erwischen." Da im Rahmen der Himmelsdurchmusterung jeder Fleck alle drei bis vier Tage vor die Linse kommt, erlauben die gesammelten Daten auch nachzuvollziehen, wie das Tidal Disruption Event genau abläuft, insbesondere, wie groß eigentlich die Scheibe aus Gas ist, die sich um das Schwarze Loch herum bildet.

Wie alle Wissenschaften war auch die Astronomie früher noch stärker von Männern dominiert als heute. Trotzdem sind lange nicht alle Geschichten jener Frauen erzählt, ohne die das Forschungsfeld der Astronomie und die Raumfahrt heute nicht da wären, wo sie heute stehen. Eine dieser Frauen ist Vera C. Rubin. "Ihre Forschung hat unser Verständnis vom Universum grundlegend verändert, sie hat die Dunkle Materie als Eckpfeiler der modernen Kosmologie mit etabliert", sagt Bulbul. "Vera Rubin ist seit langem eines meiner Vorbilder. Meine Studierenden und ich bauen heute auf ihrem Erbe auf und versuchen herauszufinden, was genau diese Dunkle Materie eigentlich ist."

Forum
Blick ins Universum mit 3200 Megapixeln. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Entdeckerin der Dunklen Materie: Astronomin Vera Rubin gestorben - 27. Dezember 2016
LSST: Unterstützung für Jedermann-Teleskop - 7. Januar 2008
Links im WWW
Vera C. Rubin Observatory
Max-Planck-Institut für Astronomie
In sozialen Netzwerken empfehlen
 
 
Anzeige
astronews.com 
Nachrichten Forschung | Raumfahrt | Sonnensystem | Teleskope | Amateurastronomie
Übersicht | Alle Schlagzeilen des Monats | Missionen | Archiv
Weitere Angebote Frag astronews.com | Forum | Bild des Tages | Newsletter
Kalender Sternenhimmel | Startrampe | Fernsehsendungen | Veranstaltungen
Nachschlagen AstroGlossar | AstroLinks
Info RSS-Feeds | Soziale Netzwerke | astronews.com ist mir was wert | Werbung | Kontakt | Suche
Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Cookie-Einstellungen
     ^ Copyright Stefan Deiters und/oder Lieferanten 1999-2023. Alle Rechte vorbehalten.  W3C
Diese Website wird auf einem Server in der EU gehostet.

© astronews.com / Stefan Deiters und/oder Lieferanten 1999 - 2020
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung.


URL dieser Seite: https://www.astronews.com:443/news/artikel/2025/06