Grundlagenforschung in Mainz mit EU-Unterstützung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
10. Juni 2025
Die Teilchenphysik in Mainz erhält finanzielle Unterstützung
von der EU: Rund 180.000 Euro stehen aus einem Programm der Europäischen
Kommission für die Mainzer Beteiligung an den Experimenten tSPECT und Mu3e im
Rahmen von internationalen Kooperationen zur Verfügung. Unter anderem soll nach
Hinweisen für eine "neue Physik" gefahndet werden.

Das Auslesesystem des Experiments Mu3e, mit
dem nach einem nach dem Standardmodell der Teilchenphysik
"verbotenen" Prozesses gefahndet wird.
Foto: Niklaus Berger [Großansicht] |
Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) sind an den großen
internationalen Forschungskonsortien NEMESIS ("Neutron Experiments join Muon
Experiments for Synergy in Investigation and Search for new physics") und BEYOND
("Search for physics beyond the Standard Model at the high intensity frontier,
from new physics to spin-offs") beteiligt, die sich mit zentralen Fragen der
modernen Teilchenphysik befassen und Expertise aus Europa, den USA und Japan
bündeln. Beide Konsortien sind nun durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen
(MSCA) zur Förderung ausgewählt worden. Mit diesem Programm finanziert die
Europäische Kommission Forschungs- und Innovationsprojekte, um die Karrieren von
Spitzenforscherinnen und -forschern zu fördern.
Für die an NEMESIS und BEYOND beteiligten Forschenden der JGU stehen nun rund
180.000 Euro zur Verfügung, die insbesondere Reisekosten zur Vorbereitung und
Durchführung der Experimente tSPECT, n2EDM und Mu3e am schweizerischen Paul
Scherrer Institut (PSI) abdecken sollen. tSPECT und Mu3e sind Kernexperimente
des vor kurzem bewilligten Exzellenzclusters PRISMA++ (Precision Physics,
Fundamental Interactions and Structure of Matter), dem Folgeprojekt des
Excellenzclusters PRISMA+. Beide Experimente profitieren sehr stark von der
Infrastruktur des PRISMA-Detektorlabors an der JGU. Sie werden aber am PSI, dem
mit mehr als 2300 Mitarbeitenden größten schweizerischen Forschungsinstitut,
durchgeführt, weil es mit seiner einmaligen Beschleunigerinfrastruktur unter
anderem die benötigten Neutronen- und Muonenraten zur Verfügung stellt.
Das tSPECT-Experiment, an dem die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Fertl,
vom Institut für Physik der JGU, forscht, untersucht die Lebensdauer freier
Neutronen. Ziel ist es, eine bestehende Diskrepanz zwischen verschiedenen
Messmethoden aufzuklären und eine neue Technik zum Einfang sogenannter
ultrakalter Neutronen zu etablieren. Im Gegensatz zu Hochenergieexperimenten
werden die Teilchen in diesem Experiment nicht beschleunigt. Stattdessen
verlangsamen die Forschenden die Teilchen so, dass sie sich einfangen lassen. Ob
ihre Eigenschaften mit den Vorhersagen des Standardmodells der Teilchenphysik
übereinstimmen, lässt sich so mit hoher Präzision feststellen. Diese Präzision
wird durch die Erzeugung und Untersuchung einer sehr großen Anzahl von Neutronen
erreicht. "Durch NEMESIS unterstützte Reisen ermöglichen es meinen
Doktorandinnen, Doktoranden und Postdocs, experimentelle Techniken direkt am
Paul Scherrer Institut zu erlernen und einzusetzen", sagt Fertl. "Darüber hinaus
wird die internationale Vernetzung der Mitglieder meiner Arbeitsgruppe durch
gezielte NEMESIS-Veranstaltungen gestärkt."
Das Mu3e-Experiment zielt auf die Entdeckung eines nach dem Standardmodell
der Teilchenphysik "verbotenen" Prozesses ab: den Zerfall eines Myons in drei
Elektronen beziehungsweise Positronen. Eine eindeutige Beobachtung dieses
Zerfalls wäre ein direkter Hinweis auf "neue Physik", jenseits des
Standardmodells. Die Gruppe um Prof. Dr. Niklaus Berger, vom Institut für
Kernphysik der JGU, ist maßgeblich an der Entwicklung der dafür notwendigen,
extrem schnellen Detektoren beteiligt. "Die Förderung erlaubt es den Forschenden
aus Mainz, direkt am Paul Scherrer Institut zur Inbetriebnahme und Datenaufnahme
des Mu3e-Experiments beizutragen und damit die Ergebnisse von vielen Jahren
Vorbereitung hautnah mitzuerleben", sagt Berger.
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