Maschinelles Lernmodell hilft bei Suche nach der zweiten
Erde
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
30. Mai 2025
Ein Forschungsteam hat ein maschinelles Lernmodell
entwickelt, das potenzielle Planetensysteme mit erdähnlichen Planeten
vorhersagt. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen,
dass ihr Modell die zukünftige Suche nach bewohnbaren Planeten im Universum
deutlich beschleunigen kann - gerade im Hinblick auf kommende Missionen zur
Planetensuche.

Künstliche Intelligenz kann bei der Suche
nach erdähnlichen Planeten um andere Sonnen helfen.
Bild: Universität Bern /
Illustration: Thibaut Roger [Großansicht] |
Wo die nächste Erde zu finden sein könnte Ein Team der Universität Bern und
des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS hat ein maschinelles
Lernmodell entwickelt, das potenzielle Planetensysteme mit erdähnlichen Planeten
vorhersagt. Das Modell könnte die zukünftige Suche nach bewohnbaren Planeten im
Universum deutlich beschleunigen und damit revolutionieren. Die Suche nach
erdähnlichen Exoplaneten – Planeten, die andere Sterne als unsere Sonne
umkreisen – ist ein zentrales Thema in der heutigen Planetenforschung, denn
ausserirdisches Leben wird am ehesten dort vermutet.
Forschende der Universität Bern haben ein innovatives maschinelles Lernmodell
entwickelt, das Planetensysteme identifiziert, die potenziell erdähnliche
Planeten beherbergen könnten. Das gesamte Team ist oder war zum Zeitpunkt der
Studie an der Universität Bern angestellt und alle Forschenden sind Mitglieder
des NFS PlanetS. Dr. Jeanne Davoult, heute Postdoc am Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin, erforscht Exoplaneten-Populationen und
entwickelte das Modell im Rahmen ihrer Doktorarbeit in der Abteilung
Weltraumforschung und Planetologie des Physikalischen Instituts der Universität
Bern.
Ein maschinelles Lernmodell ist ein statistisches Werkzeug, das mit Daten
trainiert wird, um bestimmte Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen.
"Unser Modell basiert auf einem Algorithmus, den ich entwickelt habe und der
trainiert wurde, um Planetensysteme zu erkennen und zu klassifizieren, die
erdähnliche Planeten beherbergen", erklärt Davoult. Das Modell baut auf früheren
Studien auf, um eine Korrelation zwischen dem Vorhandensein oder
Nichtvorhandensein eines erdähnlichen Planeten und den Eigenschaften seines
Planetensystems abzuleiten. Der Algorithmus wurde mit Daten aus dem sogenannten
"Bern Model of Planet Formation and Evolution" trainiert und getestet.
"Mit dem Berner Modell lassen sich Aussagen darüber machen, wie Planeten
entstanden sind, wie sie sich entwickelt haben und welche Arten von Planeten
sich unter bestimmten Bedingungen in einer protoplanetaren Scheibe entwickeln",
erklärt Teammitglied Yann Alibert. Seit 2003 wird das Berner Modell an der
Universität Bern kontinuierlich weiterentwickelt. Ins Modell fließen
Erkenntnisse ein zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der
Entwicklung von Planeten ablaufen. Dabei handelt es sich beispielsweise um
Submodelle zur Akkretion (Wachstum des Kerns eines Planeten) oder dazu, wie
Planeten gravitationsbedingt miteinander interagieren und sich gegenseitig
beeinflussen sowie zu Prozessen in den protoplanetaren Scheiben, in denen
Planeten entstehen. Mit dem Modell werden auch sogenannte Populationssynthesen
erstellt, die aufzeigen, welche Planeten sich wie häufig unter bestimmten
Rahmenbedingungen in einer protoplanetaren Scheibe entwickeln. "Das Berner
Modell ist eines der wenigen Modelle weltweit, das eine solche Fülle von
zusammenhängenden physikalischen Prozessen bietet und die Durchführung einer
Studie wie der vorliegenden ermöglicht", so Alibert.
Der Algorithmus des neuen maschinellen Lernmodells wurde anhand von Daten
über synthetische Planetensysteme aus dem Berner Modell trainiert und getestet.
"Die Ergebnisse sind beeindruckend: Der Algorithmus erreicht Präzisionswerte von
bis zu 0,99, was bedeutet, dass 99% der durch das maschinelle Lernmodell
identifizierten Systeme mindestens einen erdähnlichen Planeten aufweisen", sagt
Davoult. Das Modell wurde dann auf tatsächlich beobachtete Planetensysteme
angewandt. "Das Modell identifizierte 44 Systeme, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit unentdeckte erdähnliche Planeten beherbergen. Eine weitere
Studie bestätigte die theoretische Möglichkeit, dass diese Systeme einen
erdähnlichen Planeten beherbergen", erklärt Davoult.
"Diese Ergebnisse sind wichtig für die wissenschaftliche Gemeinschaft
und insbesondere für künftige Weltraummissionen wie PLATO oder künftige
Missionskonzepte wie LIFE, die sich der Entdeckung und Charakterisierung von
kleinen, kalten Planeten widmen werden", betont Romain Eltschinger, der im
Rahmen seiner Masterarbeit an der Weiterentwicklung des maschinellen Lernmodells
mitgewirkt hat, so dass es in einem noch breiteren Spektrum von Szenarien
eingesetzt werden kann. Der Einsatz dieses maschinellen Lernmodells zur
gezielteren Suche nach erdähnlichen Planeten könnte die Suchzeiten minimieren
und die Zahl der Entdeckungen maximieren. "Dies ist ein wichtiger Schritt bei
der Suche nach Planeten mit günstigen Bedingungen für Leben und letztlich für
die Suche nach Leben im Universum", so Alibert abschließend.
Die Ergebnisse des Teams wurden kürzlich in einem Fachartikel veröffentlicht, der
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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Ferne
Welten - die astronews.com Berichterstattung über die Suche nach
extrasolaren Planeten |
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