Zahlreiche kleine Asteroiden zwischen Mars und Jupiter
entdeckt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg astronews.com
11. Dezember 2024
Unter den Millionen von Asteroiden im sogenannten
Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter haben Forschende erstmals rund hundert
Objekte mit einem Durchmesser zwischen zehn und mehreren hundert Metern
ausgemacht. Bislang waren die kleinsten bekannten Himmelskörper dort etwa einen
Kilometer groß. Dabei war nach den Brocken ursprünglich gar nicht gesucht
worden.
Mithilfe des Weltraumteleskops James Webb
wurden im Asteroidengürtel zahlreiche bislang unbekannte
Objekte entdeckt (künstlerische Darstellung).
Bild: Ella Maru und Julien de Wit / MIT
[Großansicht] |
Zwischen den Planeten Mars und Jupiter kreisen Millionen von Asteroiden im
sogenannten Hauptgürtel. Bislang hatten die kleinsten Himmelskörper, die
Forschende dort ausmachen konnten, einen Durchmesser von etwa einem Kilometer.
Jetzt hat ein internationales Team unter Leitung des Massachusetts Institute
of Technology (MIT) in den USA einen Weg gefunden, deutlich kleinere
Objekte aufzuspüren. Mit ihrem neuen Ansatz wiesen die Forschenden mehr als
hundert zuvor unbekannte Asteroiden mit einem Durchmesser zwischen zehn Metern
und mehreren hundert Metern nach. An der Arbeit war auch der Masterstudent
Tobias Hoffmann aus der Abteilung Medizinische Strahlenphysik und
Weltraumumgebung der Universität Oldenburg beteiligt. Das Team geht davon aus,
dass die neue Methode nützlich sein kann, um Asteroiden zu identifizieren, die
der Erde potenziell gefährlich werden können.
"Bislang konnten wir Asteroiden in der Größenordnung von zehn Metern nur
erkennen, wenn sie sehr nahe an der Erde vorbeiflogen", sagt Dr. Artem Burdanov
vom MIT. "Jetzt haben wir die Möglichkeit, solche kleinen Asteroiden auch in
viel größeren Entfernungen zu erkennen." Das sei für den Schutz der Erde vor
Einschlägen von entscheidender Bedeutung, da mögliche Gefahren früher entdeckt
werden könnten. Eine wichtige Rolle bei der Studie spielte auch eine verbesserte
Methode zur Größenmessungen von Asteroiden, die Tobias Hoffmann aus der
Abteilung Medizinische Strahlenphysik und Weltraumumgebung der Universität
Oldenburger in seiner Masterarbeit bei Prof. Dr. Björn Poppe entwickelt hatte.
Das Verfahren beseitigt systematische Abweichungen bei Helligkeitsmessungen, die
Größenbestimmungen von Asteroiden bislang verzerrt hatten.
Durch den Vergleich mit bereits bekannten Objekten, deren Größe er in seiner
Arbeit genau ermittelt hatte, war es möglich, auch die Durchmesser der neuen
Objekte zu überprüfen. "Wir sind sehr stolz darauf, dass die Arbeiten von Tobias
Hoffmann auf so hohem Niveau zum Einsatz kommen und Anerkennung finden", betont
Poppe. Der Nachweis der kleinen Asteroiden im Asteroidengürtel war für das Team
am MIT quasi ein Nebenprodukt ihrer eigentlichen Arbeit, der Erforschung von
Exoplaneten, also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Bei der Suche nach
diesen fremden Welten müssen die Forschenden die Aufnahmen von Teleskopen häufig
von störenden Signalen befreien, die etwa durch Gas, Staub oder größere Objekten
verursacht werden, die sich zwischen der Erde und dem Exoplaneten befinden.
Zu dem "Rauschen", das aussortiert wird, gehören auch vorbeiziehende
Asteroiden. "Für die meisten Astronomen sind Asteroiden eher lästig, da sie die
Daten beeinträchtigen", sagt Prof. Dr. Julien de Wit vom MIT. Er und Burdanov
fingen jedoch bereits vor einigen Jahren an, ihre Daten auch für die Suche nach
Asteroiden in unserem eigenen Sonnensystem zu verwenden. Dazu bedienten sie sich
einer Bildverarbeitungstechnik, die erstmals in den 1990er-Jahren entwickelt
wurde. Bei diesem sogenannten Shift-and-Stack-Verfahren (deutsch: verschieben
und stapeln) werden mehrere Bilder, die dasselbe Sichtfeld zeigen, verschoben
und übereinandergelegt. Koppelt man dies mit modernen Computeralgorithmen zur
Suche von beweglichen Objekten in den Bilddaten, werden kleine Himmelskörper
sichtbar, die ansonsten im Rauschen untergehen.
In ihrer neuen Studie nutzten die Forschenden Daten des weltweit
leistungsstärksten Observatoriums, des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST), das
besonders empfindlich für Infrarotlicht ist. Ziel war es, insbesondere nach
kleineren Asteroiden zu suchen. Da Asteroiden im infraroten Bereich heller
leuchten als im sichtbaren Bereich des Spektrums, sind sie mit dem JWST leichter
zu erkennen als mit optischen Teleskopen. Das Team wandte seinen Ansatz auf
JWST-Aufnahmen des Sterns TRAPPIST-1 an, der 40 Lichtjahre von der Erde entfernt
ist und dessen Planetensystem de Wit erforscht.
Die Daten – rund 10.000 Bilder des Sterns – wurden ursprünglich aufgenommen,
um nach Anzeichen dafür zu suchen, dass die inneren Planeten des Systems eine
Atmosphäre besitzen. Nun analysierten die Forschenden sie erneut mit dem Shift-and-Stack-Verfahren,
um nach Objekten in unserem eigenen Sonnensystem zu suchen, die im Vordergrund
der Bilder vorbeifliegen. Auf diese Weise fanden sie zunächst acht bereits
bekannte Asteroiden. Eine weitere Analyse förderte 138 neue Asteroiden zu Tage,
viele mit einem Durchmesser zwischen zehn und hundert Metern. Es handelt sich um
die kleinsten Asteroiden des Hauptgürtels, die bisher entdeckt wurden.
Das Team vermutet, dass die Bahnen einiger dieser Asteroiden instabil sind
und sie demnächst in der näheren Umgebung der Erde auftauchen könnten. Bei einem
anderen Objekt handelt es sich wahrscheinlich um einen sogenannten Trojaner –
einen Asteroiden, der auf der gleichen Bahn um die Sonne kreist wie der Planet
Jupiter. "Wir haben viel mehr neue Objekte entdeckt als erwartet, vor allem
kleine Asteroiden", sagt de Wit. Das sei ein Zeichen dafür, dass die Forschenden
Zugang zu einem ganz neuen Teil der Asteroidenpopulation erhalten hätten. Das
Team nimmt an, dass die kleinen Objekte durch Kaskaden von Kollisionen
entstehen, die Asteroiden mit einer Größe von weniger als etwa hundert Metern in
viele kleinere Fragmente zertrümmern.
Über die Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature erscheinen wird. Über die Ergebnisse seiner
Masterarbeit berichtete Hoffmann in der Zeitschrift Icarus.
|