Mit SkyCAM auf der Suche nach unbekannten Himmelsphänomenen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
5. Januar 2022
Merkwürdige Lichter und andere Phänomene am Himmel sorgen
immer wieder für Schlagzeilen, lassen sich jedoch in den allermeisten Fällen auf
ganz natürliche Weise erklären. Bei einigen wenigen Beobachtungen gelingt dies
allerdings nicht, was auch an ungenügendem Datenmaterial liegen könnte. In
Würzburg soll nun eine spezielle Kamera nach unbekannten Himmelsphänomen
Ausschau halten.
Etwa 70 Zentimeter hoch ist die Box, die das
Kamerasystem SkyCAM-5 enthält.
Foto: Hakan Kayal / Universität Würzburg [Großansicht] |
Ein neues Kamerasystem ist Ende des vergangenen Jahres an der Universität
Würzburg in den Testbetrieb gegangen. Es soll mit Methoden der Künstlichen
Intelligenz unbekannte Himmelsphänomene aufspüren. Immer wieder sehen Menschen
am Himmel eigenartige Leuchterscheinungen oder andere Phänomene, die sie sich
nicht erklären können. "Die meisten dieser Beobachtungen betreffen bekannte
Phänomene oder Objekte wie Vögel, Flugzeuge, Satelliten oder Wolken. Bei einem
sehr kleinen Anteil bleibt die Ursache aber auch nach intensiver Untersuchung
durch Fachleute ungeklärt", sagt Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik an
der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Genau diese unbekannten Himmelserscheinungen, die "Unidentified Aerial
Phenomena", kurz UAP, treiben Hakan Kayal seit Jahren um. Er hat darum an seiner
Professur einen speziellen Forschungsschwerpunkt etabliert: Dort werden
technische Systeme entwickelt und betrieben, mit denen sich UAP detektieren,
bewerten und analysieren lassen.
Das neueste Produkt dieser Arbeit ist das Kamerasystem SkyCAM-5. Es baut auf
vier Vorgängermodellen auf und ist seit Mitte Dezember 2021 auf dem Dach eines
Universitätsgebäudes in Würzburg im Testbetrieb. SkyCAM-5 ist eine
Testplattform, die autonom arbeitet. Mit maßgeschneiderten
Bildverarbeitungsalgorithmen beobachtet sie kontinuierlich den Himmel. Sie kann
dort Objekte, aber auch kurzzeitige Leuchtphänomene wie Blitze oder Meteore
erkennen. An diesem System wird der Würzburger Professor Algorithmen- und
Software-Komponenten zur Detektion von UAP testen und weiterentwickeln.
Um die Zahl von Fehldetektionen zu verringern, kommen Methoden des
Maschinellen Lernens zum Einsatz. "Wenn die Kamera bekannte Objekte erfasst,
erkennt sie diese mit einem 'Convolutional Neural Network', klassifiziert sie
und legt die entsprechenden Videosequenzen in einer Datenbank ab", erklärt Kayal.
Das funktioniere sehr gut: SkyCAM-5 hat seit der Aufnahme des Betriebs mehrfach
Vögel, Flugzeuge und Hubschrauber korrekt erkannt und eingeordnet. Den Aufwand
bei der Auswertung der Kameradaten verringert das erheblich.
Die SkyCAM soll mit der Zeit immer schlauer werden. Darum wird sie im
laufenden Betrieb trainiert. Stuft sie zum Beispiel einen vorbeifliegenden
Schmetterling als unbekannt ein, bekommt sie von Menschenhand beigebracht, dass
das Tier mit dem Flatterflug Schmetterling heißt – so wird sie künftig ein
Tagpfauenauge korrekt als Schmetterling klassifizieren.
Für einen weiteren Ausbau des UAP-Detektionssystems will Kayal Fördermittel
einwerben. Nächster Schritt wäre es, eine zweite SkyCAM-5 neben die erste zu
platzieren. Eine Bewegung am Himmel würde dann nur gespeichert, wenn sie von
beiden Kameras gleichzeitig gesehen wird. Mit einem solchen Doppelkamerasystem
lassen sich zum Beispiel Sensorfehler ausschließen, die vereinzelt auftreten
können.
Der Würzburger Raumfahrttechniker plant außerdem spezielle Erweiterungen.
"Ich möchte das Kamerasystem gern zusätzlich mit Infrarot-Sensoren ausstatten,
um den Himmel auch in einem anderen Spektralbereich beobachten zu können. Von
Vorteil wäre außerdem ein Tracking-System in Form eines nachführbaren Teleskops,
das sich schnell auf bewegliche Objekte ausrichtet, sie heranzoomt und auf ihrem
Weg verfolgt." Und noch eine Ausbaustufe weiter gäbe es dann sehr viele solcher
Doppelkamerasysteme, die deutschland-, europa- oder weltweit verteilt und
miteinander vernetzt sind. Mit einer solchen Anordnung könnte man bewegliche
Objekte über sehr weite Strecken verfolgen.
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