Kleine Galaxie mit Überraschungen
von
Stefan Deiters astronews.com
17. Juni 2019
Die europäische Weltraumagentur ESA hat in der vergangenen
Woche eine Aufnahme der kleinen Galaxie ESO 495-21 veröffentlicht. Sie hat
einen Durchmesser von nur 3000 Lichtjahren. Trotzdem entstehen in ihr gerade
jede Menge an neuen Sternen. Man vermutet sogar, dass sich in ihrem Zentrum ein
ungewöhnlich großes supermassereiches Schwarzes Loch befinden könnte.
Die Galaxie ESO 495-21 im Sternbild Kompass. Bild: ESA/Hubble,
NASA [Großansicht] |
Die kleine Galaxie ESO 495-21 liegt in einem Bereich mit sehr vielen
Vordergrundsternen im südlichen Sternbild Kompass und wird von den Astronomen
als Zwerg-Starburst-Galaxie klassifiziert. "Zwerg" deshalb, weil das System mit
einem Durchmesser von gerade einmal 3000 Lichtjahren vergleichsweise klein ist:
Unsere Milchstraße beispielsweise hat einen Durchmesser von über 100.000
Lichtjahren. Die Bezeichnung "Starburst" hingegen deutet darauf hin, dass in der
kleinen Galaxie mit einer sehr hohen Rate neue Sterne entstehen - neue Sonnen
werden hier rund 1000 Mal schneller gebildet als in unserer Heimatgalaxie.
Das Weltraumteleskop Hubble, auf dessen Daten diese Aufnahme beruht,
hat ESO 495-21 bereits mehrfach ins Visier genommen. Besonders interessierte die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei die sogenannten Supersternhaufen,
von denen sich gleich mehrere in dem kleinen System befinden. Es handelt sich
dabei um Ansammlungen von Sternen, die nur wenige Millionen Jahre alt sind und
in denen sich sehr viele massereiche Sterne befinden. Solche Sternhaufen können
auch die Entwicklung einer gesamten Galaxie entscheidend beeinflussen. Von ihrem
Studium erhofft sich die Forschung auch Hinweise darauf, wie massereiche Sterne
im Verlauf der Geschichte des Universums entstanden sind.
In ESO 495-21 vermuten die Astronomen auch ein supermassereiches Schwarzes
Loch. Diese gewaltigen Schwarzen Löcher dürfte es in den Zentren nahezu jeder
größeren Galaxie geben - je größer die Galaxie, desto größer ist in der Regel auch das
Schwarze Loch. Im Zentrum unserer Milchstraße befindet sich ein
supermassereiches Schwarzes Loch mit einer Masse von rund vier Millionen
Sonnenmassen.
Das Schwarze Loch im Zentrum von ESO 495-21, die gerade einmal drei Prozent
der Größe unserer Milchstraße hat, müsste also deutlich kleiner sein - ist es
aber nur bedingt: Man schätzt dessen Masse auf über eine Million Sonnenmassen,
also auf rund ein Viertel der Masse des Schwarzen Lochs der Milchstraße.
Wie die zentralen Schwarzen Löcher von Galaxien entstehen ist noch immer
ungeklärt, von daher besteht die Hoffnung, dass Systeme, die in dieser Hinsicht
vergleichsweise ungewöhnlich sind, hier einen entscheidenden Hinweis liefern
können. So vermutet man etwa, dass Zwerggalaxien den ersten Galaxien ähneln,
die sich im Universum einmal gebildet haben. Die Existenz eines überraschend
massereichen Schwarzen Lochs in ESO 495-21 könnte also darauf hindeuten, dass
die Schwarzen Löcher zuerst entstanden sind und sich die Galaxien dann um sie
herum entwickelt haben.
Das Bild beruht auf Daten, die mit zwei Instrumenten des Weltraumteleskops
Hubble gesammelt worden sind: der Advanced Camera for Surveys und der
Wide-Field and Planetary Camera 2, die während der letzten Wartungsmission zu
Hubble vor
zehn Jahren demontiert und durch die modernere Wide Field Camera 3 ersetzt wurde.
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