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Am frühen Morgen des 3. Oktober soll es soweit sein: Die japanische Sonde Hayabusa2 wird den französisch-deutschen Lander MASCOT freigeben, so dass dieser auf dem Asteroiden Ryugu landen und ihn rund 16 Stunden lang erforschen kann. Der Lander wird weitgehend autonom agieren. Bilder und Daten werden erst in einigen Tagen erwartet - wenn denn alles klappt.
Läuft alles nach Plan, ist es am 3. Oktober 2018 soweit: Am frühen Morgen, um 3:58:15 MESZ, wird der Asteroidenlander MASCOT von der Raumsonde Hayabusa2 abgetrennt und einige Minuten später auf der Oberfläche von Ryugu aufsetzen. Vom ersten Oberflächenkontakt an wird es eine Reise ins Unbekannte, denn in einem Umkreis von rund 200 Metern könnte MASCOT fast überall nach einigen Hüpfern liegen bleiben. Im Laufe des Vormittags des 3. Oktober erwarten die Forscherinnen und Forscher im Kontrollzentrum am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln eine Bestätigung der Landung. Dann ist MASCOT zur Ruhe gekommen und die umfangreichen wissenschaftlichen Messungen beginnen. Rund 16 Stunden verbleiben der Landeeinheit, bis die Batterie versiegt. "In den jetzigen Stunden vor der Separation wird die japanische Raumsonde Hayabusa2 auf eine relative Höhe von nur 60 Metern über der Asteroidenoberfläche gesteuert", erklärt Dr. Tra-Mi Ho, Projektleiterin des deutsch-französischen Landers MASCOT vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen. "Dann beginnt Hayabusa2 kurz vor der Landung eine Freifallphase, an deren Ende nach 2 Minuten und 20 Sekunden MASCOT separiert wird." Ist die Trennung erfolgt, fällt MASCOT völlig antriebslos und taumelnd hinab auf den Asteroiden. Die geringfügige Gravitation wird die Landeeinheit sanft beschleunigen auf bis zu 20 Zentimeter pro Sekunde. Zum Vergleich: Ein gewöhnlicher Fußgänger bewegt sich sieben Mal schneller. Bereits fünf bis zehn Minuten nach der Separation berührt MASCOT in der ausgewählten Landezone zum ersten Mal Ryugus Oberfläche und dann viele weitere Male bis zur Ruhelage. "Wir sind gespannt, ob MASCOT wie geplant und vielfach erprobt sanft aus seiner Verankerung gelöst wird", sagt Ho. "Der sanfte Abstieg ist entscheidend, da MASCOT sonst wegen der geringen Gravitation wie ein 'Gummiball' vom Asteroiden zurückspringen und im All verloren gehen würde".
Zudem schauen die Forscher gespannt auf die Minuten bis Stunden nach dem Aufsetzen, da nicht vorhersehbar ist, wie sich MASCOT zufällig, nur den Regeln der Physik folgend, auf der Oberfläche bewegt. "Es ist nicht bekannt, in welche Richtung und wie lange MASCOT nach dem ersten Aufsetzen hüpfen wird und wir hoffen natürlich, dass der Lander nicht in zu weichem Terrain oder in einer Felsspalte hängen bleibt, wo er sich nicht aufrichten könnte", erklärt MASCOT-Operationsmanager Christian Krause vom DLR. "Allerdings sind wir auch zuversichtlich, da wir sehr viele Situationen am Boden durchgespielt und entsprechende Kommandosequenzen an MASCOT gesendet haben." Der Lander wird autonom auf dem Asteroiden betrieben und muss mit den vorbereiteten Kommandosequenzen robust funktionieren, damit alle Messungen planmäßig durchgeführt werden können. Während der Mission entscheidet MASCOT, wie und wann er diese Sequenzen startet. Ein eingebauter Autonomiemanager im Lander legt dann fest, wann MASCOT zur Ruhe gekommen ist und mit den Messungen beginnen kann. Bei 315 Grad Ost und 30 Grad Süd ist die Landung von MASCOT in der südlichen Hemisphäre des 950 Meter durchmessenden Ryugu geplant. Dort gibt es einen günstigen Tag/Nacht-Wechsel bei einer Temperaturspanne von etwa +47 bis -63 Grad Celsius, was für die Landeeinheit nicht zu warm und nicht zu kalt ist. Im Umfeld der Landestelle befinden sich keine sehr großen Felsen, allerdings gibt es zahlreiche bis zu 30 Meter große Brocken, die eine zusätzliche Herausforderung für die Landeeinheit darstellen. Nachdem sich MASCOT, falls nötig, autonom aufgerichtet hat und ebenfalls autonom einige Stunden erste Messungen durchführen konnte, werden die Wissenschaftler im MASCOT-Kontrollzentrum in Köln entscheiden, ob die Landeeinheit per eingebautem Schwungarm zu einer weiteren Messstelle hüpft. "Bei letzten Tests vor der Landung haben wir abgeschätzt, dass wir MASCOT wahrscheinlich nur einmal unter zehn Meter weit springen lassen, um Batterielaufzeit für die optimale Durchführung der Messungen und Datenübertragung zu sparen", erklärt Ho. "Zudem lassen die bisherigen Aufnahmen vermuten, dass Ryugu über die Oberfläche hinweg eher ähnlich zusammengesetzt ist, so dass wir keine großen Sprünge benötigen." Im Inneren der 30 mal 30 mal 20 Zentimeter großen Landesonde mit nur 10 Kilogramm Masse sind insgesamt vier Instrumente eingebaut: Mit einem Radiometer und einer Kamera des DLR, einem Spektrometer des Institut d'Astrophysique Spatiale und einem Magnetometer der TU Braunschweig sollen die mineralogische und geologische Zusammensetzung der Asteroidenoberfläche untersucht und Oberflächentemperatur sowie Magnetfeld des Asteroiden ermittelt werden. MASCOT wird bei seiner Landung auf Ryugu nur zu wenigen Zeitfenstern erreichbar sein, wobei ein Kommando zum Lander und eine Antwort zurück zur Erde mehr als 30 Minuten benötigt. Während des rund 16 Stunden lang geplanten Messbetriebs auf der Oberfläche ist MASCOT somit weitestgehend auf sich allein gestellt. Da in dieser Phase auch vom Orbiter große Mengen an Daten erzeugt werden und die Bandbreite des Links zur Erde relativ gering ist, werden von MASCOT nur wenige Zustandsdaten das Kontrollzentrum in Köln erreichen. Die wissenschaftlichen Daten und Bilder werden einige Tage nach der Landung erwartet und dann ausgewertet. Aktuelle Informationen gibt es vor und während der Landung über den Twitter-Account @MASCOT2018 und über den Hashtag #AsteroidLanding. Eine Pressekonferenz des DLR mit ersten Informationen über Erfolg oder Misserfolg der Asteroidenlandung ist am 3. Oktober ab 10 Uhr bei Youtube zu sehen. Update (3. Oktober 2018): Der Asteroidenlander MASCOT ist sicher auf Ryugu gelandet: Um 3.58 Uhr wurde das Landegerät in einer Höhe von 51 Metern von der japanischen Raumsonde Hayabusa2 getrennt. 20 Minuten später kam MASCOT auf der Oberfläche zur Ruhe. Offenbar war die Lage von MASCOT aber ungünstig, weshalb der Schwungarm aktiviert wurde, so dass der Lander an eine neue Stelle hüpfte. Dort war die Position besser, so dass alle vier Instrumente nun sehr gut funktionieren. Nach dem Ortswechsel standen noch rund sieben Stunden Zeit für Messungen zur Verfügung.
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