Hochpräzise Entfernungsmessung im All
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrum astronews.com
10. Juli 2018
Im Mai starteten mit GRACE-Follow On die beiden
Nachfolgesatelliten der GRACE-Mission, die über mehrere Jahre das
Schwerefeld der Erde mit großer Präzision vermessen hatte. An Bord von
GRACE-FO befindet sich auch ein neuartiges Interferometer, das im letzten
Monat erstmals aktiviert wurde, um die Entfernung zwischen den Satelliten
mit extremer Genauigkeit zu bestimmen.

Künstlerische Darstellung des
Satellitentandems GRACE-FO.
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Das Laser Ranging Interferometer (LRI), ein neuartiges Instrument an
Bord der Satellitenmission GRACE Follow-On hat am 14. Juni 2018 zum ersten Mal
Licht empfangen. Nur kurz zuvor hatte ein internationales Team von Forschenden
vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI)
in Hannover, der Leibniz Universität Hannover, und dem Jet Propulsion
Laboratory der NASA das Instrument eingeschaltet und gleich beim ersten
Versuch erfolgreich genutzt.
Seitdem nimmt das LRI parallel zum Hauptinstrument, das den Abstand mit
Mikrowellen misst, wissenschaftliche Daten auf. Erste Messergebnisse stimmen gut
überein und das Forschungsteam ist optimistisch, dass die verbesserte
Genauigkeit des LRI dabei helfen wird, Indikatoren des Klimawandels durch
Messungen der irdischen Massenverteilung und ihrer Änderungen genauer zu
verfolgen.
"Wir hatten uns auf diesen Moment vorbereitet und alle Details immer wieder
berechnet. Aber erst als ich die Satelliten für letzte Messungen am Erdboden
sah, wurde mir klar, wie unglaublich unser Vorhaben ist", sagt Prof. Gerhard
Heinzel, Leiter der Weltrauminterferometrie-Gruppe am AEI und Manager der
deutschen Beiträge zum Laser Ranging Interferometer (LRI). "An den Satelliten
sind diese münzgroßen Löcher, durch die der Laser genau auf die Löcher im
anderen Satelliten geschickt werden muss – über eine Distanz von mehr als 200
Kilometern, während beide mit rund 27.000 Kilometer pro Stunde um die Erde
rasen. Das ist wirklich unvorstellbar!"
Daher war die Anspannung im Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum hoch als das
Team versuchte, die Laserverbindung zwischen den Satelliten erstmals
herzustellen. Nach dem erfolgreichen Start am 22. Mai hatten sie zuvor Tests der
Einzelsatelliten durchgeführt. Am 13. Juni schwenkten die Satelliten ihre Laser
in Spiralmustern, um herauszufinden, ob sie sich gegenseitig sehen.
"Wir haben acht Jahre auf diesen Zeitpunkt hingearbeitet. Daher waren wir
natürlich etwas nervös. Das Laserinstrument und seine Optik sind ziemlich
empfindlich. Hätten wir irgendeinen Fehler im Design gemacht oder wäre etwas
während des Raketenstarts beschädigt worden, gäbe es keinen Weg, das zu
reparieren", sagt Dr. Vitali Müller, Postdoktorand in der Arbeitsgruppe
Weltrauminterferometrie am AEI. In der nächsten Nacht erhielt das Team dann die
gute Nachricht: Die Satelliten sahen mehrere kurze Blitze währen der
Spiralscans; also hatten die Laserinstrumente und Optiken den Beschleunigungen
während des Raketenstarts unbeschädigt überstanden.
Um 3 Uhr morgens hatten die Forscherinnen und Forscher dann alle Messungen
ausgewertet und ihre Berechnungen durchgeführt. Die Einstellungen zum Aufbau
einer dauerhaften Laserverbindung wurden kurz danach zu den Satelliten
übertragen. Um 15 Uhr am 14. Juni bestätigte eine Übertragung von GRACE
Follow-On, dass das LRI gleich nach diesem ersten Versuch im
Wissenschaftsmodus lief und seine ersten Messungen lieferte. Das Interferometer
läuft seit einer kleinen Neueinstellung am Folgetag ununterbrochen und nimmt
kontinuierlich Messdaten auf.
"Das LRI ist ein Durchbruch für Präzisionmessungen im Weltraum", sagt Dr.
Kirk McKenzie, verantwortlich für die NASA-Beiträge zu dem Instrument. "Es ist
das erste Laserinterferometer zwischen zwei Satelliten und der Höhepunkt von
rund einem Jahrzehnt gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsarbeit von NASA und
deutschen Einrichtungen." Erste Überprüfungen der Daten zeigten, dass sie
aussehen wie erwartet und sehr gut mit denen des Hauptinstruments, das mit
Mikrowellen arbeitet, übereinstimmen.
In den kommenden Wochen und Monaten wird das Team daran arbeiten, sein
Verständnis des neuartigen Laserinstruments und dessen Daten zu
vervollständigen. Sie sind optimistisch, dass das LRI – ein
Technologiedemonstrator für zukünftige Missionen – eine wertvolle Ergänzung zum
Haupt-Mikrowelleninstrument sein und die Ergebnisse der GRACE Follow-On-Mission
verbessern wird.
Das GRACE-Follow-On-Satellitenpaar umrundet die Erde rund 490
Kilometer über ihrer Oberfläche. Die Satelliten folgen einander in einer
Entfernung von 220 Kilometer in einer 90-Minuten-Bahn, die sie über die Pole der
Erde führt. Der Abstand zwischen den Satelliten verändert sich aufgrund der
Erdabplattung um einige Hundert Meter während jeden Umlaufs. Darüber hinaus gibt
es weitaus kleinere Änderungen im Bereich von Mikrometern und Nanometern,
verursacht durch die lokale Feinstruktur des irdischen Schwerefelds, die
beispielsweise von Gebirgszügen, Eismassen und Grundwasserpegeln stammt.
Indem sie diese winzigen Veränderungen über Monate verfolgen, können die
Forschenden das Abschmelzen von Eismassen in Grönland und der Antarktis,
steigende Meeresspiegel, veränderte Grundwasserspiegel, Dürren und Überflutungen
genau nachweisen und das Geoid zu definieren, das Grundlage globaler
Höhenmessungen ist. Die neuartige Laser-Ranging-Interferometer-Technologie an
Bord von GRACE Follow-On könnte die Genauigkeit zukünftiger ähnlicher
Missionen signifikant erhöhen und diesen helfen, detailliertere Messungen des
irdischen Schwerefelds und seiner Veränderungen mit der Zeit zu ermöglichen.
Das Laser Ranging Interferometer von GRACE Follow-On ist
das zweite Laserinterferometer im All mit wichtigen Beitragen aus dem
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) und der
Leibniz Universität Hannover. Das erste derartige Instrument war das 40
Zentimeter messende Interferometer der LISA-Pathfinder-Mission, das
Schlüsseltechnologien für LISA, testete. "Die erfolgreiche Laserverbindung über
220 Kilometer im All zwischen zwei Satelliten in der Erdumlaufbahn ist ein
wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu LISA, dem zukünftigen
Gravitationswellen-Observatorium im All," sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor
am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Direktor des Instituts für
Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.
"Nach ihrem Start im Jahr 2034 wird LISA ganz ähnliche Technologie verwenden,
um winzige Längenänderungen über eine Entfernung von 2,5 Millionen Kilometer zu
messen. Auf diese Weise werden wir niederfrequente Gravitationswellen von
Millionen Doppelsternsystemen, verschmelzenden extrem massereichen schwarzen
Löchern und anderen exotischen Objekten nachweisen," so Danzmann.
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