Entdeckungen rund um den Tarantelnebel
von Stefan Deiters astronews.com
30. Mai 2018
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Ansicht der Umgebung des Tarantelnebels veröffentlicht, einer rund 160.000
Lichtjahre entfernten Sternentstehungsregion in der Großen Magellanschen Wolke.
Hier finden sich unzählige Sternhaufen, leuchtende Gaswolken und die Überreste
von Supernova-Explosionen. Das Bild basiert auf Daten des VLT Survey
Telescope.
Blick in die Große Magellansche Wolke mit dem
Tarantelnebel (oben).
Bild: ESO [Großansicht] |
Der Tarantelnebel ist eine Sternentstehungsregion der Superlative: Mit einem
Durchmesser von über 1000 Lichtjahren ist der Nebel die größte und auch die
turbulenteste stellare Kinderstube in unserer galaktischen Umgebung. Er gehört
zur Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie unserer Milchstraße, ist
rund 160.000 Lichtjahre entfernt und liegt im Sternbild Schwertfisch. Daher auch
der andere Name für diese Region: 30 Doradus. Dorado ist die lateinische
Bezeichnung des Sternbilds Schwertfisch.
Auf der jetzt vorgestellten Ansicht der Region rund um den Tarantelnebel ist
der Nebel selbst im oberen Bildbereich zu erkennen. Die Aufnahme basiert auf Beobachtungen mit dem
VLT Survey Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO, das Teil des
Paranal-Observatoriums in Chile ist. Im Zentrum des Tarantelnebels befindet sich
der Sternhaufen NGC 2070, in dessen Zentralbereich es eine als R136 bezeichnete
Ansammlung von Sternen gibt, die zu den massereichsten und hellsten überhaupt
bekannten Sternen zählen. Die Energie, die diese jungen Sonnen abstrahlen, sorgt
dafür, dass der Tarantelnebel so hell leuchtet. Entdeckt wurde der Nebel vom
französischen Astronom Nicolas-Louis de Lacaille im Jahr 1751.
Nicht weit vom zentralen Sternhaufen des Tarantelnebels entfernt befindet
sich mit Hodge 301 ein weiterer, allerdings deutlich älterer Sternhaufen: Mindestens 40 seiner Sterne
sind bereits als Supernova explodiert. Massereiche Sterne haben zwar sehr viel
mehr Brennstoff zur Verfügung als etwa unsere Sonne, gehen damit aber erheblich verschwenderischer um: Das "Leben" eines solchen stellaren Giganten dauert
daher oft nur wenige Millionen Jahre, während Sterne wie die Sonne viele
Milliarden Jahre lang leuchten. Im Randbereich des Tarantelnebels konnte man
1987 die Explosion der Supernova SN 1987A verfolgen.
Doch auch die Umgebung dieses gewaltigen Sternentstehungsgebiets hat einiges
zu bieten: Links vom Tarantelnebel ist beispielsweise der helle offene
Sternhaufen NGC 2100 zu sehen. In seinem Zentralbereich sind die Sterne eher
leuchtend blau, am Rand scheinen sie eher rötlich. Der Sternhaufen wurde 1826
vom schottischen Astronomen James Dunlop entdeckt, der damals von Australien aus
mit einem selbstgebauten 23-Zentimeter-Spiegelteleskop beobachtete.
Fast in der Bildmitte schließlich befindet sich ein weiterer Nebel mit einem
eingebetteten Sternhaufen: NGC 2074. Wer genau hinschaut, kann in dem Nebel eine
kleine dunkle Struktur entdecken, die an ein Seepferdchen erinnert - "das
Seepferdchen der Großen Magellanschen Wolke". Die Struktur aus dunklem Staub
erstreckt sich über 20 Lichtjahre und dürfte innerhalb weniger Millionen Jahre
verschwunden sein - weggeblasen durch die Strahlung und stellaren Winde der
Sterne in der Umgebung.
Das VLT Survey Telescope ist ein 2,6-Meter-Teleskop mit aktiver
Optik, die während der Beobachtungen für eine perfekte Positionierung des
Spiegels sorgt. Auch die Luftunruhe der Atmosphäre kann mit der modernen Optik
praktisch herausgefiltert werden. Im Herzen des Teleskops befindet sich die 770
Kilogramm schwere OmegaCAM, die aus 32 CCD-Detektoren besteht, mit denen sich
zusammen Bilder mit einer Auflösung von 256 Megapixel erstellen lassen.
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