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ROSETTA
Die morgendlichen Fontänen von 67P
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
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28. Mai 2018

Immer zu Sonnenaufgang konnte die ESA-Sonde Rosetta plötzliche Gas- und Staubausbrüche auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko beobachten, die zudem noch strahlenförmig gebündelt waren. Jetzt haben Astronomen eine Erklärung für dieses Phänomen gefunden: Schuld ist offenbar die bizarr zerklüftete, entenförmige Gestalt des Rosetta-Kometen.

67P

Kurz nach Sonnenaufgang über der Hapi-Region des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko zeigen sich eindrucksvolle Fontänen aus Gas- und Staub (links). In Simulationen lassen sich die Strukturen reproduzieren.  Bild: ESA/Rosetta/MPS für das OSIRIS Team (MPS/UPD/LAM/ IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA) [Großansicht]

Fern der Sonne sind Kometen leblose, eiskalte Brocken. Dringen sie jedoch ins innere Sonnensystem vor, werden sie aktiv: Gefrorene Gase wie etwa Wasser verdampfen und reißen Staubpartikel von der Oberfläche mit. Die Koma entsteht, eine Hülle aus Staub und Gas. Bereits in den Aufnahmen früherer Kometenmissionen wie etwa Giotto, die 1986 den Kometen 1P/Halley passierte, sind innerhalb der Koma Fontänen aus Staub und Gas erkennbar. Diese reichen bis zu mehreren Kilometern ins All.

Für Wissenschaftler sind diese Fontänen der Schlüssel zum Verständnis der Aktivität von Kometen. Wann und an welchen Stellen tritt sie auf? Welche Prozesse auf der Oberfläche sind dabei im Spiel? Und was verraten sie über Beschaffenheit und Zusammensetzung von Kometen? Keine Mission konnte diesen Fragen so detailliert nachgehen wie die Rosetta-Mission der europäischen Weltraumagentur ESA.

Von August 2014 bis September 2016 umkreiste die gleichnamige Raumsonde den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko und erlebte seine Verwandlung vom leblosen zum gas- und staubspuckenden Brocken hautnah mit. Mehr als 70.000 Aufnahmen des wissenschaftlichen Kamerasystems OSIRIS, das unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) entwickelt und gebaut wurde, zeugen von dieser Entwicklung. In ihnen finden sich sowohl eruptive, plötzliche Gas- und Staubausbrüche, als auch solche, die über längere Zeit stabil sind. In ihrer jüngsten Studie gehen die Forscher des OSIRIS-Teams nun der Aktivität nach, die allmorgendlich bei Sonnenaufgang auf dem Kometen auftritt.

"Wenn die Sonne über einem Teil des Kometen aufgeht, wird die Oberfläche entlang der Tag-Nacht-Grenze fast augenblicklich aktiv", erklärt MPS-Forscherin Dr. Xian Shi. "Die Fontänen aus Gas und Staub, die wir dann innerhalb der Koma beobachten, sind sehr verlässlich: Sie finden sich jeden Morgen an denselben Stellen und in ähnlicher Form." Verantwortlich für diese frühmorgendliche Aktivität ist der Frost, der sich nachts auf der kalten Kometenoberfläche bildet. Sobald die Sonnenstrahlen ihn berühren, beginnt er zu verdampfen.

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"Eruptive Gas- und Staubausbrüche lassen sich oft auf eine Stelle an der Oberfläche zurückführen, an der plötzlich gefrorenes Wasser freigelegt wird, etwa durch einen Erdrutsch", erklärt Dr. Holger Sierks vom MPS, Leiter des OSIRIS-Teams. "Im Fall der Aktivität bei Sonnenaufgang ist dies anders. Der Frost ist recht gleichmäßig auf der gesamten Oberfläche verteilt."

Doch warum sind dann die Gas- und Staubemissionen strahlenförmig gebündelt? Warum bilden sie nicht ausschließlich eine homogene Wolke? Die neue Studie zeigt erstmals ausführlich, dass dieses Phänomen allein durch die ungewöhnliche Form und zerklüftete Topographie des Kometen erklärt werden kann. Dafür werteten die Forscher Aufnahmen der Hapi-Region aus verschiedenen Blickwinkeln aus. Die Region liegt auf dem "Hals" des Kometen, dem schmalen Verbindungsstück zwischen seinen beiden Teilen.

In Computersimulationen versuchten die Forscher, diese Aufnahmen zu reproduzieren, um so die treibenden Prozesse besser zu verstehen. Dabei erwiesen sich vor allem zwei Effekte als entscheidend. Zum einen liegen einige Regionen auf der Oberfläche tiefer oder im Schatten. Sie werden von den ersten Sonnenstrahlen erst später erreicht. Von den früh und stark beleuchteten Regionen verdampft der Frost hingegen besonders effizient. Zum anderen zeigt sich, dass Vertiefungen und andere konkave Strukturen die Gas- und Staubemission geradezu bündeln – ähnlich wie eine optische Linse.

"Die komplexe Form des Rosetta-Kometen erschwert viele Untersuchungen. Für uns ist sie jedoch ein Segen", so Shi. Auf einem kugel- oder selbst kartoffelförmigen Kometen wären diese Strukturen in der Koma möglicherweise nicht so ausgeprägt. Gas und Staub wären deutlich gleichmäßiger verteilt. Zudem geht die neue Studie dem Einfluss der Beobachtungsperspektive nach. "Grundsätzlich ist jede Kometenkoma eine dreidimensionale Struktur und jede Aufnahme davon lediglich eine Projektion", so Sierks. "Dadurch kann leicht ein falscher Eindruck entstehen."

Die täglich wiederkehrenden Fontänen eignen sich besonders gut, um diesen Effekt deutlich zu machen. Schließlich umkreiste Rosetta den Kometen und betrachtete den Sonnenaufgang über einer bestimmten Region so immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln.

Über ihre Untersuchungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.

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Die morgendlichen Staubfontänen von 67P. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Kometen: Das Geheimnis der Staubfontänen - 25. Oktober 2017
Rosetta: Abrutschende Klippe auf 67P - 22. März 2017
Rosetta: Europäische Kometenmission beendet - 30. September 2016
Rosetta, die astronews.com-Berichterstattung über die Rosetta-Mission
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
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