Frühe Sternentstehung in Galaxie überrascht
von Stefan Deiters astronews.com
17. Mai 2018
Durch Beobachtungen mit dem Radioteleskopverbund ALMA und
dem Very Large Telescope der ESO in Chile haben Astronomen Hinweise dafür
gefunden, dass die Sternentstehung in einer entfernten Galaxie bereits 250
Millionen Jahre nach dem Urknall eingesetzt hat. Die Wissenschaftler schlossen
dies auf dem Vorhandensein von Sauerstoff in der Galaxie.
Hubble-Aufnahme des Galaxienhaufen MACS
J1149.5+2223 mit der Galaxie MACS1149-JD1 und
einmontiert die ALMA-Beobachtungen des
Sauerstoffs in der Galaxie.
Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), NASA/ESA Hubble
Space Telescope, W. Zheng (JHU), M. Postman (STScI),
das CLASH Team, Hashimoto et al. [Großansicht] |
Ziel der Beobachtungen mit dem Atacama Large
Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einem Verbund von Radioteleskopen in
der chilenischen Atacamawüste, war die Galaxie MACS1149-JD1, deren
Strahlung rund 13,3 Milliarden Jahre benötigt hat, um die Erde zu erreichen.
Wir sehen das System somit in einem Zustand nur 500 Millionen Jahre nach dem
Urknall. Den Astronomen war es gelungen, das Signal von Sauerstoff in der entfernten Galaxie
nachzuweisen - ein Entfernungsrekord für den Nachweis dieses Elements.
Die Entdeckung von Sauerstoff bedeutet allerdings auch, dass es in der Galaxie
bereits eine frühere Generation von Sternen gegeben haben muss, die den
Sauerstoff
in ihrem Inneren erzeugt haben. "Ich war begeistert, das Signal des entfernten
Sauerstoffs in den ALMA-Daten zu sehen", erinnert sich Takuya Hashimoto von der
Osaka Sangyo Universität und dem National Astronomical Observatory of Japan.
"Diese Entdeckung verschiebt die Grenzen des beobachtbaren Universums."
Mit dem Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte
ESO konnte zudem ein schwaches Signal von Wasserstoff nachgewiesen werden. Die
daraus ermittelte Entfernung der Galaxie stimmt mit der durch die
ALMA-Beobachtungen bestimmten Entfernung überein. Damit ist MACS1149-JD1 die
entfernteste Galaxie mit einer präzisen Entfernungsbestimmung und gleichzeitig
auch die entfernteste
Galaxie, die von ALMA oder dem VLT beobachtet wurde.
"Wir sehen diese Galaxie heute so, wie sie zu der Zeit aussah, als das Universum
erst 500 Millionen Jahre alt war. Und damals enthielt sie bereits eine
Population entwickelter Sterne", erläutert Nicolas Laporte vom University
College London. "Wir sind also in der Lage, mithilfe dieser Galaxie eine
noch frühere, völlig unbekannte Periode der kosmischen Geschichte zu erkunden."
Direkt nach dem Urknall gab es noch keinen Sauerstoff im Universum. Dieser
musste zunächst in den ersten Sternen gebildet und dann von diesen an ihre
Umgebung abgegeben werden. Der Nachweis von Sauerstoff in einer Galaxie, die wir
nur 500 Millionen Jahre nach dem Urknall beobachten, bedeutet also, dass hier
schon vorher Sterne existiert haben müssen.
Um die Frage zu klären, wann diese Sternentstehung einsetzte, haben die
Wissenschaftler Infrarotdaten von MACS1149-JD1, die mit den Weltraumteleskopen
Hubble und Spitzer gewonnen wurden, ausgewertet. Danach lässt sich die
beobachtete Helligkeit der Galaxie gut mit einem Modell erklären, in dem die
Sternentstehung nur 250 Millionen Jahre nach dem Urknall begonnen hat. Damit
könnten Galaxien also schon zu einer Zeit existiert haben, die sich unserer
direkten Beobachtung gegenwärtig noch entziehen.
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel,
der heute in der Zeitschrift Nature erscheint.
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