Relikte der Sternentstehung im jungen Universum?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
6. April 2018
Kugelsternhaufen zählen oft zu den ältesten Objekten im
Universum. Doch wie sind diese gewaltigen Ansammlungen von Sternen entstanden?
Mithilfe von Simulationen haben Astronomen nun eine These verfolgt, nach der die
Sternhaufen natürliche Relikte der Sternentstehung im jungen Universum sind. Der
Vergleich mit Beobachtungen scheint dies zu bestätigen.
Leuchtende Bänder und Flecken zeigen die
Verteilung Dunkler Materie, deren Existenz
indirekt nachgewiesen und die für die
Kondensation von Galaxien ähnlich der Milchstraße
essentiell ist. Die Entstehung von
Kugelsternhaufen um Galaxien wie der Milchstraße
konnte in diesen Simulationen nachvollzogen
werden (rechts).
Bild: J. Pfeffer, J.M.D. Kruijssen, R.A.
Crain, N. Bastian [Großansicht] |
Die Kugelsternhaufen, die die Milchstraße umgeben, sind annähernd so alt wie
das Universum selbst. Diese uralten Sternhaufen könnten durch Vorgänge
entstanden sein, wie sie auch heute noch bei der Bildung von Sternen in unserer
Heimatgalaxie wirken und wären demnach natürliche Relikte der Sternentstehung im
jungen Universum. Darauf deuten Computersimulationen hin, die Dr. Joel Pfeffer
von der englischen Liverpool John Moores University und Dr. Diederik
Kruijssen von der Universität Heidelberg durchgeführt haben. Wie die beiden
Forscher betonen, "ist mit diesem Ansatz eines der großen Rätsel der Astronomie
elegant gelöst".
Galaxien wie unsere Milchstraße sind von einem System hunderter
Kugelsternhaufen umgeben. Die Frage, wie diese sich gebildet haben, konnte von
der Astrophysik bisher nicht befriedigend beantwortet werden. Die Forscher aus
Liverpool und Heidelberg haben jetzt neue Simulationen vorgelegt, um diese Frage
zu klären. Sie kombinierten aktuelle Modelle zur Entstehung der Kugelsternhaufen
mit einer hochmodernen Simulation zur Galaxienbildung namens EAGLE. Das Projekt
"Modelling Star Cluster Population Assembly in Cosmological Simulations within
EAGLE", kurz E-MOSAICS, zeigt, wie sich die in Galaxien vorherrschenden
Bedingungen über einen Zeitraum von 13 Milliarden Jahren auf die Entstehung und
Evolution ihrer Sternhaufen auswirken.
In ihrer neuen Studie gingen die Wissenschaftler von der Überlegung aus, dass
Kugelsternhaufen einst nach denselben Mechanismen entstanden, wie sie jetzt auch
für die Bildung junger Sternhaufen in gasreichen Regionen naher Galaxien
verantwortlich sind. Mit E-MOSAICS konnten sie diese Annahme erstmals an einem
beobachteten System aus Kugelsternhaufen der Milchstraße testen. "Die
Simulationen zeigen, dass die ersten Sternhaufen bereits wenige hundert
Millionen Jahre nach dem Urknall entstehen. In den folgenden Milliarden von
Jahren kommen weitere Kugelsternhaufen dazu, die sich schließlich um eine große
Galaxie herum konzentrieren und in ihrer Anordnung Ähnlichkeit mit der
Milchstraße haben", so Kruijssen, Forschungsgruppenleiter am Astronomischen
Rechen-Institut, das zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
gehört.
Bislang konnte die Entstehung von Kugelsternhaufen nicht ohne ungewöhnliche
Annahmen erklärt werden. Die aktuellen Simulationen erlauben es jedoch, ihre
Herkunft auf ganz natürliche Weise zu beschreiben, indem die bekannte Physik der
Sternentstehung auf die Gegebenheiten in der Frühzeit des Kosmos übertragen
werden. Nach Angaben von Pfeffer sind Kugelsternhaufen das zwangsläufige
Ergebnis intensiver Sternentstehung im jungen Universum. Kurz nach dem Urknall
waren die Gaswolken in Galaxien jedoch wesentlich dichter als dies in heutigen
Galaxien der Fall ist.
"Aus diesen dichten Wolken konnten sich daher sehr effizient Sternhaufen mit
Millionen von Sternen bilden. Einige von ihnen haben bis heute überlebt und
entwickelten sich zu den Kugelsternhaufen, die wir heute beobachten", so
Kruijssen. Die Wissenschaftler wollen E-MOSAICS nun einsetzen, um die
Entstehungsgeschichte von Galaxien anhand der Entwicklung uralter
Kugelsternhaufen zu rekonstruieren. Ziel ist es, damit auch neue Aufschlüsse
über die Entstehung der Milchstraße zu gewinnen.
Über ihre Untersuchungen berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
veröffentlicht wurde.
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