Größe bislang überschätzt?
von Stefan Deiters astronews.com
15. Februar 2018
Bislang galt unser galaktischer Nachbar im All, der
Andromedanebel, als System, das in vielerlei Hinsicht unserer Milchstraße
ähnelt, aber deutlich massereicher ist. Wenn beide Galaxien in einigen
Milliarden Jahren kollidieren, wäre unsere Heimatgalaxie somit der kleinere
Partner. Neue Messungen deuten aber jetzt darauf hin, dass Milchstraße und Andromedagalaxie in etwa gleich groß sein könnten.
Momentaufnahme aus einer Simulation der
Kollision zwischen Andromedagalaxie (links) und
Milchstraße. Neue Analysen könnten allerdings
inzwischen darauf hindeuten, dass die beiden
Galaxien in etwa gleich groß sind.
Bild: ICRAR [Großansicht] |
Die Andromedagalaxie in rund 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung ist die
uns am nächsten gelegene größere Galaxie. Zusammen mit unserer Milchstraße
bildet sie das Zentrum der "Lokalen Gruppe", unseres kleinen
Heimatgalaxienhaufens. Andromedagalaxie und Milchstraße bewegen sich aufeinander
zu und werden, so die Berechnungen der Astronomen, in einigen Milliarden Jahren
kollidieren und zu einer neuen, größeren Galaxie verschmelzen.
Unsere Milchstraße gilt bislang als der etwas kleinere Partner bei diesem
Prozess. Nun aber glauben australische Astromomen Hinweise darauf gefunden zu
haben, dass die Andromedagalaxie nicht so massereich ist, wie man lange Zeit
angenommen hatte: Sie schätzen ihre Masse auf die 800-milliardenfache Masse der
Sonne - was auch in etwa der Masse der Milchstraße entsprechen sollte.
Für ihre Untersuchung nutze das Team um Dr. Prajwal Kafle vom International Centre for Radio Astronomy
Research an der Western
University of Australia ein neues Verfahren zur Massebestimmung dieser
Galaxie. Grundlage ihrer Untersuchung waren öffentlich
zugängliche Daten des Planetary Nebula Spectrograph des William
Herschel Telescope auf der Kanareninsel La Palma. Das Team verwendete als
Ausgangspunkt der Analyse die spektralen Informationen von 2637 Planetarischen
Nebeln in der Andromedagalaxie.
Mithilfe der Planetarischen Nebel als Indikatoren für die Dynamik, errechneten die Astronomen die Geschwindigkeit, die man benötigen würde, um die Andromedagalaxie zu verlassen. "Wenn man eine Rakete startet, muss sie eine
Geschwindigkeit von mindestens elf Kilometern pro Sekunde erreichen, um die
Anziehungskraft der Erde hinter sich zu lassen", so Kafle. "Unsere
Heimatgalaxie, die Milchstraße, ist über eine Billion Mal schwerer als unser
kleiner Planet Erde, daher müssten wir, um ihrer gravitativen Anziehungskraft zu
entkommen, eine Geschwindigkeit von 550 Kilometern pro Sekunde haben. Mit ganz
ähnlichen Überlegungen haben wir auch die Masse der Andromedagalaxie bestimmt."
Kafle und sein Team sind davon überzeugt, dass bislang die Menge an Dunkler
Materie in der Andromedagalaxie überschätzt worden ist. "Als wir uns die Bahnen
von Sternen mit hoher Geschwindigkeit angesehen haben, entdeckten wir, dass
diese Galaxie über deutlich weniger Dunkle Materie verfügt als angenommen. Es
ist nur etwa ein Drittel von dem, was frühere Beobachtungen ergeben haben."
Mit einem ähnlichen Verfahren hatten Kafle und sein Team vor einigen Jahren
auch bereits die Masse der Milchstraße nach unten korrigiert. Mit der jetzt vorgestellten
Analyse herrscht zwischen Milchstraße und Andromedagalaxie praktisch
Gleichstand. "Das dürfte auch unser Verständnis der lokalen Gruppe vollständig
verändern", ist Kafle überzeugt. "Wír hatten immer angenommen, es gibt eine
riesige Galaxie und unsere Milchstraße ist etwas kleiner, doch dieses Szenario
hat sich nun komplett verändert."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
heute in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erscheint.
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