Vögel beobachten aus dem All
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
13. Februar 2018
Mit einem Progress-Raumfrachter ist heute auch eine
Antenne des Projekts ICARUS zur Internationalen Raumstation ISS gestartet. Mit
ihr sollen ab dem Sommer Signale von Vögeln und anderen Kleintieren empfangen
werden, um mehr über die Lebensweise der Tiere zu erfahren und auch wichtige
Daten über die Ausbreitung von Seuchen zu sammeln.
ICARUS möchte globale Wanderbewegungen von
Tieren erforschen - im Fokus sind zunächst
Kleintiere wie Vögel und Fledermäuse. Winzige,
weniger als fünf Gramm leichte, an den Tieren
angebrachte Sender - sogenannte Tags - sammeln
Informationen über deren Wanderverhalten und
funken sie zur ISS.
Bild: Max-Planck-Institut für Ornithologie /
MaxCine [Großansicht] |
Aufatmen und Freude am Kosmodrom im kasachischen Baikonur, im Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn und im Max-Planck-Institut für
Ornithologie (MPIO) in Radolfzell am Bodensee: eine russische Sojus 2-1A-Rakete
ist um 9.13 Uhr MEZ mit der Antenne für das deutsch-russische
Kooperationsprojekt ICARUS (International Cooperation for Animal Research Using
Space) an Bord zur Internationalen Raumstation in 400 Kilometern Höhe
aufgebrochen. Der Raumfrachter soll am 15. Februar 2018 um 11.45 Uhr MEZ an die
ISS andocken.
"Der russische Progress-Raumfrachter MS-08 hat etwa 2500 Kilogramm
Gepäck an Bord, wovon auf ICARUS - das technisch modernste Projekt zur globalen
Tierbeobachtung aus dem All - etwa 200 Kilo entfallen", erklärt Johannes Weppler,
ICARUS-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement in Bonn. "Wir sind sehr froh,
dass ICARUS nach mehreren Jahren intensiver Vorbereitung nun bald in seine
operationelle Phase tritt und die dafür notwendige Hardware - die Antenne und
der On-Board-Computer - am Swesda-Modul im russischen Segment der
Raumstation angekommen sind."
Der Computer war bereits am 14. Oktober 2017 mit einer Sojus-Rakete
zur ISS transportiert worden. ICARUS möchte globale Wanderbewegungen von Tieren
erforschen - im Fokus sind zunächst Kleintiere wie Vögel, Fledermäuse oder
Flughunde. Winzige, weniger als fünf Gramm leichte, an den Tieren angebrachte
Sender - sogenannte "Tags" - sammeln Informationen über deren Wanderverhalten
und funken sie zur ISS. "Eingetragen in eine Datenbank sollen sie dabei helfen,
Tiere zu schützen, unser Klima und die Ausbreitung von Krankheiten besser zu
verstehen sowie nachhaltigere Landwirtschaft zu betreiben", verdeutlicht
DLR-Projektleiter Weppler Sinn und Zweck.
Denn Tiere reagieren - im Gegensatz zum Menschen - oftmals viel früher und
sensibler auf Umweltveränderungen. Im April soll der ICARUS-Computer in der ISS
in Betrieb genommen werden. Funktioniert dieser wie erwartet, ist für den 8.
August 2018 ein Außenbordeinsatz der Kosmonauten Oleg Artemjew und Sergei
Prokopjew zur Installation der Antenne am Swesda-Modul geplant.
Prokopjew soll im Juni mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst zur
Internationalen Raumstation fliegen.
Der Antennenblock besteht aus drei bis zu zwei Meter langen Empfangs- und
einer Sendeantenne. Die Empfangsantennen können weltweit die Daten von mehr als
15 Millionen Sendern empfangen, die sich irgendwo auf der Erde bewegen. Auf der
Erde sammeln die an den Tieren befestigten Tags Informationen über das
Tierverhalten. Dafür speichern sie zum Beispiel GPS-, Beschleunigungs- und
Umweltdaten. Um Energie zu sparen und somit die Lebensdauer zu erhöhen, werden
die Sende- und Empfangsmodule der Tags die meiste Zeit in einen Schlafmodus
versetzt.
Da in den kleinen Geräten auch die Daten der aktuellen ISS-Umlaufbahn
gespeichert sind, "wachen" sie erst bei einem Überflug der Raumstation auf. Dann
senden sie ihre Daten zur Antenne im Orbit. Über den ICARUS-Computer werden die
Informationen dekodiert und zur russischen ISS-Bodenstation in Moskau
weitergeleitet. Von dort werden sie in die wissenschaftliche Datenbank
Movebank.org eingespeist, die vom Max-Planck Institut und der Universität
Konstanz entwickelt wurde.
Das Gesamtsystem soll dabei präziser und zuverlässiger als alle bisherigen
Systeme arbeiten, und zudem fundamental bessere Daten von Tieren liefern.
Deutsche und russische Wissenschaftler versprechen sich von den Daten nicht nur
neue Aussagen über die Lebensweise der Tiere, sondern erwarten damit auch
Erkenntnisse zur Verbreitung von Seuchen (zum Beispiel Vogelgrippe, Ebola), zur
Auswirkung des Klimawandels und zum Zusammenspiel von Tierwanderungen und der
Nahrungssicherheit in kritischen Regionen.
Wissenschaftlicher Leiter des Projekts ist Prof. Martin Wikelski, Direktor
des Max-Planck-Instituts für Ornithologie. Er hat mit seinem Team viele Jahre
auf den Start von ICARUS hingearbeitet: "Das ist ein Meilenstein und ein für
mich einmaliges Erlebnis. Ab Juni 2018 werden wir an 35 Orten in Deutschland
zunächst rund 300 Amseln mit unseren Minisendern ausstatten. So wollen wir
herausfinden, wo sie leben, wohin sie fliegen, wo sie sterben, und wie wir
unsere Vögel beschützen können".
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