ESA feiert zehn Jahre Weltraumlabor Columbus
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
8. Februar 2018
Während alle noch über den geglückten Start eines Autos ins
All und den Erststart einer Falcon Heavy reden, feierten ESA und DLR
gestern das Jubiläum ihres Weltraumlabors Columbus: Es ist nun seit
zehn Jahren im All und seitdem ein Herzstück der wissenschaftlichen Forschung an
Bord der Internationalen Raumstation ISS. Betrieben wird Columbus von
Deutschland aus.
Das Columbus-Modul wurde am 11. Februar 2008
an der Steuerbordseite des Verbindungsknotens
Harmony dauerhaft an die ISS montiert und in
Betrieb genommen. Das Modul ist 6,9 Meter lang
und hat einen Durchmesser von 4,5 Meter.
Bild: NASA [Großansicht] |
Das Weltraumlabor Columbus startete am 7. Februar 2008 seine Reise
ins All und ist nun seit zehn Jahren das wissenschaftliche Herzstück für
europäische Forschung auf der Internationalen Raumstation ISS. In der
Schwerelosigkeit gewinnen Forscher einzigartige Erkenntnisse aus
unterschiedlichsten Disziplinen, von Astrophysik über Materialforschung bis hin
zu Psychologie und Behandlungsmöglichkeiten in der Medizin.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Entwicklung und
Fertigung des ISS-Moduls im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA
betreut, ist auf Forschungsebene mit Experimenten aktiv und leitet vom
Columbus-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen aus den Betrieb. Insgesamt 161
ESA-Experimente wurden im Columbus-Labor durchgeführt, wie auch
Experimente von 67 internationalen Partnern und kommerziellen Nutzern.
Mehr als hundert Astronauten waren dazu an Bord – beginnend mit Hans
Schlegel, der das Columbus-Modul im Rahmen der Mission STS-122 in
Betrieb nahm. Alexander Gerst wird im Juni 2018 für seine ISS-Mission
Horizons zu dem Labor in 400 Kilometer Höhe zurückkehren. Ein Arbeitsplatz,
der bei dem deutschen ESA-Astronauten viele Erinnerungen weckt – wie etwa der
improvisierte Einsatz von Rasierschaum, um beim Einbau des EML-Schmelzofens
Sägespäne einzufangen. An die erfolgreiche Arbeit von 2014 kann Alexander Gerst
anknüpfen, wenn er nun im Sommer den Probensatz der Anlage austauschen wird, um
eine neue Serie von materialphysikalischen Experimenten zu ermöglichen.
Rund 80 Wissenschaftler und Ingenieure am Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum
des DLR (GSOC) betreuen die europäischen Aktivitäten auf der ISS: Seit bereits
mehr als 87.600 Stunden überwacht und koordiniert das Columbus-Kontrollzentrum
des GSOC nun den Betrieb im Columbus-Modul an der ISS. In dieser Zeit
sicherte die Bodencrew nicht nur den Routinebetrieb, sondern musste auch ständig
neue Herausforderungen bewältigen. Dazu gehörten Softwareupdates des
hochspeziellen Betriebssystems ebenso wie Reparatur und Wartung der
lebensnotwendigen Systeme, wie etwa der Austausch einer 70 Kilogramm schweren
Wasserpumpe.
So konnte das Weltraumlabor in seiner zehnjährigen Geschichte stets neues
wissenschaftliches Terrain erschließen. Dazu gehört auch die Erforschung von
Magnetfeldern und Grundlagen zur Entwicklung von Schutzschilden mithilfe des
Magnetic Field Experiment "MagVector/MFX". Im "Biolab" hingegen konnten
Wissenschaftler das Wachstumsverhalten von Pflanzen und Mikroorganismen in der
Schwerelosigkeit erforschen. Mit Spannung wird auch die Fortsetzung der
Plasmakristall-Experimente und der Experimente zur Mensch-Roboter-Interaktion
mit dem intelligenten DLR-Roboter Justin erwartet: Die Apparatur "PK-4" erlaubt
es physikalische Prozesse in einem Modellsystem für Flüssigkeiten und
Festkörpern auf "atomarer" Ebene zu untersuchen.
Bereits die Entdeckung der Plasmakristalle 1994 führte dazu, dass die
Lehrbücher der Physik umgeschrieben werden mussten. Mit der für den Herbst
geplanten neuen Experimentreihe im Columbus-Labor hebt das DLR-Institut
für Materialphysik im Weltraum Datenschätze für die nächsten Jahrzehnte. Das
DLR-Institut für Robotik und Mechatronik bereitet derzeit zwei Folgeexperimente
im Rahmen des Projekts METERON vor.
Die Astronauten an Bord der ISS werden im Columbus-Labor den humanoiden
Roboter Justin im DLR Oberpfaffenhofen per Tablet steuern. Mittels einer
einfachen Befehlseingabe aus der Ferne soll der Roboter komplexe Aufgaben
selbstständig ausführen. In der zweiten Jahreshälfte ist dann ein
Co-Worker-Experiment mit Alexander Gerst geplant. Der deutsche ESA-Astronaut
wird mit einem Tablet von der ISS aus die nächste Entwicklungsstufe des
zukünftigen Robonauten testen – das intelligente Zusammenfügen von Elementen für
den Aufbau eines Gerätes oder einer Marsstation.
Die Internationale Raumstation ISS ist das größte Technologieprojekt aller
Zeiten: Der "Außenposten" der Menschheit im All wird derzeit gemeinsam von den
USA, Russland, den Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA,
Kanada und Japan betrieben. Das DLR-Raumfahrtmanagement koordiniert dabei die
deutschen Beiträge zu den ISS-Programmen der ESA, in Bezug auf Ausbau, Betrieb
und Nutzung der Station und ist federführend bei der Umsetzung des nationalen
Nutzungsprogramms.
Bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der deutschen und
europäischen Weltraumexperimente werden die Wissenschaftler durch das
Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) unterstützt. Für die Ausbildung der
Astronauten und des Betriebsteams des Columbus-Labors ist das
Europäische Astronautenzentrum (EAC) zuständig, in Zusammenarbeit mit der
DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining. Das Columbus-Kontrollzentrum
im DLR Oberpfaffenhofen führt den Betrieb des ISS-Moduls in enger Abstimmung mit
den Astronauten sowie den Kontrollzentren der NASA in Houston und Huntsville
durch.
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