Supernovae durch die Gravitationslinse
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
11. Dezember 2017
Im Rahmen eines neuen, durch den Europäischen Forschungsrat
geförderten Projekts sollen durch
Gravitationslinsen mehrfach abgebildete Supernovae untersucht werden, um mehr über
deren Vorläufer zu erfahren. Solche Supernovae bieten eine
unabhängige Methode zur Messung der Hubble-Konstante und liefern damit eventuell
Hinweise auf eine neue Physik jenseits des kosmologischen Standardmodells.
Die erste und einzige räumlich aufgelöste
stark gelinste Supernova vom Typ Ia, iPTF16geu,
entdeckt von Goobar et al., in einer
Hubble-Aufnahme vom 28. Oktober 2016 mit vier
Bildern derselben Quelle um die
Vordergrundgalaxie (oben). Darunter zwei
verschiedene Rekonstruktionen aus
Linsenmassenmodellen des Systems von More, Suyu,
Oguri et al. (2017)
Bild: Max-Planck-Institut für Astrophysik /
More, Suyu et al. |
Seit Jahrzehnten verwenden Kosmologen bereits eine bestimmte Art von
Sternexplosion, Supernovae vom Typ Ia, um die Entfernung zu weit entfernten
Galaxien und damit die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums zu messen. Erst
seit etwa zehn Jahren können sie nun auch einen weiteren kosmischen Effekt
nutzen, um noch mehr Informationen zu sammeln: den starken
Gravitationslinseneffekt.
Dieser tritt auf, wenn eine größere Massenkonzentration, z.B. eine Galaxie
oder ein Galaxienhaufen, zwischen der Quelle in einer weit entfernten Galaxie
und dem Beobachter auf der Erde liegt. Die Lichtstrahlen, die die Linse auf
unterschiedlichen Seiten passieren, werden dann abgelenkt, so dass mehrere
Bilder derselben Quelle entstehen. Bei einer intrinsisch variablen Quelle, etwa
wenn eine Supernova-Explosion aufleuchtet, erscheint der Lichtblitz in den
Mehrfachbildern aufgrund der unterschiedlichen optischen Pfadlängen ihrer
Lichtwege und der Gravitationsverzögerung durch die Linse zu unterschiedlichen
Zeiten. Diese Zeitverzögerung enthält wertvolle Informationen über die Geometrie
des Universums.
Das von Sherry Suyu vom Max-Planck-Institut für Astrophysik vorgeschlagene
und nun durch einen ERC Consolidator Grant geförderte Projekt LENSNOVA nutzt ihre Erfahrung auf
dem Gebiet der starken Gravitationslinsen mit Zeitverzögerung. Mithilfe der
Gravitationslinsen können alle Supernovae mit einer nie dagewesenen zeitlichen
Abtastung beobachtet werden. So sind die Beobachtungen des Einsetzens einer
Supernova-Explosion der Schlüssel dafür, mehr über die Vorläufer von Supernovae
zu erfahren, die seit Jahrzehnten diskutiert werden.
Stark gelinste SNe Ia erlauben auch eine unabhängige Messung der
Hubble-Konstante, die die kosmische Ausdehnungsrate festlegt. Diese unabhängige
Messung ist in Anbetracht der derzeitig unterschiedlichen Messungen der
Hubble-Konstante wichtig, um mögliche, neue Physik jenseits des kosmologischen
Standardmodells zu überprüfen. So wird das LENSNOVA-Projekt neues Licht werfen
auf die Vorläufer der Typ-Ia-Supernovae sowie die Dunkle Energie, zwei der
größten Rätsel der Gegenwart.
Durch den Bau neuer, leistungsstarker Teleskope wie dem Large Synoptic
Survey Telescope und der Euklid-Mission kommt LENSNOVA zur rechten
Zeit, um eine erste Auswahl an stark gelinsten Supernovae zu untersuchen. Die
ERC-Förderung ermöglicht es Suyu nun, weitere Wissenschaftler für ihr Team zu
finden und die notwendigen Computerressourcen zu beschaffen, um die neuen Daten
bestmöglich auszuwertee. Damit könnte das Projekt sowohl für das Feld der
Sternenphysik als auch für die Kosmologie wichtige Daten liefern.
Die ERC Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrats werden an herausragende
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Nationalitäten und Altersgruppen
über alle Forschungsfelder hinweg vergeben, die über mindestens sieben bis zwölf
Jahre Erfahrung nach der Promotion verfügen und eine viel versprechende
wissenschaftliche Laufbahn vorweisen können. Die Forschung muss in einer
öffentlichen oder privaten Forschungseinrichtung durchgeführt werden, die ihren
Sitz in einem der EU-Mitgliedstaaten oder assoziierten Länder hat.
Die Mittel
werden für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren bereitgestellt und decken
hauptsächlich die Beschäftigung von Wissenschaftlern und anderen Mitarbeitern
zur Konsolidierung der Teams der Geförderten ab. Die Vorschläge werden von
ausgewählten internationalen Gutachtern bewertet, die sie allein nach dem
Kriterium der Exzellenz bewerten.
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