Plädoyer für Mission Tandem-L
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
23. November 2017
Im Rahmen der Helmholtz-Allianz "Fernerkundung und Dynamik
des Erdsystems" haben Experten in den vergangenen fünf Jahren einen Vorschlag
für eine neue Radarsatellitenmission Tandem-L ausgearbeitet, mit der der
Forschung bislang unzugängliche Daten über das System Erde zur Verfügung
gestellt werden könnten. Eine Entscheidung über das Projekt soll im März fallen.
Die Tandem-L-Satelliten mit großen
entfaltbaren Reflektorantennen im Formationsflug.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Die globalen Herausforderungen unserer Zeit reichen von Klimawandel und
Umweltzerstörung – über Ressourcenknappheit und Bevölkerungswachstum – bis hin
zu abnehmender Biodiversität. Probleme, für die auch in Deutschland dringend
Lösungen gefunden werden müssen. Einen wissenschaftlichen Beitrag versucht dazu
die Helmholtz-Allianz "Fernerkundung und Dynamik des Erdsystems" (EDA) zu
leisten, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) federführend
geleitet wird.
Ziel der Forschungsallianz ist es, mithilfe von neuartigen
Satellitenprodukten akkurate Prognosen zum Klimawandel und anderen
Umweltprozessen aufzustellen. Dies soll Politik und Gesellschaft befähigen, die
bestmöglichen Handlungsentscheidungen zu treffen – auf lokaler, regionaler wie
auch globaler Ebene.
Im Fokus der Arbeiten steht Tandem-L, ein Vorschlag für eine neue deutsche
Radarsatellitenmission: "Mit dem Radarsatellitensystem Tandem-L werden wir in
der Lage sein, die Veränderungen der Erde im Wochenrhythmus zu erfassen.
Aufgrund seiner neuartigen Abbildungstechniken und enormen Aufnahmekapazität
wird Tandem-L entscheidend zu einem besseren Verständnis des Systems Erde und
seiner Dynamik beitragen", so Prof. Dr. Hansjörg Dittus, Vorstand des DLR für
Raumfahrtforschung und -technologie.
Anlässlich des fünfjährigen Jubiläums stellte die Helmholtz-Allianz EDA am
23. November 2017 in Berlin die wichtigsten Forschungsergebnisse vor und gab
einen Ausblick für Deutschland im Bereich Klimaschutz und Erdbeobachtung. Die
Allianz der rund 140 internationalen Wissenschaftler ist weltweit einmalig –
dank ihrer interdisziplinären Zusammensetzung und ihres umfassenden
Forschungsspektrums. Der Einladung nach Berlin folgten mehr als 100
hochrangige Vertreter aus Politik, Industrie und Wissenschaft.
Die Erde ist ein dynamisches und hochkomplexes Ökosystem – ihre vielfältige
Austauschprozesse sind auch heute noch nicht gänzlich verstanden. Die
vorgeschlagene Satellitenmission Tandem-L soll keine Rohdaten, sondern bereits
"veredelte" Informationsprodukte liefern, die für wissenschaftliche Prognosen
zum Klimawandel dringend notwendig, aber bisher nicht verfügbar sind. Nutzer
können die fertigen Satellitenprodukte dann direkt in ihre Vorhersagemodelle
integrieren.
Dazu gehören etwa die globale Vermessung von Wäldern im Jahresverlauf zur
Bestimmung der Biomasse, die Analyse von Gletscherbewegungen oder die
Überwachung regionaler Wasserressourcen. Insgesamt 24 einzigartige Produkte
haben die EDA-Wissenschaftler erarbeitet und die Algorithmen zur Bestimmung der
verschiedenen Parameter der Bio-, Geo-, Kryo- und Hydrosphäre entwickelt. Eine
Leistung, die nur durch die Verknüpfung der Expertise von
Radar-Fernerkundungsspezialisten, von Naturwissenschaftlern und Modellierern in
der Allianz erreicht werden konnte.
"Bei der Entwicklung der Informationsprodukte wollten wir gleich Verbindungen
zwischen den verschiedenen Erdsystemen bilden, anstatt uns nur einzeln auf die
Bereiche zu konzentrieren. Ich freue mich, dass wir diese Herausforderung
gemeistert haben. Wir konnten in den letzten fünf Jahren nicht nur
Satellitenprodukte definieren und entwickeln, sondern auch eine gemeinsame
Sprache finden. Die Anforderungen der Anderen verstehen zu lernen hat zum Erfolg
der Allianz entscheidend beigetragen", erklärt Prof. Dr. Irena Hajnsek,
wissenschaftliche Koordinatorin der Helmholtz-Allianz EDA, von der ETH Zürich
und dem DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme.
Die Forschungsallianz rund um das DLR bereitet damit den Weg für eine neue
Generation von Satelliten und Sensoren – mit der Fähigkeit, die Erdoberfläche in
hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung dreidimensional abzubilden und
Strukturen tomographisch zu erfassen. Die Bildgebungstechnologie der
Tandem-L-Mission soll neue Maßstäbe in der Erdbeobachtung setzen und damit einen
wirkungsvollen Beitrag zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen
Herausforderungen leisten – national wie auch international.
"Es ist zu erwarten, dass Tandem-L zu innovativen Geoinformationsprodukten
und Dienstleistungen führt, die das Fundament für künftige nationale und
internationale Beobachtungen sowie die kontinuierliche Überwachung des
Erdsystems und dessen Veränderungen legen werden. Mit dieser Vision arbeiten wir
seit Beginn unserer Allianz und wollen in den nächsten Jahren mit großer
Begeisterung und viel Innovationskraft einen entscheidenden Beitrag zu ihrer
Verwirklichung leisten", so Prof. Dr. Alberto Moreira, Direktor des
DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme und Principal
Investigator der Helmholtz-Allianz EDA.
Der Wissenschaftsrat stellte Tandem-L im Juli 2017 eine positive Bewertung
aus und hob in seinem Gutachten hervor, dass der Hightech-Standort Deutschland
durch die innovative Technologieplattform substanziell gestärkt würde. Derzeit
findet die forschungspolitische Bewertung des Missionsvorschlags statt. Die
Entscheidung bezüglich der Realisierung von Tandem-L wird voraussichtlich im
März 2018 bekanntgegeben.
|