Marsmission für Menschen zu gefährlich?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Universitätsklinikums Frankfurt astronews.com
13. November 2017
Eine bemannte Mission zum Mars gilt als nächster großer
Schritt bei der Erkundung des Sonnensystems durch den Menschen. Die Besatzung
einer solchen Expedition müsste dazu lange Zeit in der Schwerelosigkeit
verbringen, was aus medizinischer Sicht derzeit nicht zu empfehlen ist. Darauf
deutet zumindest eine von der NASA finanzierte Studie hin, deren Ergebnisse
jetzt vorgestellt wurden.
Blick auf den Roten Planeten Mars: Eine
bemannte Mission könnte aus medizinischer Sicht
durchaus problematisch sein.
Foto: NASA, ESA, das Hubble Heritage Team (STScI/AURA),
J. Bell (Cornell University) und M. Wolff (Space
Science Institute, Boulder) [Großansicht] |
Sollte das Gehirn besser auf der Erde bleiben? Bemannte Marsmissionen,
Urlaubsreisen zum Mond – das öffentliche Interesse am Weltraum ist ungebrochen.
Doch die Antwort ist: vorerst ja. Der nachhaltige Einfluss andauernder
Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper ist bisher nur wenig erforscht.
Erst vor wenigen Jahren prägte die NASA den Begriff des Vision Impairment
and Intracranial Pressure Syndroms (VIIP; Beeinträchtigung von Sehvermögen
und Hirndruck). Es hatte sich gezeigt, dass Astronauten, die von der
Internationalen Raumstation ISS zurückkehrten, oftmals unter einem Papillenödem
– also einer Schwellung des Sehnervs – und erhöhtem Hirndruck litten. Folglich
wurde von vielen Astronauten über Sehstörungen und Kopfschmerzen berichtet.
Dieses Phänomen wurde nun in einer von der NASA finanzierten Studie näher
untersucht.
Mithilfe von MRT-Scans der Gehirne von Astronauten vor und nach Aufenthalten
im Weltall entdeckten die Forscher um Dr. Moritz H. Albrecht, Assistenzarzt des
Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am
Universitätsklinikum Frankfurt, dass vor allem längere Weltraumreisen zu einer
Verengung der Hirnwasserräume und sogar zu einer signifikanten Verschiebung des
Gehirns der Astronauten führten. Sollten sich diese Effekte als nachhaltig
herausstellen, könnte beispielsweise eine bemannte Mission zum Mars nicht in der
bisher geplanten Form durchführbar sein.
Die Schwierigkeit: Die Schwerelosigkeit im Raumschiff führt zu Veränderungen
gerade derjenigen Hirnregionen, die Einfluss auf die Koordinationsfähigkeit und
Wahrnehmung der Astronauten haben sowie auf ihre Fähigkeit, mit anderen
Crewmitgliedern zu interagieren. Mehrere der in der Studie untersuchten
Astronauten litten bereits nach wenigen Monaten im All unter VIIP, vermutlich
hervorgerufen durch die Verengung der Zisternen des Subarachnoidalraums. Dieser
mit Hirnwasser gefüllte Raum schützt das Gehirn vor Zusammenstößen mit dem
Schädelknochen.
Nach einer längeren Zeit im All wären die Teilnehmer womöglich nicht mehr in
der Lage, Objekte in ihrer näheren Umgebung korrekt wahrzunehmen, geschweige
denn ihre täglichen Aufgaben zu erfüllen. Dass sich diese Veränderungen in der
Studie schon nach nur etwa drei Monaten zeigen, stellt nicht nur Marsreisen
infrage, die aufgrund der Entfernung mit aktueller Raumfahrttechnologie
mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen; auch längere Mondreisen böten
Herausforderungen.
Zur Untersuchung der Auswirkungen von langen Weltraumaufenthalten auf das
menschliche Gehirn hatte die Forschergruppe MRT-Scans von 34 Astronauten vor und
nach deren Reise ins All verglichen. 18 davon absolvierten längere Aufenthalte
von bis zu mehreren Monaten, zum Beispiel auf der Internationalen Raumstation
ISS, 16 waren nur für wenige Wochen auf Space-Shuttle-Missionen im Weltraum
unterwegs. Bei fast allen Astronauten mit längerem Allaufenthalt stellten die
Forscher eine Verengung der Zentralfurche im Hirn fest.
Außerdem wurde bei ihnen ausnahmslos eine Verschiebung des Gehirns nach oben
festgestellt sowie die beschriebene Verengung verschiedener Hirnwasser leitender
Zisternen. Diese Veränderungen zeigten sich nach kurzen Aufenthalten im All
selten bis gar nicht, sind also durch die Aufenthaltsdauer bedingt. Ob sich
diese Veränderungen des Gehirns nach einiger Zeit wieder zurückbilden oder
irreversibel sind, müssen nun weitere Studien zeigen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der im
New England Journal of Medicine erschienen ist.
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