Kia Ora für das Flugzeugteleskop
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
26. Juni 2017
Das vom deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und
der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA gemeinsam betriebene Flugzeugteleskop
SOFIA ist wieder zu Gast in Neuseeland: Bis zum 10. August sollen von hier aus
insgesamt 25 Beobachtungsflüge durchgeführt und der Südhimmel im Infraroten
erkundet werden. Zwei der drei dabei eingesetzten Instrumente stammen aus
Deutschland.
Das Instrument FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared
Line Spectrometer) ist am Teleskop von SOFIA
montiert. Auf dem Instrument sitzt "Fifi" der
Maskottchen-Dackel und begleitet die Messflüge.
Foto: DSI [Großansicht] |
Kia Ora - so begrüßen die Māori, das indigene Volk Neuseelands, traditionell
ihre Gäste. Am 23. Juni 2017 um 1.05 Uhr MESZ (11:05 Uhr Ortszeit) war es wieder
einmal Zeit für diese Grußformel, denn ein ganz besonderer Ankömmling ist am
"anderen Ende der Welt" auf dem Flughafen Christchurch gelandet: Die fliegende
Sternwarte SOFIA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der
US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA wird zum vierten Mal über mehrere Wochen
- bis zum 10. August 2017 - in 25 Beobachtungsflügen den Südhimmel ins Visier
nehmen. Bereits heute wird das Stratosphären-Observatorium für
Infrarot-Astronomie - kurz SOFIA - zum ersten Wissenschaftsflug der diesjährigen
Kampagne starten.
SOFIA ist am 21. Juni 2017 von ihrer Heimatbasis in Palmdale in Kalifornien
gestartet und nach einem Zwischenstopp zum Auftanken auf Hawaii in Christchurch
gelandet. Die fliegende Sternwarte nutzt die langen Winternächte in Neuseeland,
da hier während dieser Zeit die Wasserdampfkonzentration in der irdischen
Atmosphäre sehr viel geringer als in unserem Sommer auf der Nordhalbkugel ist.
"Das sind ideale Voraussetzungen für ungetrübte Beobachtungen. Denn schon
kleinste Mengen an Wasserdampf in der Luft können die Infrarotstrahlung aus dem
All 'verschlucken', sodass diese nicht mehr von den Spektrometern gemessen
werden kann", erklärt DLR-Projektleiter Heinz Hammes.
In einer Flughöhe von rund 13 Kilometern fliegt SOFIA weitestgehend über dem
Wasserdampf und kann so von Neuseeland aus prominente Sternentstehungsgebiete
wie die Große und die Kleine Magellansche Wolke ungetrübt betrachten und
untersuchen: "Diese Regionen kennen wir zwar schon von optischen Beobachtungen.
Im Infrarotbereich sind sie bisher allerdings kaum erforscht. Hier knüpfen wir
nahtlos an die letzte Beobachtungskampagne vom Juni 2016 an, um noch mehr über
diese Gebiete zu erfahren", so Hammes. Um Materiebewegungen zu untersuchen, wird
das SOFIA-Teleskop auch auf das Zentrum der Milchstraße gerichtet, das von der
südlichen Hemisphäre wesentlich besser und länger als vom Nordhimmel aus
zugänglich ist.
Damit SOFIA ihre vielfältigen Beobachtungen machen kann, werden an das 2,7 Meter
durchmessende Spiegelteleskop verschiedene Instrumente angeschlossen. "In diesem
Jahr kommen in Neuseeland wieder drei Beobachtungsinstrumente zum Einsatz. Mit
ihnen können die Wissenschaftler Sternentstehungsgebiete in den verschiedensten
Stadien ihrer Entwicklung untersuchen", erklärt Hammes. So kommen während dieser
Kampagne die in Deutschland gebauten Ferninfrarotspektrometer GREAT (German
Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) und FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared
Line Spectrometer) sowie das US-amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object
InfraRedCAmera for the SOFIA Telescope) zum Einsatz. Mit ihnen lässt sich die
Gesamtdynamik der Sternentstehung im Detail untersuchen und spektrale
"Fingerabdrücke" von Atomen und Molekülen nehmen, um Gasdichten, Temperaturen
und Geschwindigkeiten der Wolken zu bestimmen.
Ursprünglich betrieb das Spektrometer GREAT einen Detektor, um damit
beispielsweise mehr über die chemische Zusammensetzung von
Sternentstehungsgebieten zu erfahren. Bei dieser Kampagne kommen nun zwei
wesentlich verbesserte Versionen des Instruments zum Einsatz: upGREAT besitzt 21
Detektoren, die auf zwei sogenannten Arrays (14+7) angeordnet sind und nun zum
ersten Mal die gleichzeitige Beobachtung bei zwei unterschiedlichen Frequenzen
parallel ausführen. Mit 4GREAT werden die spektroskopischen Möglichkeiten dann
noch bis hinunter zu 490 GHz erweitert (besonders interessant für Spektrallinien
von Wasser und Ammoniak) und mit vier Einzeldetektoren Beobachtungen in vier
unterschiedlichen Frequenzbereichen gleichzeitig durchgeführt.
"Mit diesen Erweiterungen erhöht sich die Leistungsfähigkeit und die
Beobachtungseffizienz unseres Instruments um mehr als das Zehnfache und neue
bislang unerforschte Frequenzbereiche werden erschlossen ", erläutert Dr. Rolf
Güsten, der Leiter des GREAT-, 4GRAT- und upGREAT-Instruments vom Max-Planck
Institut für Radioastronomie in Bonn. "In diesem Jahr reichen die Untersuchungen
von Kartierung des atomaren Sauerstoffs in den Magellanschen Wolken und im
Galaktischen Zentrum zu Studien der Chemie protoplanetarer Scheiben und
Planetarischer Nebel, bis hin zur Suche nach im Weltall bislang nicht
nachgewiesener Moleküle", ergänzt Güsten.
Bereits zum zweiten Mal erkundet FIFI-LS die Südhemisphäre. Dieses Instrument
mit zwei Detektorarrays misst bei deutlich mehr Wellenlängen als GREAT und kann
schneller großflächige Kartierungen ausgedehnter Molekülwolken vornehmen.
FIFI-LS wird wieder insbesondere die Elemente Sauerstoff, Stickstoff und
Kohlenstoff in Sternentstehungsgebieten und im interstellaren Medium - dem Raum
zwischen den Sternen - beobachten. Diesmal wollen die Astronomen sowohl unsere
Milchstraße als auch ein riesiges Sternentstehungsgebiet der Großen
Magellanschen Wolke sowie andere entferntere Galaxien ins Visier nehmen.
"Damit können wir auch erstmals eine detailgetreue Inventur der Materie in der
Umgebung des galaktischen Zentrums durchführen", erläutert Prof. Alfred Krabbe,
Leiter des FIFI-LS-Instruments und des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) an der
Universität Stuttgart. "Außerdem wollen wir die Materiebewegungen in der
Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße verstehen. Das geht
nur mit SOFIA von Neuseeland aus."
Bei seinen sechs Einsätzen misst FORCAST bei kürzeren Wellenlängen als FIFI-LS
und GREAT und beobachtet insbesondere Staubscheiben um neu entstandene Sterne,
aber auch die von alten Sternen und Supernovae ins Weltall zurückgeschleuderten
Staubmassen. Am 13. August soll SOFIA wieder nach Palmdale zurückfliegen. Nach
einer Wartung des Flugzeugs und des Teleskops sollen dann ab Anfang September
bis Mitte November 2017 weitere 32 Wissenschaftsflüge von Kalifornien aus
durchgeführt werden.
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