Jupiter ist der älteste Planet im Sonnensystem
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster astronews.com
13. Juni 2017
Der Gasriese Jupiter ist nicht nur der größte Planet im
Sonnensystem, sondern auch der älteste. Planetologen aus Münster haben jetzt
eine Studie vorgestellt, nach der die Bildung von Jupiter innerhalb von nur vier
Millionen Jahren nach Entstehung des Sonnensystems abgeschlossen war. Sie folgerten
dies aus der Untersuchung von Meteoriten.

Der Gasriese Jupiter, hier eine Aufnahme der
Sonde Cassini aus dem Dezember 2000, entstand
nach jüngsten Untersuchungen innerhalb von nur
vier Millionen Jahren.
Bild: NASA /JPL / Space Science
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Jupiter ist nicht nur der größte Planet des Sonnensystems, sondern auch der
älteste: Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) ist
es erstmals gelungen, das Alter des Gasriesen zu bestimmen. Bisher war das Alter
Jupiters nicht bekannt – es gab nur Schätzungen. Dies liegt unter anderem daran,
dass es keine Gesteinsproben des Planeten gibt und Forscher daher keine direkten
Messungen durchführen können. Die Münsteraner zogen nun durch Untersuchungen an
Meteoriten Rückschlüsse auf das Alter von Jupiter.
Jupiter war demnach spätestens eine Million Jahre nach Bildung des
Sonnensystems auf die zwanzigfache Masse der heutigen Erde angewachsen. Das
Sonnensystem entstand vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren. Nach Erreichen der 20
Erdmassen dauerte es weitere drei Millionen Jahre, bis die Entstehung Jupiters
abgeschlossen war.
"Trotz seiner großen Masse entstand Jupiter also nach kosmischen Maßstäben
extrem schnell innerhalb von nur vier Millionen Jahren. Zwar haben theoretische
Modelle bereits vorhergesagt, dass Jupiter schnell entstanden sein muss, aber
diese Voraussagen sind sehr ungenau", so Dr. Thomas Kruijer vom Lawrence
Livermore National Laboratory in Kalifornien. Zum Vergleich: Die Erde, die
nur etwa ein 380-stel der Masse Jupiters hat, benötigte ungefähr 100 Millionen
Jahre für ihre Entstehung.
Um das Alter von Jupiter zu bestimmen, gingen die Forscher einen Umweg und
untersuchten Meteorite. Diese Gesteinsbrocken stammen von Asteroiden, die sich
heute in einem Gürtel zwischen Mars und Jupiter befinden. Die münsterschen
Wissenschaftler wiesen mithilfe von Isotopenmessungen nach, dass diese
Asteroiden in zwei unterschiedlichen Regionen des Sonnensystems entstanden:
diesseits und – was für die Wissenschaftler eine überraschende neue Erkenntnis
ist – auch jenseits der Umlaufbahn von Jupiter. Die Forscher nutzten die
Isotopen-Zusammensetzungen wie einen genetischen Fingerabdruck, um
Verwandschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Meteoriten herzustellen.
Durch Altersbestimmungen zeigten sie, dass sich die Asteroide diesseits und
jenseits des Jupiters etwa zwischen einer Million Jahre und vier Millionen
Jahren nach Entstehung des Sonnensystems bildeten. "Während der Entstehung der
Asteroiden gab es keinen Materialaustausch zwischen den beiden Regionen",
erläutert Planetologe Prof. Dr. Thorsten Kleine von der Universität Münster.
"Dies kann man durch die Bildung von Jupiter erklären: Sobald Jupiter etwa 20
Erdmassen erreicht hatte, verhinderte er laut Modellrechnungen den Austausch von
Material von jenseits und diesseits seiner Umlaufbahn."
Im Umkehrschluss hieße dies: Jupiter muss die 20 Erdmassen in weniger als
einer Million Jahren nach Entstehung des Sonnensystems erreicht haben. Nach vier
Millionen Jahren ist die Bildung abgeschlossen Die 20 Erdmassen entsprechen dem
festen Kern des Jupiter. Nachdem dieser Kern aus Gestein entstanden war, wuchs
Jupiter durch das "Ansammeln" von Gas zunächst relativ langsam bis auf etwa 50
Erdmassen an.
Die münsterschen Forscher konnten den Zeitpunkt, an dem Jupiter rund 50
Erdmassen hatte, bestimmen. Denn mit dem Erreichen dieser Masse wurde der
gravitative Einfluss von Jupiter so groß, dass Asteroiden von jenseits seiner
Umlaufbahn in das innere Sonnensystem gestreut wurden. "Dieser Prozess kann
nicht eingesetzt haben, bevor die Bildung der Asteroiden abgeschlossen war,
sonst hätten wir eine Durchmischung des Materials bei der Isotopen-Analyse
festgestellt", erläutert Kruijer.
Den Zeitpunkt des Erreichens der 50 Erdmassen haben die Forscher auf etwa
vier Millionen Jahren nach Entstehung des Sonnensystems eingegrenzt. Danach, so
legen Modellrechnungen nahe, muss der Jupiter durch seine massebedingt starke
Anziehungskraft extrem schnell seine endgültige Masse von 384 Erdmassen durch
das weitere Ansammeln von Gas erreicht haben.
Das sehr schnelle Wachstum von Jupiter hat laut den münsterschen Planetologen
wichtige Implikationen für die frühe Entwicklung des Sonnensystems und die
Entstehungsgeschichte der vier sonnennächsten Planeten Merkur, Venus, Erde und
Mars. So seien durch das Wachstum von Jupiter wasserreiche Asteroiden aus dem
äußeren in das innere Sonnensystem gebracht worden, wo sie unter anderem in die
Erde eingebaut worden sein könnten. Diese wasserreichen Asteroiden seien also
möglicherweise die Quelle des irdischen Wassers.
Das schnelle Wachstum von Jupiter habe aber auch verhindert, dass große
Mengen von Material in das innere Sonnensystem gelangten. Das könnte erklären,
warum Mars relativ klein geblieben sei und warum es in unserem Sonnensystem im
Gegensatz zu vielen extrasolaren Sternensystemen keine "Super-Erden", also
besonders große terrestrische Planeten, gibt.
"Dass wir Meteoriten haben, welche jenseits von Jupiter entstanden sind, ist
eine völlig neue Erkenntnis", unterstreicht Kleine. "Sie verändert unser
Verständnis des frühen Sonnensystems nachhaltig."
Die Arbeit entstand im Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio (TRR)
170 "Spätes Wachstum erdähnlicher Planeten" an der WWU Münster und wurde von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie dem europäischen Forschungsrat (ERC)
unterstützt. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in der aktuellen
Ausgabe des Fachmagazins Proceedings of the National Academy of Science of
the United States of America.
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