Neutronenstern in RCW 86 hat Begleiter
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
25. April 2017
Viele massereiche Sterne beenden ihr stellares Leben als
sogenannte Supernova und leuchten dabei kurzzeitig so hell wie eine ganze
Galaxie. Ein internationales Astronomen-Team hat nun im Supernova-Überrest RCW
86 einen Stern entdeckt, der durch die Supernova seines Nachbarn mit großen
Mengen Kalzium angereichert wurde - der Fund könnte Folgen für die Theorie der
Supernovae haben.

Das internationale Astronomen-Team entdeckte
in dem Supernova-Überrest RCW 86 erstmals ein
Doppelsternsystem aus einem Neutronenstern und
einem sonnenähnlichen Stern.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA [Großansicht] |
Sterne können am Ende ihrer Entwicklung als Supernova explodieren. Dabei
entsteht ein sogenannter Supernova-Überrest – eine riesige Gaswolke aus
Wasserstoff, Helium und schweren Elementen, die aus dem explodierten
Himmelskörper stammen. Von dem bleibt meist nur ein kleiner, extrem kompakter
Rest – ein Neutronenstern - oder gar nur ein schwarzes Loch zurück.
Viele der Sterne, die vom Firmament leuchten, sind allerdings möglicherweise gar
keine Einzelobjekte: Fachleute vermuten, dass massereiche Sterne in Wirklichkeit
oft Doppelsterne sind, also Systeme, in denen zwei Partner umeinander kreisen.
Bei diesem Tanz können die beiden Materie austauschen; mitunter sind sie auch
von einer gemeinsamen Hülle umgeben. Sie stehen also in enger Symbiose.
Wenn in Doppelsternen ein Partner explodiert, kann das Paar unter Umständen
fortbestehen. Es entsteht dann ein Doppelstern, dessen eine Komponente ein
Neutronenstern ist. "Genau ein solches Gebilde haben wir nun unter die Lupe
genommen", erklärt Prof. Dr. Norbert Langer vom Argelander-Institut für
Astronomie der Universität Bonn. Das internationale Team unter Leitung von Dr.
Vasilii Gvaramadze aus Moskau nahm einen auffällig geformten Supernova-Überrest
unter die Lupe, in dem sie ein solches Doppelsternsystem vermuteten.
Neutronensterne verraten sich dadurch, dass sie Röntgenstrahlung emittieren. Die
Forscher fahndeten daher mit einem hoch empfindlichen Röntgendetektor, dem
Weltraumteleskop Chandra, nach entsprechenden Emissionen. Mit Erfolg:
Sie konnten im Südwestbereich des Nebels einen Neutronenstern identifizieren. In
Aufnahmen des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO
zeigte sich an der gleichen Stelle zudem ein sehr schwach leuchtender "normaler"
Stern.
Nach weiteren Untersuchungen – unter anderem mit dem Parkes-Radioteleskop in
Australien – stand fest, dass es sich tatsächlich um ein Doppelsternsystem
handelt. "Einer der Partner, der Neutronenstern, strahlt dabei nur im
Röntgenbereich, während der andere, ein sonnenähnlicher Stern, bei Wellenlängen
zu sehen ist, die unser Auge wahrnehmen kann", erklärt Langer.
Es ist das erste Mal, dass ein solcher sonnenähnlicher Begleitstern in einem
Supernova-Überrest gefunden wurde. Die Wissenschaftler haben sein
Strahlungsspektrum detailliert untersucht. Dadurch erhielten sie einen Einblick
in den Zustand und die Entwicklung des Doppelsternsystems. So ergab die
Untersuchung, dass der Begleitstern große Mengen Kalzium enthält – weit mehr als
etwa unsere Sonne.
Diese Anreicherung lässt sich jedoch mit den gängigen Theorien der
Supernova-Entstehung nicht erklären. Sie deutet stattdessen auf ein besonderes
Szenario hin, bei dem mehr Kalzium erzeugt wird. Dieses Szenario wiederum hätte
weitreichende Konsequenzen: So haucht nicht jeder Stern sein Leben in einer
Supernova-Explosion aus; nur besonders massereiche Exemplare verabschieden sich
mit einem solch spektakulären Ende.
Die neuen Beobachtungen korrigieren dieses Bild: "Möglicherweise können doch
auch masseärmere Sterne als bisher angenommen eine Supernova-Explosion
erzeugen", erklärt Langer. "Der Begleitstern liefert uns wichtige Daten, mit
denen wir unsere Theorien zu Supernova-Explosionen neu bewerten können."
Über ihre Untersuchung berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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