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SCHWARZE LÖCHER
Das Innere von Messier 87 
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
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21. April 2017

Im Zentrum der Galaxie M87 befindet sich ein gewaltiges Schwarzes Loch mit einer Masse von sechs Milliarden Sonnenmassen. Vom Zentralbereich geht auch ein eindrucksvoller gebündelter Partikelstrahl aus, ein sogenannter Jet. Die Analyse von Radiobeobachtungen lieferte nun neue Hinweise für die Verbindung von Akkretionsscheibe und Jet von M87 durch turbulente Prozesse.

M87

Beobachtung des Jets von M87 mit dem Weltraumteleskop Hubble. Der Ausschnitt zeigt die Zentralregion, wo der Jet in einem turbulenten Prozess entsteht und durch ein großskaliges Magnetfeld gebündelt abgestrahlt wird. Bild: J. A. Biretta et al., Hubble Heritage Team (STScI /AURA), NASA; Axel. M. Quetz/MPIA, S. Britzen/MPIfR  [Großansicht]

Supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien sind eines der rätselhaftesten Phänomene in der modernen Astrophysik. Ihr gewaltiger Energieausstoß wird im Allgemeinen auf die Umwandlung von Gravitationsenergie in Strahlung zurückgeführt. Aktive Schwarze Löcher produzieren Strahlung über das Ansammeln (die "Akkretion") von Materie. Es entsteht eine sogenannten Akkretionsscheibe, die die Zentralquelle umgibt.

Ein deutliches Anzeichen für den Akkretionsvorgang im Zentralbereich von Galaxien stellen Jets von enormer Ausdehnung dar, die sich über etliche Millionen Lichtjahre Entfernung vom Galaxienzentrum aus erstrecken und damit weit über den sichtbaren Bereich der Galaxie hinausragen. M87, die Zentralgalaxie des Virgo-Galaxienhaufens in Richtung des Sternbilds Jungfrau liegt in einer Entfernung von ungefähr 50 Millionen Lichtjahren. Sie stellt die zweitnächste Galaxie mit einem aktiven Galaxienkern dar und enthält in ihrem Zentrum ein aktives Schwarzes Loch mit einer Masse von rund sechs Milliarden Sonnenmassen.

M87 war die erste Galaxie, bei der ein Jet gefunden werden konnte, und zwar bereits in optischen Beobachtungen am Lick-Observatorium vor rund 100 Jahren: "ein bemerkenswerter geradliniger Materiestrahl, der mit dem Galaxienkern verbunden scheint", so schrieb der Astronom Heber Curtis im Jahr 1918. Der Jet von M87 ist einer der am sorgfältigsten untersuchten astrophysikalischen Jets. Er ist über das gesamte elektromagnetische Spektrum - von Radiowellen bis zu Röntgenwellen - sichtbar.

M87 stellt ebenfalls die erste Galaxie dar, für die Signale selbst bei den höchsten Gammastrahlungsenergien im Teraelektonenvolt-Bereich nachgewiesen werden konnten. Trotz einer Fülle von Beobachtungsmaterial ist die genaue Art und Weise, wie der leuchtkräftige Jet an das akkretierende Schwarze Loch koppelt, unbekannt.

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Die Forscher sind dieses Problem dadurch angegangen, dass sie interferometrische Radiobeobachtungen von M87 mit dem Very Long Baseline Array (VLBA) analysiert haben. Das VLBA verbindet Radioteleskope von Hawaii bis zu den Virgin Islands miteinander. Dadurch kann bei einer Frequenz von 15 GHz (bzw. zwei Zentimeter Wellenlänge) eine Winkelauflösung von nur 0,6 Millibogensekunden am Himmel erreicht werden - das entspricht gerade mal 0,16 Lichtjahren oder 84 sogenannte Schwarzschildradien für M87.

Obwohl bereits mehr als hundert Jets von aktiven Schwarzen Löchern detailliert untersucht werden konnten, bietet nur M87 die Möglichkeit, die unmittelbarste Nachbarschaft des zentralen Schwarzen Lochs zu erforschen. Die Radiobeobachtungen wurden im Rahmen des MOJAVE-Projekts (MOJAVE steht für Monitoring of Jets in Active galactic nuclei with VLBA Experiments) durchgeführt.

"Wir haben diese Daten erneut analysiert, um so einen Einblick in die komplexen Prozesse zu gewinnen, die den Jet und die Akkretionsscheibe von M87 miteinander verbinden", sagt Silke Britzen vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR). "Soweit wir wissen, ist dies das erste Mal, dass die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Fußpunkt des Jets, also seiner Entstehung, und dem Aufladen des Jets mit Material untersucht werden konnten."

Schnelle turbulente Prozesse bei denen magnetische Rekonnektion ein wichtige Rolle spielt, wie man sie im kleineren Maßstab von Vorgängen auf der Sonnenoberfläche her kennt, bieten die beste Möglichkeit zur Erklärung der Beobachtungsergebnisse. "Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die Oberfläche der Akkretionsscheiben sich ähnlich verhält wie die Sonnenoberfläche – blubberndes heißes Gas mit ständiger magnetischer Aktivität wie Rekonnektion und Strahlungsausbrüchen", fügt Christian Fendt vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) hinzu, der auch zum Wissenschaftlerteam gehörte und ein Experte für die die theoretische Modellierung von Jets ist.

Während nahe der Oberfläche der Akkretionsscheibe eher kleinskalige magnetische Strukturen die Massenübertragung in die Jets dominieren, bleibt über größere Distanzen hin nur das globale spiralförmige Magnetfeld bestehen und dirigiert die Bewegung des Jets. In Zukunft werden Beobachtungen bei noch höheren Frequenzen und somit besserer Winkelauflösung im Rahmen des Event-Horizon-Teleskops es ermöglichen, sich den supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von aktiven Galaxien noch weiter zu nähern.

"Es gibt nur zwei Zielobjekte, die es uns erlauben, den Ereignishorizont selbst als Schatten in den Radiobeobachtungen abzubilden", stelle Andreas Eckart von der Universität zu Köln fest. "Das zentrale Schwarze Loch in der Galaxie M87 und dasjenige im Zentrum unserer Milchstraße. Beide sind sehr unterschiedlich, sowohl in der Aktivität als auch in ihrer Masse. Aber auch in ihrer Entfernung von uns sind sie verschieden. Dadurch erscheint in beiden Objekten das Schwarze Loch in vergleichbarer Winkelauflösung am Himmel und es sollte auch bei beiden ein dunkler Schatten von ähnlicher Größe sichtbar werden."

Vladimir Karas vom Astronomical Institute of the Czech Academy of Sciences betont, dass die Beobachtungsergebnisse für M87 als Grundlage für weitere Untersuchungen sowohl von Beobachtungen als auch von der Theorie her dienen könnten. Die direkte Umgebung eines Schwarzen Lochs umfasst einen sehr interessanten als Ergosphäre bezeichneten Bereich, der aber noch jenseits der Auflösung der derzeitigen Generation von Teleskopen liegt. Die Beobachtungen im Rahmen des Event-Horizon-Teleskop-Projekts mit der höchsten derzeit verfügbaren Winkelauflösung haben in den ersten beiden Aprilwochen 2017 stattgefunden. Die Ergebnisse dieser Beobachtungen könnten dazu beitragen, das in der jetzt vorgestellten Arbeit präsentierte Modell weiter zu verfeinern und die Verbindung zwischen Jets und supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien besser zu verstehen.

Über ihre Untersuchung berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomie & Astrophysics erschienen ist.

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siehe auch
Zentrales Schwarzes Loch: Das Magnetfeld am Ereignishorizont - 4. Dezember 2015
Event Horizon: Dem Ereignishorizont immer näher - 23. April 2015
Schwarze Löcher: Ereignishorizont im Visier - 18. Dezember 2013
VLBI: Detaillierter Blick ins Zentrum eines Quasars - 18. Juli 2012
VLBA: Jagd nach dem Schatten des Schwarzen Lochs - 7. November 2005
Milchstraße: Der Durchmesser des zentralen Schwarzen Lochs - 5. April 2004
Links im WWW
Fachartikel in Astronomy & Astrophysics
Max-Planck-Institut für Radioastronomie
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