Radio-Loch um fernen Galaxienhaufen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
21. März 2017
Mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA ist es Astronomen
erstmals gelungen, ein Loch in der Radiostrahlung um einen 4,8 Milliarden
Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen nachzuweisen. Das Loch entstand durch den
sogenannten Sunyaev-Zel'dovich-Effekt. Es ist das erste Mal, dass Bilder von
ALMA dieses Phänomen zeigen.
Das Bild zeigt die Messung des Sunyaev-Zel'dovich-Effekts
im Galaxienhaufen RX J1347.5-1145 mit ALMA
(blau). Das Hintergrundbild wurde vom
Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen. Die
ALMA-Beobachtungen zeigen ein "Loch", das durch
den Effekt verursacht wird.
Bild: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO), Kitayama et
al., NASA / ESA Hubble Space Telescope [Großansicht] |
Mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) konnten
Astronomen nun zum ersten Mal erfolgreich ein Radio-"Loch" um einen 4,8
Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen nachweisen. Das Bild hat die
höchste Auflösung, mit der jemals ein solches Loch abgebildet werden konnte, das
durch den sogenannten Sunyaev-Zel'dovich-Effekt verursacht wird. Mit dem Bild
stellt ALMA eindrucksvoll seine Fähigkeit unter Beweis, die Verteilung und
Temperatur des Gases um Galaxienhaufen mithilfe des Sunyaev-Zel'dovich-Effekts
zu untersuchen.
Ein Forscherteam unter der Leitung von Tetsu Kitayama, an der Toho Universität
in Japan, und Eiichiro Komatsu, am Max-Planck-Institut für Astrophysik in
Deutschland, untersuchten mit ALMA das heiße Gas in einem Galaxienhaufen. Das
heiße Gas ist eine wichtige Komponente, um die Eigenschaften und die Entwicklung
der Galaxienhaufen zu verstehen.
Auch wenn das heiße Gas selbst keine Radiowellen ausstrahlt, die mit ALMA
nachgewiesen werden könnten, so streut es stattdessen die Radiowellen des
kosmischen Mikrowellenhintergrundes und erzeugt ein "Loch" rund um den
Galaxienhaufen. Dies wird als Sunyaev-Zel'dovich-Effekt bezeichnet. Das Team
beobachtete den Galaxienhaufen RX J1347.5-1145, der 4,8 Milliarden Lichtjahre
entfernt ist.
Dieser Galaxienhaufen ist bei Astronomen für seinen stark ausgeprägten Sunyaev-Zel'dovich-Effekt
bekannt und wurde schon oft mit Radioteleskopen beobachtet. Diese Beobachtungen
zeigten eine ungleichmäßige Verteilung des heißen Gases in diesem Haufen, die in
Röntgenbeobachtungen nicht beobachtet werden konnte. Die Astronomen brauchten
daher eine höhere Auflösung. Mit hochauflösenden Radiointerferometern konnte
diese aber nur schwer erreicht werden, da das heiße Gas im Galaxienhaufen
relativ gleichmäßig und über eine große Fläche verteilt ist.
ALMA nutzte das Atacama Compact Array, um diese Schwierigkeit zu überwinden.
Diese Installation bietet mit ihren kleinen Antennen und der dicht gepackten
Antennenkonfiguration ein breiteres Gesichtsfeld. So erhielt das Team ein Bild
des Sunyaev-Zel'dovich-Effekt von RX J1347.5-1145 mit einer doppelt so hohen
Auflösung und zehnmal besserer Empfindlichkeit als bisherige Beobachtungen. Dies
ist das erste Bild des Sunyaev-Zel'dovich-Effekts mit ALMA.
"Die neue ALMA-Beobachtung bestätigt nicht nur die bisherigen Beobachtungen,
sondern liefert uns auch ein Bild mit der höchsten Auflösung und der höchsten
Empfindlichkeit. Damit wird eine neue Ära der Wissenschaft mit dem Sunyaev-Zel'dovich-Effekt
eingeläutet", sagt Komatsu. "Aufgrund der Diskrepanz zwischen den Radio- und den
Röntgenbeobachtungen gehen wir inzwischen davon aus, dass dieser Galaxienhaufen
gerade eine gewaltige Verschmelzung erlebt, und wir denken, dass einer der
Gasklumpen unglaublich heiß ist."
Der kosmische Mikrowellenhintergrund ist die Reststrahlung des Urknalls und
seine Radiowellen erreichen uns aus allen Richtungen. Wenn diese Strahlung das
heiße Gas in einem Galaxienhaufen durchdringt, interagieren die Radiowellen mit
energiereichen Elektronen im heißen Gas und gewinnen an Energie. Dadurch wird
die Strahlung von Radiowellen zu einer höheren Energie hin verschoben. Von der
Erde aus beobachtet, ist die Intensität des CMB im ursprünglichen Energiebereich
rund um den Galaxienhaufen geringer. Dies wird als "Sunyaev-Zel'dovich-Effekt"
bezeichnet, benannt nach Rashid Sunyaev, derzeit Direktor am Max-Planck-Institut
für Astrophysik, und Yakov Zel'dovich, die diesen Effekt als Erste im Jahr 1970
vorhersagten.
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in insgesamt vier Fachartikeln, die
in der Zeitschriften Nature und The Astrophysical Journal
erschienen sind bzw. eingereicht wurden.
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