Signale von kurz nach dem Urknall?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Basel astronews.com
13. Februar 2017
Mithilfe von Gravitationswellen könnte man vielleicht weiter
in die Vergangenheit zurückblicken, als dies bislang möglich ist. Physiker der
Universität Basel haben jetzt das Signal bestimmter Gravitationswellen-Quellen
berechnet, welches Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall entstanden ist. Es
scheint überraschend stark zu sein. Nun muss es nur noch nachgewiesen werden.

Die kosmische Hintergrundstrahlung ist das
bislang älteste Signal, das wir empfangen können.
Sie entstand rund 380.000 Jahre nach dem Urknall.
Gravitationswellen könnten aus noch früherer Zeit
nachweisbar sein.
Bild: NASA / WMAP Science Team [Gesamtansicht] |
Gravitationswellen hat bereits Albert Einstein vorhergesagt,
tatsächlich nachweisen konnte man sie aber erst im Herbst 2015. Hochsensible
Detektoren empfingen damals die Wellen, die bei der Verschmelzung zweier
Schwarzer Löcher entstanden sind. Gravitationswellen sind anders als alle
anderen bekannten Wellen. Während sie sich durch das Universum fortpflanzen,
stauchen und strecken sie die Raumzeit, oder anders: sie verzerren die Geometrie
des Raumes selbst. Obwohl jede sich beschleunigende Masse Gravitationswellen
aussendet, lassen sie sich nur bei extrem großen Massen wie Schwarzen Löchern
oder Sternenexplosionen messen.
Gravitationswellen liefern aber nicht nur Erkenntnisse zu solchen
astrophysikalischen Großereignissen, sondern bieten auch Einblick in die
Entstehung des Universums selbst. Um mehr über diese Phase des Alls zu erfahren,
erforschen Prof. Stefan Antusch und sein Team vom Departement Physik der
Universität Basel den sogenannten stochastischen Gravitationswellenhintergrund.
Dieser Hintergrund besteht aus Gravitationswellen von sehr vielen Quellen,
die sich überlagern und zusammen ein breites Spektrum an Frequenzen ergeben. Die
Basler Physiker berechnen Vorhersagen zu den Frequenzbereichen und zur Stärke
der Wellen, die dann in Experimenten getestet werden können.
Kurz nach dem Urknall war das heute sichtbare Universum noch sehr klein,
dicht und heiss. "Man kann sich das etwas in der Größe eines Fußballes
vorstellen", erklärt Antusch. Das gesamte Weltall war auf diesen sehr engen Raum
komprimiert und äußerst turbulent. Die Kosmologie geht heute davon aus, dass das
Universum damals von dem Inflaton-Teilchen und seinem dazugehörigen Feld
dominiert wurde.
Das Inflaton fluktuierte stark und diese Fluktuationen hatten besondere
Eigenschaften. Sie bildeten beispielsweise Klumpen, schwankten also in
lokalisierten Bereichen. Diese Bereiche nennt man "Oscillons". Man kann sie sich
als stehende Wellen vorstellen. "Obwohl die Oscillons schon lange nicht mehr
existieren, sind die Gravitationswellen, die sie ausgesandt haben,
allgegenwärtig – durch sie können wir weiter zurückschauen als jemals zuvor",
zeigt sich Antusch überzeugt.
Der theoretische Physiker und sein Team konnten in numerischen Simulationen
berechnen, wie das Signal der Oscillons, welches nur Bruchteile von Sekunden
nach dem Urknall ausgesendet wurde, aussieht. Es erscheint als starker Peak in
dem ansonsten breiten Frequenzspektrum der Gravitationswellen.
"Wir hätten vor unseren Berechnungen nicht gedacht, dass Oscillons ein solch
starkes Signal bei einer bestimmten Frequenz erzeugen können", erläutert Antusch.
Die Vorhersage ist allerdings nur der erste Schritt: Entscheidend wird nun sein,
ob sich das berechnete Signal mit Detektoren auch tatsächlich nachweisen lässt.
Über ihre Untersuchungen berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Fachzeitschrift Physical Review Letters.
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