Wie die Dinosaurier ausstarben
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
16. Januar 2017
Nicht der Staub, der nach einem gewaltigen Einschlag eines
Asteroiden vor rund 66 Millionen Jahren in die Atmosphäre gewirbelt wurde,
besiegelte das Ende der Dinosaurier, sondern winzige Schwefelsäuretröpfchen. Das
ergaben jetzt neue Simulationen von Klimaexperten aus Potsdam. Die Temperatur auf
der Erde fiel damals für mehrere Jahre um mindestens 26 Grad.

Der Einschlag eines Asteroiden vor rund 66
Millionen Jahren besiegelt das Ende der
Dinosaurier.
Bild: JPL / NASA / Don Davis [Gesamtansicht] |
Vor 66 Millionen Jahren hat das plötzliche Aussterben der Dinosaurier den
Siegeszug der Säugetiere ermöglicht – und damit letztlich die Herrschaft des
Menschen. Klimawissenschaftler haben jetzt rekonstruiert, wie winzige Tröpfchen
von Schwefelsäure , die sich nach dem bekannten Einschlag eines großen
Asteroiden auf der Erde hoch oben in der Luft gebildet und für mehrere Jahre
einen erheblichen Teil der Sonneneinstrahlung auf unseren Planeten blockiert
haben, das Leben auf der Erde beeinflussten. Pflanzen starben, und der Tod
wanderte durch die Nahrungsnetze.
Frühere Theorien fokussierten sich auf einen kurzfristigeren Effekt: auf den
Staub, der durch den Einschlag empor geschleudert wurde. Die neuen
Computer-Simulationen zeigen, dass die Tröpfchen in der Atmosphäre eine
langanhaltende Abkühlung auslösten, die wahrscheinlich zum Ende der an Land
lebenden Dinosaurier beitrug. Ein zusätzlicher tödlicher Mechanismus könnte die
starke Durchmischung der Ozeane gewesen sein, ausgelöst von der Abkühlung an der
Oberfläche, die eine heftige Störung der Ökosysteme im Meer auslöste.
"Die große Kälte nach dem Einschlag des Asteroiden, der den Chicxulub-Krater in
Mexiko formte, ist ein Wendepunkt in der Erdgeschichte", sagt Julia Brugger vom
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). "Wir bieten nun neue
Erkenntnisse zum viel diskutierten Untergang der Dinosaurier am Ende der
Kreidezeit." Erstmals haben die Wissenschaftler das Phänomen mit einer
besonderen Art von Computer-Simulationen untersucht, die normalerweise in
anderem Zusammenhang eingesetzt werden: ein Klima-Modell, das Prozesse in
Atmosphäre, Ozean und Meer-Eis koppelt.
Sie knüpfen dabei an vorhandene Forschung zu den schwefelhaltigen Gasen an, die
bei dem heftigen Einschlag des Asteroiden verdampften und der wesentliche Grund
für das Abschirmen des Sonnenlichts und die damalige Abkühlung der Erde waren.
"Es wurde kalt, und zwar richtig kalt", erklärt Brugger. Die globale
Jahresmittel-Temperatur an der Erdoberfläche fiel um mindestens 26 Grad. Die
Dinosaurier waren ein Leben im warmen Klima gewöhnt. Nach dem Einschlag des
Asteroiden war die Temperatur im Jahresdurchschnitt etwa drei Jahre lang unter
dem Gefrierpunkt. Sogar in den Tropen sank die jährliche Mitteltemperatur von 27
auf 5 Grad Celsius.
"Die langfristige Abkühlung durch die Sulfat-Aerosole war viel wichtiger für das
Massensterben als der Staub, der nur vergleichsweise kurz in der Atmosphäre
blieb. Und auch wichtiger als lokale Ereignisse wie die extreme Hitze in der
Nähe des Einschlagortes, Waldbrände und Tsunamis", sagt Georg Feulner, der das
Forschungs-Team am PIK leitet. Es dauerte rund 30 Jahre, bis das Klima sich
wieder erholt hatte, so fanden die Wissenschaftler heraus.
Zusätzlich wurde auch die Ozeanzirkulation gestört. Das Oberflächenwasser kühlte
ab, wurde deshalb dichter und damit schwerer. Während diese kühleren
Wassermassen absanken, stieg wärmeres Wasser aus tieferen Schichten auf und
transportierte damit Nährstoffe an die Oberfläche. Das löste wahrscheinlich eine
massive Algenblüte aus, so die Forscher. Es ist vorstellbar, dass diese
Algenblüte Giftstoffe erzeugte, die das Leben an den Küsten schädigten. In jedem
Fall wurden die Ökosysteme im Meer schwer erschüttert, und dies trug
wahrscheinlich zum Artensterben in den Ozeanen bei, etwa zum Aussterben der
bekannten Ammoniten.
Die Dinosaurier, bis dahin die Herrscher der Erde, machten dem Aufstieg der
Säugetiere und damit letztlich der Menschheit Platz. Die Studie zur
Erdvergangenheit zeigt damit auch, dass die Erforschung zukünftiger Bedrohungen
durch Asteroiden nicht allein von akademischem Interesse ist.
"Es ist faszinierend zu sehen, wie die Evolution zum Teil von Zufällen wie dem
Einschlag eines Asteroiden angetrieben wird. Massen-Aussterben in der
Erdgeschichte zeigen, dass das Leben auf unserer Erde durchaus verletzlich ist",
so Feulner. "Es veranschaulicht auch, wie wichtig das Klima für alle
Lebensformen auf unserem Planeten ist. Ironischerweise ist heute die direkteste
Bedrohung nicht etwa eine natürliche Abkühlung, sondern die menschgemachte
Erwärmung."
Über ihre Studie berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in den
Geophysical Research Letters erschienen ist.
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