Die schwachen Magnetfelder der Sonne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
5. Dezember 2016
GREGOR, das größte Sonnenteleskop Europas, wurde vor vier
Jahren offiziell eingeweiht und begann 2014 mit wissenschaftlichen Messungen.
Jetzt legten Forscher die ersten Ergebnisse vor: Unter anderem konnten sie die
kleinskaligen und sehr schwachen Magnetfelder in den ruhigen Regionen der Sonne
detaillierter messen als je zuvor.
Ein Blick auf den Hauptspiegel von GREGOR.
Mit einem Durchmesser von 1,5 Metern zählt er
weltweit zu den Größten unter den
Sonnenteleskopen.
Bild: MPS (H.-P. Doerr) [Großansicht] |
Die Sonne bietet nicht immer ein imposantes Schauspiel aus heftigen Eruptionen,
veränderlichen Sonnenflecken und starken Magnetfeldern - und schon gar nicht
überall auf ihrer Oberfläche. Selbst in Phasen hoher Aktivität zeigt sich der
Großteil unseres Sterns von seiner leisen Seite. Die kleinskaligen, äußerst
schwachen Magnetfelder, die charakteristisch sind für diese sogenannten ruhigen
Gebiete auf Sonne, lassen sich nur schwer messen. Forschern unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen ist dies nun
mit bisher unerreichter Genauigkeit gelungen. Sie nutzten dazu das
Sonnenteleskop GREGOR, das 2012 als Teil des Teide Observatoriums auf Teneriffa
eingeweiht wurde.
In gewisser Weise gleicht die ruhige Sonne einem Topf blubbernd kochenden
Wassers. Heißes Plasma steigt aus der Tiefe auf, kühlt sich ab und sinkt wieder
hinab. An der sichtbaren Oberfläche, der Photosphäre, führt dieser Kreislauf zu
einem Muster aus kleinskaligen Blasen, die sich ständig verändern. Die
sogenannten Granulen messen nur etwa 1000 Kilometer im Durchmesser.
"Die ruhige Sonne ist der Normalzustand unseres Sterns", erklärt Prof. Dr. Sami
K. Solanki, geschäftsführender Direktor des MPS. "Nur wenn wir diesen Zustand
genau kennen, können wir verstehen, wie die Magnetfelder der Sonne entstehen und
wie die magnetische Energie in die darüber liegenden Schichten transportiert
wird." Allerdings erweisen sich die Magnetfelder, welche die ruhige Sonne
auszeichnen, als notorisch schwer zu messen: Sie sind nicht nur sehr kleinskalig,
sondern auch äußerst schwach.
Die bisher besten Messungen stammen vom japanischen Weltraumteleskop Hinode;
doch nicht wenige der Messwerte gehen im Rauschen des Teleskops unter. Mit dem
bodengebundenen Sonnenteleskop GREGOR konnten die Forscher um Dr. Andreas Lagg
vom MPS nun eine dreimal so hohe Empfindlichkeit erreichen. "Anders als Hinode
untersucht GREGOR unter anderem das infrarote Licht, das die Sonne abstrahlt",
erklärt Lagg.
Die größere Wellenlänge sorgt für eine höhere Empfindlichkeit der Messungen.
Zusammen mit der guten räumlichen Auflösung, die der Hauptspiegel von GREGOR mit
seinem Durchmesser von 1,5 Metern gewährleistet, ergab sich ein neuer Rekord:
Die Forscher konnten solare Magnetfelder mit einer Stärke von einigen Gauss bis
auf 250 Kilometer auflösen. Zum Vergleich: Die Magnetfelder innerhalb von
Sonnenflecken können bis zu 1000-mal so stark sein.
GREGOR ist Europas größtes Sonnenteleskop und zählt zu den leistungsfähigsten
der Welt. Neben dem großen Hauptspiegel punktet GREGOR durch eine adaptive
Optik, welche störende Einflüsse von Turbulenzen in der Erdatmosphäre
blitzschnell ausgleicht. Vor vier Jahren wurde GREGOR offiziell eingeweiht. Nach
einer Phase technischer Beobachtungen begannen 2014 die ersten
wissenschaftlichen Messkampangen.
Im Rahmen dieser Kampagnen blickten MPS-Forscher auch auf die Randbereiche
einzelner Sonnenflecken. Diese dunklen Gebiete überziehen die sichtbare
Oberfläche der Sonne im Laufe ihres elfjährigen Aktivitätszyklus mal mehr, mal
weniger zahlreich. Ihre Ränder muten wie filigrane, fingerartig ausgefranste
Kränze an. Die dazugehörigen Magnetfeldstrukturen sind in der Photosphäre hoch
komplex. Wie sie sich in höheren Schichten fortsetzen, war bisher offen, denn
auch dort erschwerte die geringe Stärke der Magnetfelder die Messungen.
Dank GREGOR sind nun auch diese leisen Töne der Sonne zugänglich. Dem
Forscherteam unter Leitung von Dr. Jayant Joshi vom MPS und der Universität von
Stockholm gelangen nun empfindliche Messungen dieser Felder in der oberen
Chromosphäre der Sonne. Dabei zeigte sich, dass die filigrane magnetische
Struktur der Photosphäre auch in diesen höheren Schichten noch erkennbar ist.
Das Sonnenteleskop GREGOR ist Teil des Teide Observatoriums auf Teneriffa. Es
wird geleitet vom Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg. Das MPS und
das Leibniz Institut für Astrophysik in Potsdam sind zu je 20 Prozent an dem
Teleskop beteiligt. Über die ersten GREGOR-Ergebnisse berichten insgesamt neun
Artikel, die in einer Sonderausgabe der Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics erschienen sind.
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