Vier Satelliten auf einen Streich
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
17. November 2016
Das europäische Satellitennavigationssystem Galileo
wächst weiter - und das jetzt schneller: Heute gelangten mit einer
Ariane-5-Rakete erstmals vier Galileo-Satelliten auf einmal ins All.
Mit nunmehr 18 Satelliten im Orbit können jetzt bereits erste Dienste angeboten
werden. Der Start war zudem der 75. erfolgreiche Start einer Ariane 5
in Folge.
Erstmals wurden von einer Ariane-5-Rakete
gleich vier Galileo-Satelliten in ihre
Umlaufbahnen gebracht.
Bild: ESA / P. Carril [Großansicht] |
Antonianna, Lisa, Kimberley und Tijmen - so heißen die vier Galileo-Satelliten,
die heute um 14.06 Uhr MEZ erstmals mit einer speziell angepassten Version des
europäischen Schwerlastträgers Ariane 5 vom europäischen
Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guyana gestartet sind. Bisher brachte
eine Sojus-Rakete jeweils zwei der über 700 Kilogramm schweren
Navigationssatelliten auf ihre Umlaufbahnen in 23.222 Kilometer Höhe. Die
leistungsstärkere Ariane 5 kann hingegen gleich vier Stück auf einmal
transportieren.
Damit sind nun 18 Satelliten im Orbit und erfüllen so die Bedingung, dass die
ersten Galileo-Dienste von der Europäischen Kommission bereitgestellt
werden können. "Dazu gehört der offene Dienst, mit dem die Bürger dann zum
Beispiel mit Navigationsgeräten ihre Position genauer als je zuvor bestimmen
können.
Auch der Such- und Rettungsdienst soll eingeschränkt zur Verfügung stehen.",
erklärt René Kleeßen, Galileo-Programm-Manager beim Raumfahrtmanagement
des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Kommerzielle Dienste
werden allerdings noch nicht starten. Vollständig funktionsfähig wird das System
Galileo sein, wenn im Jahr 2020 30 Satelliten die Erde umkreisen - 24
in Funktion und sechs als möglicher Ersatz.
Damit Europas Satellitennavigationssystem nun zügig voranschreitet, sind zwei
weitere Starts mit der Ariane 5ES geplant. "Das beschleunigt den Ausbau
des Systems erheblich und sorgt dafür, dass wir den Zeitplan nun einhalten
können - ein wichtiger Schritt, da Hersteller weltweit darauf warten, ihre neuen
Chipsätze in Smartphones und Navigationsempfänger einzubauen und auf den Markt
zu bringen. Jetzt wo 18 Satelliten im All sind, ist der Startschuss dafür
gefallen", lobt Kleeßen die neuen Startmöglichkeiten mit der Ariane 5.
Hier greift man auf die Raketenversion 5ES mit der wiederzündbaren Oberstufe
EPS und ihrem Aestus-Triebwerk - gebaut von Airbus Safran Launchers
(ASL) in Ottobrunn - zurück. "Gerade diese Wiederzündungen sind wichtig, da die
Ariane 5ES - anders als ihre Schwester ECA - die Satelliten diesmal in
einem kreisförmigen Orbit aussetzt und damit auch eine weitere Zündung am
erdfernsten Punkt der Flugstrecke selbst vornimmt", erklärt Denis Regenbrecht,
der im Raumfahrtmanagement des DLR für das Ariane-Programm zuständig
ist.
Dazu wird nach der ersten elfminütigen Zündung und der anschließenden, mehr
als dreistündigen antriebslosen Freiflugphase Aestus nochmal für
sechseinhalb Minuten eingeschaltet. Nach Ende dieser Flugphase werden die
Satelliten dann in einer Höhe von 22.900 Kilometern ausgesetzt. Danach verwenden
die Galileo-Satelliten ihren eigenen Antrieb, um ihren Zielorbit zu
erreichen, während die EPS-Oberstufe nach Tankentleerung und Druckabbau in einem
Friedhofsorbit kreist.
Zwar kam die Ariane-Version 5ES schon fünfmal erfolgreich zur Versorgung der
Internationalen Raumstation ISS mit dem Automated Transfer Vehicle
(ATV) zum Einsatz. Doch brachte dieser europäische Raumtransporter rund 20
Tonnen auf die Waage - ein echtes Schwergewicht. Die vier Galileo-Satelliten
wiegen jeweils nur etwa 700 Kilogramm. Diese Gewichtsunterschiede zogen wichtige
Umbaumaßnahmen nach sich. Daher wurde im Jahr 2012 beschlossen, diese Ariane-Version
so zu verändern, dass sie vier Galileo-Satelliten tragen kann und neben
der Sojus-Rakete eine weitere Startmöglichkeit zur Verfügung steht.
Doch diese Veränderungen stellten die Ingenieure nicht vor große technische
Herausforderungen. "Wirklich schwierig war der Beweis, dass die Galileo-Satelliten
den Startbelastungen im Viererpack beim Flug standhalten würden. Hierzu mussten
sie sich zusätzlichen Qualifikationstest unterziehen", erklärt Regenbrecht. Zwar
ist der Einschuss von vier Satelliten in ihre Zielorbits bei Ariane
nicht schwieriger als zwei bei Sojus, allerdings muss die Galileo-Bodenmannschaft
am DLR-Standort Oberpfaffenhofen gleichzeitig die doppelte Arbeitsleistung
vollbringen.
"Die DLR GfR übernimmt, wie auch bereits bei allen vergangenen Galileo-Starts,
die Inbetriebnahme der Hauptkomponenten und die hochgenaue finale Positionierung
der Satelliten. In diesem Fall haben wir es mit vier auf einmal zu tun. Das ist
neu und bedeutet Parallelbetriebsaktivitäten, auf die unsere Expertenteams in
den Kontrollräumen aufgrund ihrer Routine bestens vorbereitet sind", betont
Walter Päffgen, Geschäftsführer des DLR Tochterunternehmens DLR GfR mbH.
Auch in Zukunft müssen neue Galileo-Satelliten starten, um
ausgediente Vorgänger zu ersetzen. Diese wichtige Aufgabe kann ab dem Jahr 2020
die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 in ihrer leichten Ausführung
A62 übernehmen. Sie wird auf diese Starts ausgelegt und kann zwei Galileo-Satelliten
ohne weiteren Umbau auf ihre Zielorbits bringen. "Wir brauchen die Vierer-Starts
zum schnellen Ausbau des Systems. Beim späteren Ersatz von Satelliten ist das
allerdings nicht mehr sinnvoll, da dadurch die neuen Satelliten immer auf der
exakt gleichen Bahnebene ausgesetzt würden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass
in einer Bahnebene vier Satelliten gleichzeitig ausfallen", betont Kleeßen.
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