Säulen der Zerstörung im Carinanebel
von Stefan Deiters astronews.com
2. November 2016
Mithilfe des Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO und dem Instrument MUSE haben Astronomen einen Blick auf
beeindruckende Strukturen aus Gas und Staub im Carinanebel geworfen. Sie ähneln
den berühmten Säulen der Schöpfung, doch dürfte es sich in Wirklichkeit
wohl mehr um Säulen der Zerstörung handeln.
Die "Säulen der Zerstörung" in de Region R44
im Carinanebel.
Bild: ESO/A. McLeod [Großansicht] |
In einer neuen, heute von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichen
Aufnahme sind spektakuläre Strukturen aus Gas und Staub in der Region R44 des Carinanebels zu
sehen. Der Nebel ist ein bekanntes Sternentstehungsgebiet in rund 7500
Lichtjahren Entfernung. Die Strukturen ähneln den berühmten "Säulen der Schöpfung" im Adlernebel.
Eine genaue Untersuchung dieser Strukturen ergab jetzt, dass es sich wohl eher
um "Säulen der Zerstörung" handeln dürfte - doch ganz sicher ist diese
Interpretation nicht.
Für ihre Untersuchung haben die Astronomen um ESO-Doktorandin Anna McLeod zehn verschiedene Säulen wie die im Carinanebel untersucht. Ziel war
es, den
Zusammenhang zwischen der Strahlung von massereichen Sternen in der Umgebung und
bestimmten Strukturen in den Säulen genauer beschreiben zu können.
Massereiche Sterne entstehen in dichten und kompakten Gasstrukturen. Sowie
sie aber zu einer richtigen Sonne geworden sind, zerstören sie mit ihrer
Strahlung die Gaswolke, der sie ihre Existenz verdanken. Mit der Strahlung
können sie auch große Bereiche ihrer Umgebung beeinflussen, indem sie etwa
nahegelegene Nebel zum Leuchten anregen und so einen Emissionsnebel entstehen
lassen. Es ist allerdings schwierig, diese Wechselwirkung zwischen Stern und
Umgebung direkt durch Beobachtungen nachzuweisen.
Die Astronomen untersuchten nun die Auswirkungen der energetischen Strahlung
von Sternen auf
die Säulen. Dieser Prozess ist als Photoevaporation bekannt und führt schließlich
zum Verlust von Masse aus der Säule. Die Verwendung des Instruments MUSE
war bei der Studie von entscheidender Bedeutung, da es gleichzeitig Tausende von Bildern
eines Nebels in verschiedenen Wellenlängen macht, woraus man etwas über die chemische Zusammensetzung
in der jeweiligen Region lernen kann.
Das Team fand so einen direkten Zusammenhang zwischen der Strahlungsmenge der
Sterne in der Nähe und den Auflösungserscheinungen an den Säulen. Dies muss
allerdings nicht bedeuten, dass die massereichen Sterne schurkengleich praktisch
ihre eigenen Geburtsstätten zerstören und so die Entstehung weiterer Sterne
behindern. Die Wechselwirkungen könnten deutlich komplexer sein und sind bislang noch
kaum verstanden.
So wäre es beispielsweise möglich, dass die Strahlung und die stellaren Winde
der massereichen Sterne erst dafür sorgen, dass sich bestimmte Bereich in den
Wolken aus Gas und Staub so weit verdichten, dass hier Sterne entstehen
können. Ganz gleich also, ob man die Objekte als Säulen der Schöpfung oder
Säulen der Zerstörung bezeichnet, sie bleiben für die Astronomen spannend.
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erschienen ist.
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