Monderkundung auf dem Ätna
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
26. September 2016
Um unseren Mond oder auch andere Planeten und deren Monde
erkunden zu können, werden spezialisierte Roboterfahrzeuge benötigt, die teils
selbständig die fremde Oberfläche erforschen. Doch muss man solche Rover zuvor
auf ihre Funktionsfähigkeit testen. Das geschieht derzeit an den Hängen des
Ätna, der den Experten als Mondlandschaft dient.
Der Rover LRU (Lightweight Rover Unit) bei
einem ganz ungewöhnlichen Außentest auf dem Ätna.
Die Umgebung hier hat Ähnlichkeiten mit zum
Beispiel einer Marslandschaft. Der LRU kann so in
schwierigem Terrain auf Herz und Nieren getestet
werden.
Foto: DLR [Großansicht] |
Was haben der Mond und der Vulkan Ätna gemeinsam? Eine extreme Oberfläche
sowie extreme Bedingungen. 21 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des
Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) nutzen die rauen Bedingungen des
Vulkans, um Technologien für zukünftige Explorationsmissionen im Sonnensystem zu
testen. Die Wissenschaftler wählten mit dem Ätna ein spezielles Szenario, das
den geologischen Anforderungen an eine wirkliche Mond-Mission entspricht.
"Kritische Kernkomponenten einer solchen Mission sollen getestet und
validiert werden", erklärt Dr. Armin Wedler, stellvertretender Sprecher der
Helmholtz-Allianz ROBEX (Robotische Exploration unter Extrembedingungen) und
Leiter der Robotikaktivitäten auf dem Ätna. "Wir bereiten uns damit auf die
große ROBEX-Demonstrationsmission 2017 vor."
In sogenannten "Demomissionen" im Abschlussjahr der Helmholtz-Allianz ROBEX
sollen 2017 die gemeinsam zwischen Tiefsee- und Raumfahrtwissenschaftlern
erarbeiteten Fortschritte, insbesondere das komplexe Zusammenspiel von
verschiedenen robotischen Systemen sowohl in der Tiefsee vor Spitzbergen, als
auch in einer sogenannten "Mond-Analog-Landschaft" demonstriert werden. Auf
letzteres bereiten sich die Wissenschaftler des DLR auf dem Ätna nun vor: Zehn
Tage sind die Wissenschaftler in über 2600 Meter Höhe stationiert.
"Wir testen die Installation eines aktiven seismischen Netzes auf der
Mondoberfläche. Damit wäre es erstmals möglich, die innere Struktur des Mondes
und die Zusammensetzung der oberen Schichten zu bestimmen", erklärt Wedler.
Bisher unbeantwortete Fragen nach der Existenz und Zusammensetzung eines
zentralen Kerns des Mondes könnten genauso beantwortet werden wie die nach einer
seismischen Aktivität.
In den ersten Tagen bauten Wedler und sein Team die Kernkomponenten des
Systems auf: Container, in dem das System über Nacht lagert, ein Wohnmobil auf
dem Ätna in Abstimmung mit den lokalen Behörden, ein Kontrollzentrum in Catania
wurde eingerichtet, stationäre und mobile Elemente wurden auf dem Lavaboden
platziert. Eine Kombination eines stationären Systems, dem Lander RODIN, mit
mehreren mobilen Elementen, der Instrumenten-Box "Remote Unit" und dem
Lightweight Rover Unit (LRU), wurde von den Wissenschaftlern aus dem
DLR-Institut Planetenforschung, dem DLR-Institut für Raumfahrtsysteme und dem
Zentrum für Robotik und Mechatronik des DLR entwickelt, gebaut und aufgestellt.
Die mobilen Elemente sind die rollenden und fliegenden Roboter.
"Mit den fliegenden Robotern wird bei dem Feldtest das Areal vermessen, mit
den fahrenden Robotern werden die Instrumenten-Boxen mit den darin befindlichen
Seismoter autonom auf dem Lavaboden abgesetzt. Mit Hammerschlägen wird künstlich
Seismik erzeugt und es gibt natürliche Seismik durch den Vulkan", erklärt
Martina Wilde, wissenschaftliche Koordinatorin der Helmholtz-Allianz ROBEX.
Die Kommunikationsstrecke von dem Kontrollzentrum in Catania zum Ätna bauten
die Wissenschaftler der DLR-Raumflugbetriebs auf. Das stationäre System, also
der Lander, soll als zentraler Part für die Energieversorgung und den
Datenaustausch sorgen, die mobilen Systeme sollen die eigentliche
wissenschaftliche Exploration auf dem Mond durchführen. "Windstärke 7 und teils
8 hier auf dem Ätna waren schon eine Herausforderung, sowohl für die
Wissenschaftler als auch für die Systeme. Zum Beispiel musste die Antenne für
die Funkverbindung zum Kontrollzentrum mehrfach neu ausgerichtet werden", so
Wedler. "Bei unseren Tests stand der Schutz der Umgebung, der Natur an erster
Stelle. Wir sind den Behörden sehr dankbar, dass sie uns bei der Organisation im
Vorfeld und hier vor Ort auf dem UNESCO Weltnaturerbe Ätna unterstützen."
Mit den Behörden vor Ort - dem Parco Dell`Ätna und dem Istituto
Nazionale di Geofisica e Vulcanologia (INGV) - konnte das DLR eine
Kooperation eingehen und dadurch die entsprechenden Lizenzen und Genehmigungen
zur Durchführung der Tests auf dem Ätna erhalten. Die Firma Funivia
dell'Ätna S.p.A. unterstützt die Wissenschaftler mit logistischem Support
vor Ort - der Seilbahn- und Straßennutzung.
Die Helmholtz-Allianz "Robotische Exploration unter Extrembedingungen -
ROBEX" bringt weltweit erstmalig Raumfahrt- und Tiefseeforschung zusammen.
Insgesamt 16, vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) koordinierte, über ganz
Deutschland verteilte Institutionen entwickeln gemeinsam Technologien, die die
Erforschung schwer erreichbarer Gebiete mit extremen Umweltbedingungen wie
Tiefsee, Polargebiete, unseren Erdmond, aber auch andere Himmelskörper in
Zukunft verbessern sollen. Das übergeordnete Ziel der ROBEX-Allianz ist es,
diese kombinierten Systeme mit innovativen Technologien zum Energieaustausch,
Datentransfer und möglichst viel Autonomie auszustatten.
|