Zwillingsjets lokalisieren Schwarzes Loch
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
19. September 2016
Mithilfe mehrerer Radioteleskope ist es Astronomen jetzt
gelungen, die Position des zentralen supermassereichen Schwarzen Lochs in der
Galaxie NGC 1052 zu bestimmen. Genauer als in dieser Galaxie konnte man das
zentrale Schwarze Lochs bislang nur in unserer Milchstraße
lokalisieren. In unmittelbarer Nähe des Ereignishorizonts ermittelten die
Forscher zudem die
Stärke des Magnetfelds.

3-mm-Radiobild der Galaxie NGC 1052,
beobachtet im Rahmen des weltweiten
Millimeter-VLBI-Netzwerks (GMVA). Die Abbildung
zeigt eine sehr kompakte Region im Zentrum und
zwei entgegengesetzt gerichtete Jets (unteres
Bild) sowie eine schematische Darstellung des
Systems mit einer Akkretionsscheibe und zwei
Regionen mit verwirbelten Magnetfeldern, die zwei
hochenergetische Jets formen (oberes Bild).
Bild: Anne-Kathrin Baczko et al.,
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Deutsche Astronomen haben das Magnetfeld in der Umgebung eines supermassereichen
Schwarzen Lochs vermessen. Eine leuchtkräftige und sehr kompakte Struktur mit
einer Ausdehnung von nur zwei Lichttagen im Herzen der aktiven Galaxie NGC 1052
wurde dabei mit einem weltweiten Netzwerk von Radioteleskopen in
Millimeter-Wellenlängen beobachtet.
Die Beobachtungen ergaben eine Magnetfeldstärke zwischen 0,02 und 8,3 Tesla
unmittelbar am Ereignishorizont des zentralen Schwarzen Lochs. Das Team unter
Leitung der Doktorandin Anne-Kathrin Baczko zeigt somit, dass Magnetfelder die
erforderliche magnetische Energie zur Versorgung der hochenergetischen
relativistischen Jets in aktiven Galaxien zur Verfügung stellen können.
Die Beobachtungstechnik, die zur Untersuchung von Details im Zentrum der
Galaxie NGC 1052 angewandt wurde, wird als Very Long Baseline
Interferometrie oder VLBI bezeichnet. Sie ermöglicht die Lokalisierung der
Fußpunkte von Jets, also gebündelten Partikelstrahlen, auf Größenskalen, die
nahe an den Ereignishorizont der zentralen Energiequelle, also des
supermassereichen Schwarzen Lochs, heranreichen. Das Schwarze Loch selbst bleibt
dabei allerdings unsichtbar.
Dabei wird die genaue Position des Schwarzen Lochs nur indirekt nachgewiesen,
und zwar dadurch, dass man die Position der Radiojets in Abhängigkeit von der
Wellenlänge bestimmt, die im Extremfall für eine Wellenlänge von Null gegen den
Fußpunkt des Jets konvergiert. Der nach wie vor unbekannte Abstand zwischen dem
Fußpunkt des Jets und dem zentralen Schwarzen Loch macht es schwierig, die
fundamentalen physikalischen Eigenschaften in vielen Galaxien zu bestimmen.
Die verblüffende Symmetrie in den neuen Beobachtungen der Zwillingsjets von NGC
1052 ermöglicht es den Forschern nun, die tatsächliche Position des
Aktivitätszentrums in dieser Galaxie innerhalb der zentralen Struktur zu
bestimmen. Mit Ausnahme des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße
handelt es sich dabei um die genaueste Lokalisierung der Position eines
supermassereichen Schwarzen Lochs im Universum.
"NGC 1052 stellt in der Tat eine Schlüsselquelle dar, da sie direkt und
eindeutig die Position eines Schwarzen Lochs im noch nahen Universum markiert",
sagt Anne-Kathrin Baczko, die diese Forschungsarbeit an den Universitäten
Erlangen-Nürnberg und Würzburg sowie am Max-Planck-Institut für Radioastronomie
durchgeführt hat.
NGC 1052 ist eine elliptische Galaxie in einer Entfernung von rund 60 Millionen
Lichtjahren in Richtung des Sternbilds Walfisch. Das Magnetfeld des
supermassereichen Schwarzen Lochs ist über die Kompaktheit und über die
Leuchtkraft der Zentralregion in der Galaxie NGC 1052 bestimmt worden. Diese
Radioquelle hat einen Durchmesser von nur 57 Mikro-Bogensekunden; das entspricht
der Größe einer DVD auf der Mondoberfläche.
Die erstaunliche Winkelauflösung wurde mit dem Globalen Millimeter-VLBI Array
erreicht, einem Netzwerk von Radioteleskopen in Europa, den USA und Ostasien,
das vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie organisiert wird. "Das ergibt
eine bisher unerreichte Bildschärfe und bald wird man sogar die Größenordnung
des Ereignishorizonts für nahegelegene Objekte erreichen", sagt Eduardo Ros, der
als MPIfR-Wissenschftler an diesem Projekt beteiligt ist.
Die einzigartigen energiereichen Zwillings-Jets in einer relative nahen Galaxie,
ähnlich im Abstand zu der bekannten aktiven Galaxie M87, dürften NGC 1052 zu
einem begehrten Ziel für Beobachtungen von nahegelegenen aktiven Galaxien in der
kommenden Ära von Radiointerferometrie bei Millimeter-Wellenlängen machen, etwa
mithilfe des Atacama Large Millimetre Array (ALMA).
Die vorliegende Beobachtung könnte dabei helfen, das schon lange existierende
Rätsel zu lösen, wie die energiereichen relativistischen Jets gebildet werden,
die in den Zentren einer Reihe von aktiven Galaxien gefunden werden. Das
Ergebnis ist von großer Bedeutung für die Astrophysik, da es zeigt, dass die
freigesetzte magnetische Energie eines sehr schnell rotierenden
supermassereichen Schwarzen Lochs den Antrieb für die Jets bilden kann.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Artikel, der in der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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