Frühstart für irdisches Leben?
von Stefan Deiters astronews.com
3. August 2016
Das Leben auf der Erde könnte ein Frühstarter gewesen sein,
obwohl es sich erst viele Milliarden Jahre nach dem Urknall entwickelt hat. Eine
theoretische Untersuchung amerikanischer Kosmologen ergab jedoch jetzt, dass
das goldene Zeitalter für Leben im Universum erst noch bevorstehen könnte. Auf
der Erde wären wir somit deutlich zu früh dran.

So stellt sich ein Künstler einen roten
Zwergstern vor, um den zwei bewohnbare Planeten
kreisen.
Bild: Christine Pulliam (CfA) [Großansicht] |
"Wenn man gefragt wird, wann es eigentlich am wahrscheinlichsten ist, dass
Leben entsteht, könnte man versucht sein, mit 'Jetzt' zu antworten", meint Avi
Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. "Wir haben allerdings
herausgefunden, dass die Chancen für Leben in weiter Zukunft deutlich besser
sein sollten als heute."
Leben, wie wir es kennen, hätte erstmals entstehen können,
nachdem die ersten Sterne in ihrem Inneren die für Leben nötigen Elemente wie
Sauerstoff und Kohlenstoff erzeugt hatten. Leben im Universum sollte außerdem
noch für weitere zehn Billionen Jahre möglich sein. Dann werden vermutlich die
letzten Sonnen verlöschen.
Loeb und seine Kollegen untersuchten in ihrer Studie nun, wann in diesem
immensen Zeitraum die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben am größten
ist. Entscheidend war dabei vor allem die Lebenszeit von Sternen: Je höher die Masse eines
Sterns, desto kürzer ist seine Lebensdauer. So dürfte etwa um Sterne ab der dreifachen Sonnenmasse kein Leben entstehen können, weil diese schon wieder
verlöschen, bevor sich überhaupt Leben entwickeln konnte.
Sterne, die nur etwa zehn Prozent der Masse unserer Sonne aufweisen, können
mehrere Billionen Jahre lang leuchten. Für potentielles Leben auf Planeten um
solche Sterne gäbe es also sehr viel Zeit, sich zu entwickeln. Damit nimmt die
Chance für Leben im Laufe der Zeit deutlich zu. In ferner Zukunft ist die
Wahrscheinlichkeit für Leben tausend Mal höher als heute.
"Da stellt man sich natürlich die Frage, warum wir nicht in der Zukunft um
einen massearmen Stern leben", so Loeb. "Eine Antwort ist, dass wir einfach zu
früh entstanden sind. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Umgebung um solche
Zwergsterne zu gefährlich für Leben ist."
Rote Zwergsterne leuchten zwar für sehr lange Zeit, sind aber eventuell
gefährlicher für Leben, als sie auf den ersten Blick scheinen. In ihrer
Jugendzeit senden sie beispielsweise eine intensive ultraviolette Strahlung aus
und es kommt zu heftigen Ausbrüchen. Dadurch könnten Atmosphären von
erdähnlichen Planeten um diese Sterne komplett zerstört werden.
Um herauszufinden, welche Möglichkeit nun zutrifft, empfiehlt Loeb die
Beobachtung von nahegelegenen roten Zwergsternen und die Suche nach Hinweisen
zur Bewohnbarkeit ihrer Planeten. Über die Studie berichten die
Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Journal of
Cosmology and Astroparticle Physics erscheinen wird.
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