Erstes Leben auf Kohlenstoff-Planeten?
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juni 2016
Das erste Leben im Universum könnte nicht auf
Gesteinsplaneten wie der Erde entstanden sein, sondern auf eigentümlichen Welten
aus Kohlenstoff. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die sich mit der Entstehung
von Planeten um eine bestimmte Art von sehr alten Sternen befasst hat. Die
Entwicklung von Leben wäre aber auf solchen Welten nicht ausgeschlossen.

So könnte ein alter Stern mit einem
Kohlenstoff-Planeten aussehen.
Bild: Christine Pulliam (CfA), NASA/SDO [Großansicht] |
Unser Heimatplanet besteht aus Silikatgestein, verfügt über einen Eisenkern
und eine dünne Hülle aus Wasser und Luft, in der sich Leben entwickeln konnte.
Die ersten Planeten, die im jungen Universum entstanden sind, könnten allerdings
deutlich anders ausgesehen haben: Es könnten Kohlenstoff-Planeten gewesen sein,
die aus Graphit, Carbiden und Diamanten bestehen.
"Unsere Studie zeigt, dass auch Sterne, die nur über einen Bruchteil des
Kohlenstoffs in unserem Sonnensystem verfügen, Planeten besitzen können",
erläutert Natalie Mashian, die an der Harvard University gerade ihre
Doktorarbeit anfertigt. "Wir haben gute Gründe anzunehmen, dass auch
außerirdisches Leben auf Kohlenstoff basieren wird, wie das Leben auf der Erde.
Das verspricht also Gutes für die Wahrscheinlichkeit von Leben im frühen
Universum."
Im jungen Universum gab es vor allem Wasserstoff und Helium, da
schwerere Elemente wie Kohlenstoff oder Sauerstoff erst im Inneren von Sternen
gebildet werden mussten. Diese Stoffe wurden dann durch die ersten
Supernova-Explosionen von Sternen im All verteilt. Das Gas, aus dem neue
Sterne entstehen, konnte sich so langsam mit diesen für das Leben so
entscheidenden Elementen anreichern.
Mashian und ihr Doktorvater Avi Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics haben sich nun mit einer bestimmten Klasse alter Sterne
beschäftigt, die zwar über vergleichsweise wenig schwerere Elemente verfügen,
dafür aber über relativ viel Kohlenstoff. Ihr Eisengehalt beträgt beispielsweise
nur etwa ein Hunderttausendstel des Eisengehalts der Sonne. Sie dürften also aus
einer Zeit stammen, in der es im Universum noch wenig schwerere Elemente gab.
"Diese Sterne sind Fossilien aus dem jungen Universum", erläutert Loeb.
"Durch ihr Studium erfahren wir, wie die Entstehung von Planeten und
möglicherweise auch von Leben im Universum begonnen hat." Da diese besonderen
Sterne über mehr Kohlenstoff verfügen, als man eigentlich angesichts ihrer
Entstehungsgeschichte im jungen Universum erwarten würde, dürfte dies auch die
Bildung von Planeten beeinflusst haben. Aus kohlenstoffhaltigen Staubpartikeln,
so die beiden Wissenschaftler, haben sich möglicherweise pechschwarze Welten
gebildet.
Auf den ersten Blick würden sich diese aus der Ferne wohl kaum von
herkömmlichen Gesteinsplaneten wie der Erde unterscheiden: Ihre Masse und ihre
Größe dürften ähnlich sein. Nur eine Analyse der Atmosphären könnte über die
wahre Natur der fernen Welten Aufschluss geben. Sie sollten hauptsächlich Gase
wie Methan und Kohlenmonoxid enthalten.
Aufspüren lassen könnten sich solche Kohlenstoff-Planeten durch eine gezielte
Suche mithilfe der sogenannten Transitmethode, mit der etwa das Weltraumteleskop
Kepler nach Planeten sucht. "Das wäre eine praktische Methode, um
herauszufinden, ab welchem Zeitpunkt im jungen Universum Planeten entstanden
sind", so Loeb. Und Mashian ergänzt: "Ob es solche Planeten gibt, werden wir nie
erfahren, wenn wir nicht danach suchen."
Über ihre Studie berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erscheint.
|