Satellit übertrifft die Erwartungen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
7. Juni 2016
Mit dem im Dezember gestarteten Satelliten LISA Pathfinder
werden gegenwärtig Technologien getestet, die einmal für ein weltraumgestütztes
Observatorium für Gravitationswellen benötigt werden. Heute stellten die
beteiligten Wissenschaftler erste Ergebnisse der Mission vor: Die Erwartungen
des Teams wurden in den ersten zwei Monaten mehr als erfüllt.

LISA Pathfinder (künstlerische Darstellung)
testet Technologien, die für ein Observatorium
für Gravitationswellen im All benötigt werden.
Bild: ESA–C.Carreau [Großansicht] |
Nach einem Bilderbuchstart, einer Reise von rund 1,5 Millionen Kilometern von
der Erde in Richtung Sonne und einem erfolgreichen Freilassen der Testmassen
begann die wissenschaftliche Mission von LISA Pathfinder am 1. März (astronews.com
berichtete wiederholt). Heute präsentierten Wissenschaftler die Ergebnisse der
ersten zwei Monate des Missionsbetriebs.
"Mit LISA Pathfinder haben wir den ruhigsten der Menschheit bekannten Ort
geschaffen. Die Leistung der Mission ist spektakulär und übertrifft alle unsere
Erwartungen bei weitem", sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) und
Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover,
der außerdem einer der verantwortlichen Wissenschaftler des LISA Technology
Package ist.
Die Ergebnisse zeigen, dass die zwei Testmassen im Herz des Satelliten frei im
Weltall fallen und nur dem Einfluss der Schwerkraft unterliegen. Die Isolation
von äußeren Störkräften ist fünfmal besser als ursprünglich erwartet. Das Team
konnte zeigen, dass die Testmassen relativ zueinander nahezu bewegungslos
schweben. Die relative Beschleunigung beträgt weniger als ein Teil in zehn
Millionen von einem Milliardstel der Erdbeschleunigung. Das entspricht der
Gewichtskraft eines Virus auf der Erde.
LISA Pathfinders Hauptziel ist die Demonstration von Schlüsselelementen eines
weltraumbasierten Observatoriums für Gravitationswellen, das die europäische
Weltraumagentur ESA Anfang der 2030er Jahre mit eLISA plant. Das
Albert-Einstein-Institut und das Institut für Gravitationsphysik der Leibniz
Universität Hannover koordinieren dabei die deutschen Beiträge und sind dafür
verantwortlich. "LISA Pathfinder ist eine bemerkenswerte Mission. Sie hat etwas
erreicht, das man selten in wegweisenden wissenschaftlichen Projekten sieht. Sie
hat nicht nur die Anforderungen erfüllt, sondern sie bei weitem übertroffen",
sagt Dr. Jens Reiche, nationaler Projektmanager für das LISA Pathfinder
Technology Package in Hannover.
Ein entscheidender Teil der Experimente an Bord von LISA Pathfinder besteht
darin, zwei Testmassen in den freien Fall zu versetzen und ihre relativen
Positionen zu überwachen, während sie sich nur unter dem Einfluss der
Schwerkraft bewegen. Selbst im Weltraum ist dies eine Herausforderung, weil
verschiedene Kräfte – wie der Sonnenwind und der Strahlungsdruck des
Sonnenlichts – ständig den Satelliten und die Testmassen stören.
Daher sind in LISA Pathfinder zwei identische Testmassen im Abstand von 38
Zentimetern durch den Satelliten von den Störeinflüssen abgeschirmt. Sie
schweben im Inneren ohne mechanischen Kontakt zum Satelliten, der ständig seine
Position und Ausrichtung korrigiert, um den Massen zu folgen.
Zwischen den zwei Testmassen befindet sich ein Laserinterferometer, das die
Positionen und die Ausrichtung der beiden Testmassen relativ zum Satelliten und
zueinander bestimmt. Dieses optische Präzisionsmesssystem wurde unter
Federführung und mit maßgeblicher Beteiligung von Wissenschaftlern aus
Hannover entwickelt und gebaut.
"Diese Messungen des ersten Laserinterferometers
im All sind viel besser als wir erwartet hatten. Wir können den Abstand der
beiden frei fallenden Testmassen genauer als den Durchmesser eines einzelnen
Atoms bestimmen", sagt Prof. Gerhard Heinzel, Leiter der Forschungsgruppe
Interferometrie im Weltraum am Albert-Einstein-Institut und der Leibniz
Universität Hannover.
Während der gesamten Betriebsdauer sind Experten aus Hannover wichtige Partner
bei der Datenanalyse, die von zentraler Bedeutung bei der Gewinnung
entscheidender Informationen aus den Messdaten ist. Sie spielten zudem eine
führende Rolle bei der Entwicklung der verwendeten Software. Das Institut hat
einen Kontrollraum in Hannover eingerichtet, der für eingehendere Untersuchungen
der Daten und zur Unterstützung für den Kontrollraum am Europäischen
Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt dient. Weil eine unmittelbare
Datenanalyse für die Konfiguration nachfolgender Experimente erforderlich ist,
nehmen Forschende des Instituts zudem am Schichtbetrieb am ESOC teil.
"Wir waren absolut begeistert als wir nach nur einem Tag das uns selbst gesetzte
Ziel erreichten. Und wir wissen nun, dass die Leistung des Laserinterferometers
die Messgenauigkeit für ein zukünftiges Gravitationswellen-Observatorium im All
um mehr als das Hundertfache übertrifft", sagt Dr. Martin Hewitson, LISA
Pathfinder Senior Scientist vom Albert-Einstein-Institut und der Leibniz
Universität Hannover, der die Entwicklung der Datenanalyse-Software LTPDA
leitete.
Die wissenschaftliche Missionsphase von LISA Pathfinder begann am 1. März und
wird sechs Monate dauern, davon 90 Tage für das LISA Technology Package und 90
Tage für das Disturbance Reduction System, ein zusätzliches Experiment des Jet
Propulsion Laboratory der NASA. Eine Entscheidung über den Bau eines
Observatoriums für Gravitationswellen im All wird 2020 erwartet.
Über die Ergebnisse berichtet das LISA-Pathfinder-Team in einer
Publikation, die heute in Physical Review Letters veröffentlich wurde.
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