Zutat des Lebens in Sternentstehungsgebiet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
2. Juni 2016
Astronomen ist es erstmals gelungen, eine Verbindung aus
Phosphor und Sauerstoff in einem Sternentstehungsgebiet nachzuweisen. Das
Molekül ist entscheidend zum Aufbau der Doppelhelix-Struktur der DNS. Seine
Entdeckung deutet somit darauf hin, dass diese wichtige Zutat des Lebens in
beträchtlichen Mengen im Universum zur Verfügung steht.
Zum ersten Mal konnte jetzt das
präbiotische Molekül PO in den
Sternentstehungsgebieten W51 e1/e2 und W3 (OH)
nachgewiesen werden.
Bild:
INAF /MPE / Víctor M. Rivilla / Adam
Ginsburg / Richard Wheeler [Großansicht] |
Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern vom Osservatorio Astrofisico
di Arcetri in Florenz, dem Zentrum für Astrobiologie in Madrid und dem
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik hat zum ersten Mal das
präbiotische Molekül PO in Sternentstehungsgebieten nachgewiesen. Dieses Molekül
spielt eine Schlüsselrolle in der Doppelhelix-Struktur der DNS, und hängt daher
direkt mit der Entstehung des Lebens im Universum zusammen.
In den letzten Jahren erlaubte die neuste Teleskopgeneration den Astronomen im
interstellaren Raum Moleküle nachzuweisen, die eine wichtige Rolle in der
präbiotischen Chemie spielen. Diese Moleküle sind die Bausteine der ersten
lebenden Organismen; ihre Erforschung kann damit Aufschluss über den Ursprung
des Lebens im Universum geben.
Eines der wichtigsten Elemente für die Entwicklung des Lebens ist Phosphor (P).
Chemische Verbindungen, die Phosphor enthalten, sind von wesentlicher Bedeutung
für die Struktur und Energieübertragung in Zellen. Besonders wichtig ist die
chemische Bindung zwischen Phosphor und Sauerstoff, PO, die für das Grundgerüst
der Desoxyribonukleinsäure DNS notwendig ist - dem Makromolekül, das die
generische Information lebender Organismen speichert.
"Trotz seiner astrobiologischen Relevanz konnte man bisher das PO-Molekül nicht
in den Regionen nachweisen, in denen Sterne gebildet werden", erläutert Víctor
M. Rivilla von der Sternwarte in Florenz. "Wir waren sehr daran interessiert,
dieses Molekül in der Wiege der Sterne zu finden, denn dies würde bedeuten, dass
ein Grundbaustein der DNS bereits in dem Gas enthalten ist, aus dem sich die
Planeten bilden, die Leben hervorbringen könnten. Wir starteten daher ein
Projekt, um gezielt nach PO in Sternentstehungsgebieten zu suchen."
Und das mit Erfolg: Die Astronomen entdeckten zum ersten Mal das präbiotische
Molekül PO in zwei Sternentstehungsregionen in unserer Galaxis, nämlich in W51
e1/e2 und W3 (OH). Die Beobachtungen wurden mit dem 30-Meter-Radioteleskop des
Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM) auf dem Pico Veleta in
Spanien durchgeführt. Die Ergebnisse dieser jetzt vorgestellten Studie zeigen,
dass die Häufigkeit von Phosphor in Sternentstehungsregionen mehr als zehnmal
höher ist als bisher angenommen.
"Große organische Moleküle erhalten viel Aufmerksamkeit als Bausteine des Lebens
– aber es gibt ein einfaches Molekül, das für die Gerüststruktur des genetischen
Erbgutträgers DNS eine wichtige Rolle spielt: PO. Tatsächlich sind es
Zucker-Phosphat-Gruppen mit PO-Bindungen, die die Wendeltreppe in der DNS
zusammenhalten", erklärt Anton Vasyunin vom Zentrum für astrochemische Studien
(CAS) am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik.
In der CAS-Gruppe versuchen die Wissenschaftler zu verstehen, wie sich sowohl
einfache als auch komplexe Moleküle - die Bausteine des Lebens - im
interstellaren Medium bilden und entwickeln. "Unsere chemischen Modelle sind
entscheidend dafür, die Beobachtungen zu interpretieren; deshalb haben wir sie
auf diese neue Entdeckung von PO angewendet", so Vasyunin. "Wir stellten fest,
dass die Produktion von PO in der Nähe neugeborener Sterne effizienter ist, da
diese die sie umgebende Wolke erwärmen. Unsere Modelle passen sehr gut zu den
Beobachtungen."
Auch Paola Caselli, Direktorin des Zentrums für astrochemische Studien am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, und selbst an der
Untersuchung beteiligt, zeigt isch begeistert: "Diese Entdeckung ist ein
bahnbrechendes Ergebnis. Die Suche nach präbiotischen Molekülen in
Sternentstehungsgebieten steckt noch in den Kinderschuhen, aber ein weiterer
Baustein des Lebens wurde nun gefunden - das bringt mehr Spannung in das Feld
der Astrochemie. Die Zukunft ist rosig, dank großartiger Instrumente wie den
IRAM-Teleskopen oder dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array
(ALMA), die uns heute zur Verfügung stehen."
"Diese Studie zeigt uns, dass Phosphor eine wichtige und reichlich vorhandene
Zutat beim 'Kochen' von Sternen, Planeten und vielleicht auch dem Leben ist",
gibt Teammitglied Francesco Fontani aus Florenz zu bedenken. Sein Kollege Maite
Beltrán ergänzt: "Vor einigen Jahren entdeckten wir bereits den einfachsten
Zucker, Glykolaldehyd, in einem Sternentstehungsgebiet. Zucker und
Phosphorverbindungen sind die Bausteine der Doppelhelix der DNS. Deshalb helfen
uns unsere Ergebnisse Schritt für Schritt zu verstehen, wie das Leben im
Weltraum entstanden sein könnte.“
Der erste Nachweis der chemischen Bindung PO in Sternentstehungsgebieten hat, so
die Wissenschaftler, grundlegende Implikationen für die präbiotische Chemie.
"Bisher sind nur Moleküle, die Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff und
Stickstoff enthalten, detailliert in Sternbildungsregionen untersucht worden. Im
Anschluss an unsere Entdeckung können wir nun auch anfangen, die Chemie des
Phosphors im interstellaren Medium zu untersuchen, was uns wichtige Hinweise
geben wird, wie die chemische Komplexität wachsen kann, um komplexere,
astrobiologische Moleküle zu bilden," so Jesús Martín-Pintado vom Zentrum für
Astrobiologie in Madrid.
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheint.
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