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Nanosatelliten erforschen massereiche Sterne
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
29. März 2016
Nanosatelliten werden immer universeller einsetzbar. Mit der
aus fünf Satelliten bestehenden BRITE-Constellation setzt man diese
Winzlinge auch erstmals für die astrophysikalische Forschung ein. Ziel des
Projekts ist die langandauernde Beobachtung von hellen massereichen Sternen.
Jetzt wurden erste Ergebnisse vorgestellt.

Der Nanosatellit UniBRITE kreist in 800
Kilometern Höhe um die Erde und dient der
Erforschung massereicher Sterne.
Bild: Universität Wien [Großansicht] |
Am 25. Februar 2013 starteten zwei österreichische Satelliten – UniBRITE
für die Universität Wien und BRITE-Austria für die Technische
Universität Graz – von Indien aus ihre Nanosatelliten-Mission BRITE-Constellation ins All.
Jetzt stellten Astronomen erste Forschungsergebnisse der Mission vor. "BRITE
steht für BRIght Target Explorer. Es handelt sich dabei um 20
Zentimeter lange und acht Kilogramm schwere, würfelförmige Nanosatelliten, die
ein kleines Weltraumteleskop tragen", erklärt Werner W. Weiss, UniBRITE-Projektleiter
vom Institut für Astrophysik der Universität Wien.
Insgesamt fünf Nanosatelliten umkreisen mittlerweile die Erde in etwa 800
Kilometern Höhe; neben den zwei österreichischen auch noch zwei polnische und
ein kanadischer Satellit. Die BRITE-Constellation hat sich somit zu
einem internationalen Vorzeigeprojekt entwickelt, denn es handelt sich um die
ersten Nanosatelliten im astrophysikalischen Forschungseinsatz. Alle
Beobachtungen werden im internationalen Team verarbeitet.
Das Projekt hat das Ziel, die Helligkeitsschwankungen von Sternen in zwei
Farbbereichen, dem roten und blauen, mit hoher Genauigkeit und über einen langen
Zeitraum kontinuierlich zu messen. Astronomen können aus der Auswertung der
wissenschaftlichen Daten wichtige Rückschlüsse auf die physikalischen
Eigenschaften dieser Sterne ziehen, die für das Verständnis ihrer Entwicklung
wichtig sind.
"Diese Messungen können nur vom Weltraum aus durchgeführt werden, da die
photometrische Genauigkeit der Messungen durch die Turbulenzen der Erdatmosphäre
selbst bei völlig klarem Himmel deutlich eingeschränkt ist", so Weiss. Zudem
würden die äußerst störenden Unterbrechungen durch den Tag-Nacht-Rhythmus und
durch Schlechtwetter in den Beobachtungsreihen wegfallen. Und auch die durch die
Jahreszeiten auf der Erde auf zwei Monate beschränkten Beobachtungszeiträume
ganzer Nächte werden durch BRITE auf bis zu sechs Monate verlängert.
Die BRITE-Datensätze sind für die Untersuchung von Sternaufbau und
-entwicklung mit den Methoden der Asteroseismologie unentbehrlich. Diese beruht
darauf, dass Sterne vibrieren, was durch geringfügige Helligkeitsänderungen
nachweisbar ist. Aus den verschiedenen Pulsationen eines Sternes kann dann
gleichsam sein "Röntgenbild" entwickelt werden. Zielgebiete der ersten Messungen
waren unter anderem die Sternbilder Zirkel und Zentaur am südlichen
Sternenhimmel.
Diese Himmelsregion ist für die Wissenschaftler interessant, weil sie viele
massereiche Sterne beherbergt. Solche Sterne führen einerseits nur ein relativ
kurzes Leben, sind aber andererseits mitverantwortlich für die Produktion jener
chemischen Elemente, die auch für unser Leben erforderlich sind.
Ein Forschungsobjekt des Nanosatelliten war α Circini: Er ist ein so genannter
"chemisch pekuliarer magnetischer Stern", bei dem die Magnetfeldstärke, die bei
allen Sternen vorhanden ist, ausreichend groß für eine detaillierte
spektroskopische, interferometrische und polarimetrische Untersuchung ist.
Darüber hinaus pulsiert α Circini, und man kann deshalb auch das Innere dieses
Sterns untersuchen. Mit den Satelliten der BRITE-Constellation konnte
nun erstmals der Lichtwechsel durch Rotation in zwei Farben beobachtet und auch
die Frage nach einer in der Vergangenheit unbeobachteten Pulsationsperiode
geklärt werden.
Ein anderer untersuchter Stern ist β Centauri: Er ist ein komplexes Gebilde von
einem massereichen Doppelstern, der von einem dritten, etwas weiter entfernten
Stern, umkreist wird. Die Bedeutung eines Doppelsterns liegt für die Forscher in
der Möglichkeit, die Sternmassen durch die Gesetze der klassischen Mechanik sehr
gut abschätzen zu können. Der innere Aufbau dieser Objekte kann über deren
Pulsationseigenschaften bestimmt und mit großer Genauigkeit geprüft werden.
Wissenschaftler haben β Centauri über 146 Tage mit den Satelliten der BRITE-Constellation
beobachtet. Die Herausforderung dabei war, die aufgezeichneten 17
Pulsationsfrequenzen jeweils einer der beiden Doppelsternkomponenten zuzuordnen
und individuell deren Schwingungsmuster zu bestimmen.
Letzteres wurde noch dadurch erschwert, dass beide Sterne in nur wenigen Tagen
um ihre Achse rotieren, was die Pulsationseigenschaften beeinflusst. Ohne den
langen, genauen und ununterbrochenen Datensatz der BRITE-Constellation
wäre das Modellieren dieser massereichen pulsierenden Sterne nicht möglich
gewesen. Jetzt würden diese Modellierungen als Prototypen der Klasse von
massereichen, sogenannten B-Sternen dienen, erklärt Andrzej Pigulski von der
Universität Wroclaw, ebenfalls Mitglied des BRITE-Constellation-Teams.
Im Fall der Sterne η und μ Centauri haben es ebenfalls erst Daten der BRITE-Constellation
erlaubt, die Wechselwirkungen zwischen der Pulsation von massereichen Sternen
und deren unmittelbarer Umgebung aufzuklären. "Österreichische Astronomen und
Techniker haben mit der BRITE-Constellation einen Meilenstein beim
Einsatz von Nanosatelliten in der astrophysikalischen Forschung gesetzt", so das
Urteil von Weiss.
Für Österreich ist die Kooperation der Universitäten in Wien und Innsbruck und
der Technischen Universität in Graz beispielhaft. An der Universität Wien
erfolgen das Management der gesamten BRITE-Constellation und die
astrophysikalische Forschung in Kooperation mit der Universität Innsbruck. Der
von der TU Graz realisierte Satellit TUGSAT-1/BRITE-Austria wird von
der eigens dafür entwickelten Bodenstation in Graz betrieben, die nun auch den
Betrieb von UniBRITE übernimmt.
"Die beiden österreichischen Satelliten waren ursprünglich für einen
zweijährigen Einsatz ausgelegt. Mittlerweile sind sie mehr als drei Jahre
erfolgreich im Orbit. Die Auswertung der Messwerte zeigen, dass die BRITE-Satelliten
noch mindestens weitere zwei Jahre operationell sein können", sagt Otto Koudelka,
Projektleiter für BRITE-AUSTRIA.
Ihre aktuellen Ergebnisse präsentieren die Wissenschaftler in insgesamt drei
Fachartikeln, die in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics
erschienen sind.
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