Planeten-Embryo um HL Tauri
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
18. März 2016
In der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri haben
Astronomen einen riesigen Staubklumpen mit der drei- bis achtfachen Masse der
Erde entdeckt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich daraus einmal ein Planet
entwickeln wird. Der Nachweis des Klumpens liefert auch eine Antwort auf ein bislang
ungeklärtes Problem rund um die Entstehung von Planeten.

Auf diesem Bild wurden die früheren
ALMA-Beobachtungen der Scheibe um HL Tauri (rot)
und die neueren VLA-Beobachtungen des inneren
Bereichs (gelb) kombiniert.
Bild:
Carrasco-Gonzalez et al.; Bill Saxton, NRAO / AUI
/ NSF [Großansicht] |
Neue Beobachtungen mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einem
Radioteleskop im US-Bundesstaat New Mexiko, haben die bislang detailreichsten
Radiobilder der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri geliefert. Bereits frühere
Bilder, aufgenommen mit dem Radioteleskopverbund ALMA, hatten ein markantes
Muster von hellen Staubringen in der Scheibe gezeigt.
Das neue Bild zeigt nun einen massereichen Klumpen aus Staub im innersten der
hellen Ringe. Die Gesamtmasse des Klumpens entspricht dem drei- bis achtfachen
der Erdmasse. "Dieser Klumpen sieht wie eine Art Planeten-Embryo aus, der sich
über die nächsten Millionen Jahre hinweg zu einem fertigen Planeten entwickeln
dürfte," so Thomas Henning, Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie
(MPIA) in Heidelberg.
Die könnte weitreichende Konsequenzen haben: Bereits seit längerem ist bekannt,
dass die einfachsten Modelle der Planetenentstehung ein Problem mit den
Zeitskalen haben. In diesen Modellen ist die protoplanetare Scheibe aus Gas und
Staub, die den jungen Stern umgibt, gleichförmig und homogen. Alles weitere
spielt sich zunächst auf kleineren, dann auf immer größeren Längenskalen an: mit
Staubteilchen, die aneinanderkleben, dabei größere Objekte bilden bis am Ende
Planeten entstanden sind.
Das ist ein recht langsamer Prozess, und diese Langsamkeit erweist sich als
problematisch: Im Laufe von rund zehn Millionen Jahren werden Gas und Staub der
Scheibe durch die intensive Strahlung des jungen Sterns weggepustet. Ohne Gas
und Staub als Rohmaterial ist die Planetenentstehung beendet. Haben sich bis
dahin keine großen Planeten gebildet wird das auch anschließend nicht mehr
passieren.
Die neuen Bilder geben nun Hinweise auf eine deutlich schnellere Version der
Planetenentstehung. Dabei ergeben sich aus bestimmten Strömungsmustern des Gases
der Scheibe Regionen mit besonders hoher Staubdichte, in denen die
Planetenentstehung dann sehr viel rascher ablaufen kann als in einer homogenen
Scheibe.
"Vor zehn Jahren haben wir in unseren Simulationen erste Anzeichen für diese Art
besonders schneller Planetenentstehung gefunden", so Hubert Klahr, Leiter der
Theoriegruppe Planeten- und Sternentstehung am MPIA. "Jetzt lassen sich die
Details erstmals direkt beobachten: dichte Staubringe, in denen sich klumpige
Fragmente bilden."
Bei weiteren Studien soll nun die Scheibe um HL Tauri genauer modelliert und
auch nachgewiesen werden, dass der Staubklumpen noch weitere Materie auf sich
zieht und auf diese Weise weiter wächst. "Detailreiche Bilder wie dieses hier
haben die Forschung zur Planetenentstehung auf eine neue Stufe gehoben", so
Henning. "Offenbar sind Strukturen in der Scheibe wie der Klumpen, den wir
entdeckt haben, notwendig, um die Entstehung von Planetensystemen wie unserem
eigenen Sonnensystem zu erklären."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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