Die weißen Flecken von Ceres verändern sich
von Stefan Deiters astronews.com
16. März 2016
Von der Erde aus ist der Zwergplanet Ceres kaum mehr als ein
kleiner Lichtpunkt. Sorgfältige Beobachtungen mit dem Spektrographen HARPS am
3,6-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO in Chile ergaben aber nun
Überraschendes: Die eigentümlichen weißen Flecken auf Ceres verändern sich
offenbar im Verlauf eines Tages.
Die eigentümlichen hellen Flecken auf dem
Zwergplaneten Ceres im Krater Occator in einer
Aufnahme der Sonde Dawn.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR /
IDA [Großansicht] |
Der Zwergplanet Ceres ist das größte Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars
und Jupiter und wird seit rund einem Jahr von der NASA-Sonde Dawn aus
einem Orbit erforscht. Auf
den Aufnahmen der Sonde waren schon im Anflug eigentümliche helle Flecken zu
sehen, der auffälligste dieser Flecken befand sich dabei in einem inzwischen Occator genannten Einschlagkrater.
Der Fund führte zu dem Verdacht, dass Ceres eventuell geologisch deutlich
aktiver sein könnte, als andere Objekte im Asteroidengürtel. Jetzt zeigen neue
Beobachtungen mit dem Spektrographen HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der
europäischen Südsternwarte ESO in La Silla, dass diese Vermutung so unbegründet
nicht ist.
Mithilfe des empfindlichen Instruments, das bislang vor allem für die
zahlreichen extrasolaren Planeten bekannt ist, die damit schon entdeckt worden sind,
visierten die Astronomen den Zwergplaneten an und machen eine erstaunliche
Beobachtung: Sie konnten nicht nur verfolgen, wie sich die Flecken - aufgrund
der Drehung von Ceres um die eigene Achse - bewegten, sondern stellten auch
weitere Variationen der Helligkeit der Flecken fest. Dies könnte bedeuten,
dass das Material, aus dem die Flecken bestehen, leicht flüchtig ist und im
Sonnenlicht verdampft.
"Als auf den Bildern von Dawn diese mysteriösen hellen Flecken zu erkennen
waren, habe ich gleich an die Möglichkeit gedacht, dass sie auch bei
Beobachtungen von der Erde einen messbaren Effekt haben müssten", erläutert
Paolo Molaro vom INAF - Osservatorio Astronomico di Trieste. "Da sich Ceres um
die eigene Achse dreht, bewegen sich die Flecken auf die Erde zu und entfernen
sich dann wieder, was wiederum das reflektierte Sonnenlicht der Flecken
beeinflussen sollte, das die Erde erreicht."
Ceres dreht sich etwa alle neun Stunden einmal um die eigene Achse. Die
daraus resultierende Bewegung der Flecken lässt sich aufgrund des Dopplereffekts
im beobachteten Spektrum nachweisen. Der Effekt ist zwar äußerst gering, mit
empfindlichen Instrumenten wie HARPS jedoch aufzuspüren.
Das Team beobachtetet Ceres etwas mehr als zwei Nächte lang im Juli und August 2015. "Das
Ergebnis war überraschend", so Teammitglied Antonio Lanza vom
INAF- Osservatorio Astrofisico di Catania. "Wir konnten in der Tat die
Veränderungen im Spektrum durch die Drehung von Ceres nachweisen, allerdings gab
es von Nacht zu Nacht deutliche Variationen."
Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die beobachteten Veränderungen durch
Substanzen erklären lassen könnten, die unter Einfluss von Sonneneinstrahlung
leicht verdampfen. Liegen beispielsweise die Flecken im Occator-Krater in der
Sonne könnten sich Schwaden bilden, die das Licht zunächst gut reflektieren,
dann aber bald verdunsten, was zu den beobachteten Veränderungen führt.
Allerdings scheint sich dieser Effekt von Nacht zu Nacht zu ändern.
Sollte sich diese Interpretation bestätigen, würde es sich bei Ceres
tatsächlich um ein sehr ungewöhnliches Objekt handeln. Anders als etwa die Monde
von Jupiter und Saturn, die teilweise auch eine bestimmte Aktivität zeigen, liegt der
Zwergplanet isoliert, so dass nicht die Gezeitenkräfte eines anderen großen
Objekts die Ursache für die Aktivität sein können.
Über
ihre Beobachtungen des Zwergplaneten berichten die Forscher jetzt in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society erschienen ist.
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