Gedenken an schwarzen Tag der Raumfahrt
von Stefan Deiters astronews.com
28. Januar 2016
Der 28. Januar 1986 ist ein schwarzer Tag für die
amerikanische Raumfahrt: Unter den Augen der Weltöffentlichkeit explodierte die
Raumfähre Challenger 73 Sekunden nach dem Start über Florida. Alle sieben
Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Das Unglück hatte weitreichende Folgen und
erschütterte den Glauben an die damals noch relativ neuen Space
Shuttle.

Die Besatzung der Challenger: Sharon Christa
McAuliffe (von links); Gregory Jarvis, Judith A.
Resnik, Francis R. (Dick) Scobee, Ronald E.
McNair, Mike J. Smith und Ellison S. Onizuka.
Foto: NASA [Großansicht] |
Es hatte immer wieder Startverzögerungen gegeben bei diesem 25. Flug einer
US-amerikanischen Raumfähre: Der Start der Challenger zur Mission STS-51L war
ursprünglich für den 22. Januar 1986 geplant, musste dann aber wegen
Verzögerungen bei einer vorangehenden Mission und wegen schlechten Wetters
verschoben werden.
Am Vormittag (Ortszeit) des 28. Januar war es dann endlich soweit: Die
Challenger konnte, nach einer frostigen Nacht, starten. An Bord waren sieben
Astronauten, unter ihnen auch eine Lehrerin, die für amerikanische Schulkinder
Experimente in Schwerelosigkeit vorführen sollte.
Für die Beobachter des Starts in Cape Canaveral und an den Fernsehschirmen sah
zunächst alles nach einem ganz normalen Start aus. Erst später stellte man fest,
dass auf Aufnahmen, die während des Startvorgangs gemacht wurden, schon
unmittelbar nach dem Zünden der Triebwerke an einer der beiden externen
Feststoffraketen immer wieder kleine Rauchfahnen zu sehen waren. Ein Grund dafür
war offenbar das Verbrennen eines Dichtungsrings.
Doch am 28. Januar 1986 ahnte davon niemand etwas. Die Startprozeduren wurden
abgearbeitet. Knapp eine Minute nach dem Start war dann an einem der
Feststoffbooster eine kleiner Stichflamme zu sehen, die schnell größer wurde.
Allerdings entdeckte man auch diese erst bei der anschließenden Auswertung von Filmmaterial.
Die Flamme erreichte auch die Verbindung zwischen Booster und dem großen
Haupttank sowie die Oberfläche des Tanks selbst. Das Unglück nahm seinen Lauf:
72 Sekunden nach dem Start ging dann alles ganz schnell. Der große Wasserstofftank
hielt den Belastungen nicht mehr Stand, die Verbindung zwischen Booster und Tank
brach.
Die Challenger war bald in eine gewaltige Explosionswolke gehüllt und zerbrach
schließlich in mehrere Teile. Bis unmittelbar vor der Explosion dürfte die
Besatzung an Bord von den Vorgängen nichts mitbekommen haben.
Nicht geklärt ist bis heute, ob die Astronauten in dem abgeschotteten Abschnitt
für die Besatzung das Auseinanderbrechen der Raumfähre überlebten und erst durch
den Aufprall der Kabine auf die Wasseroberfläche gestorben sind. Einige
Astronauten hatten offenbar noch ihre persönliche Notsauerstoffversorgung
aktiviert, dürften aber durch den Druckabfall sehr schnell ohnmächtig geworden
sein. Die Crewkapsel der Shuttle verfügte über keine Fallschirme - eine
Notlandung war nur mit einer kompletten Raumfähre vorgesehen.
Die anschließenden Untersuchungen ergaben, dass der Grund für das Versagen des
Dichtungsrings die niedrigen Temperaturen in der Nacht vor dem Start war. Es
kamen aber auch erhebliche Kommunikationsmängel bei der NASA und eine gewisse
Sorglosigkeit bei den Verantwortlichen ans Licht. Offenbar hatte man Angst, das Prestigeprojekt eines
modernen Weltraumtransportsystems zu gefährden.
Das prominentestes Mitglied der Untersuchungskommission zur Challenger-Katastrophe war der
Physik-Nobelpreisträger Richard P. Feynman, der diese Haltung bei der NASA
deutlich kritisierte: "Die Realität muss Vorrang vor Public Relations haben,
denn die Natur lässt sich nicht zum Narren halten", schrieb er. Nach der
Challenger-Katastrophe blieben die Raumfähren für zweieinhalb Jahre am Boden.
Zahlreiche Modifikationen wurden durchgeführt. Für die zerstörte Challenger
wurde ein neue Raumfähre gebaut, die Endeavour.
Für das Raumfahrtprogramm der USA war die Challenger-Katastrophe ein tragischer
Einschnitt: Auf das System der wiederverwendbaren Raumfähren hatte man große
Hoffnungen gesetzt. Nun kamen erste Zweifel auf. Eine unmittelbare Folge des
Unglücks vor 30 Jahren war, dass die Raumfähren künftig nicht mehr zum Start
kommerzieller Satelliten eingesetzt wurden. Dafür nutzte man fortan wieder
herkömmliche Trägerraketen.
Am 29. September 1988 startete dann mit der Discovery zum ersten Mal
nach dem Unglück wieder ein Space Shuttle ins All. Die folgenden Missionen
verliefen ohne Probleme, bis dann am 1. Februar 2003 die Raumfähre Columbia bei
der Rückkehr zur Erde auseinanderbrach.
Vor 30 Jahren starben Kommandant Francis Scobee, Pilot Michael Smith, die
Missionsspezialisten Judith Resnik, Ellison Onizuka, Ronald McNair sowie die
Nutzlastspezialisten Gregory Jarvis und Christa McAuliffe, die im Rahmen des
Programms Teacher in Space an Bord war.
Der damalige US-Präsident Ronald Reagan
sagte bei seiner Rede an die Nation am 28. Januar 1986 unter Verwendung der
Anfangs- und Endzeile des bekannten Fliegergedichts "High Flight" von John
Gillespie Magee: "Wir werden sie nie vergessen und auch
nicht das letzte Mal als wir sie sahen, als sie sich auf ihre Reise
vorbereiteten und uns zum Abschied noch einmal zuwinkten, um dann 'den mürrischen
Fesseln der Erde zu entkommen' und 'das Antlitz Gottes zu berühren'."
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Space Shuttle, die
astronews.com-Berichterstattung über die amerikanischen Raumfähren |
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