Kratervielfalt auf Zwergplanet Ceres
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
13. Januar 2016
Seit Dezember kreist die Raumsonde Dawn in einem
Abstand von nur 385 Kilometern um den Zwergplaneten Ceres. Die Aufnahmen aus dieser
Höhe zeigen unzählige Details der Oberfläche und erlauben Rückschlüsse auf die
Beschaffenheit des Zwergplaneten. So deutet beispielsweise das vielfältige
Aussehen der Krater auf das Vorkommen von Eis unter der Oberfläche hin.

Der etwa 25 Kilometer durchmessende Krater
Kupalo. Die noch sehr scharfen wenig verwitterten
Oberflächendetails insbesondere am Kraterrand
deuten auf ein geringes Alter dieses Kraters hin.
Bei den hellen Flecken handelt es sich
wahrscheinlich um Salzablagerungen, die aus
unterirdischem Eis freigesetzt wurden.
Bild:
NASA / JPL-Caltech /UCLA / MPS / DLR / IDA [Großansicht]

Der Krater Messor mit einem Durchmesser von
etwa 42 Kilometern. In der rechten Bildhälfte
sind noch die Überreste eines älteren größeren
Kraters zu erkennen, den Messor zum Teil
überlagert. Auffällig sind auch die
wellenförmigen Strukturen am Boden von Messor.
Bild:
NASA / JPL-Caltech /UCLA / MPS / DLR / IDA [Großansicht] |
Die NASA-Raumsonde Dawn, die im März 2015 den Zwergplaneten Ceres
erreicht hat, ist in ihrer niedrigsten Umlaufbahn angekommen. Seit Dezember 2015
umkreist sie den größten Himmelskörper des zwischen Mars und Jupiter gelegenen
Asteroidengürtels in einer Höhe von nur 385 Kilometern. Aus dieser niedrigen
Umlaufbahn liefern die Kameras an Bord eine bislang unerreichte
Abbildungsgenauigkeit auf der Oberfläche des Zwergplaneten von 35 Metern pro
Pixel. Die Bilder zeigen eine überraschende Vielfalt an Kraterlandschaften.
Aus der Beschaffenheit der Einschlagkrater lässt sich die Zusammensetzung der
oberflächennahen Schichten von Ceres bestimmen. Die Ergebnisse bestätigen
frühere Befunde, dass sich in nur geringer Tiefe unter der überwiegend aus
Gestein bestehenden Oberfläche hart gefrorenes Wassereis befinden muss. "Viele
der Oberflächendetails, die wir seit der Ankunft von Dawn bei Ceres
kennen, können wir jetzt mit wesentlich höherer Genauigkeit untersuchen”,
berichtet der Leiter des Dawn-Kamera-Teams Dr. Andreas Nathues vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen.
Eines der kürzlich mit dem Kamerasystem der Dawn-Sonde aufgenommenen
Bilder zeigt den etwa 25 Kilometer großen Einschlagkrater Kupalo, der nach der
slawischen Göttin der Fruchtbarkeit benannt ist. Am Kraterrand befinden sich
auffällig helle in radialer Richtung verlaufende Streifen, die vermutlich durch
Hangrutschungen entstanden sind. Auch der Kraterboden zeigt mehrere helle
Flecken. Ähnliche helle Ablagerungen wurden schon früher vielfach auf der
Oberfläche von Ceres gefunden. Hierbei handelt es sich vermutlich um
wasserhaltiges Magnesiumsulfat oder um andere helle Salze, wie sie auch in
Salzseen auf der Erde vorkommen.
Unter der Oberfläche von Ceres muss sich deshalb zumindest stellenweise hart
gefrorenes Eis befinden, das auch Salze enthält. Wird dieses Eis durch
Einschläge von Asteroiden freigelegt, kann es allmählich verdampfen, zurück
bleibt das ursprünglich im Wasser gelöste Salz. "Die Untersuchung dieser hellen
Ablagerungen auf der Oberfläche von Ceres wird eines der Hauptziele für die
Dawn-Mission in den nächsten Monaten sein", so Dr. Martin Hoffmann, der Mitglied
des Dawn-Kamerateams am MPS ist.
Der Krater Kupalo hat keinen wie sonst bei Einschlagkratern dieser Größe
üblichen Zentralberg. Stattdessen befindet sich in der Kratermitte gleich eine
ganze Bergkette, die sich über eine Länge von mehr als sieben Kilometern
erstreckt. Ähnliche Bergketten wiederholen sich mehrfach in der Nähe des
Kraterrandes. Der übrige Kraterboden ist auffällig flach und zeigt keine
Anzeichen von kleineren später entstandenen Einschlagkratern, was auf ein
vergleichsweise geringes Alter von Kupalo hindeutet. Auffällig ist weiterhin
sein nicht-kreisförmiger Kraterrand.
Ein anderer Krater, Dantu, erscheint auffällig flach und besitzt ein Netzwerk
von Brüchen, wie es sie in ähnlicher Form auch in Kratern auf unserem Erdmond
gibt. "Bei ihrer Entstehung ist wahrscheinlich entscheidend, dass die äußeren
Schichten von Ceres nicht durchgehend aus hartem Gestein bestehen. Beim
Einschlag des Asteroiden wurde Wassereis unter der Oberfläche zumindest
teilweise geschmolzen" erklärt Hoffmann. "Kühlt es sich anschließend ab, kann es
sich stark zusammenziehen und eine Vielzahl von Rissen bilden".
Der Krater Messor zeigt eine sehr ungewöhnliche Form. Sein Rand ist wie auch
derjenige von Kupalo unregelmäßig geformt und der Kraterboden zeigt deutlich
wellenförmige Muster. Messor ist einem älteren Krater überlagert, dessen
Überreste noch zu erkennen sind. Bei Messor fehlt ein wie sonst bei
Einschlagkratern dieser Größe üblicher Zentralberg und sein Rand ist auffällig
unregelmäßig geformt. Die Häufigkeit von kleineren Einschlagkratern am Boden von
Messor ist nur unwesentlich geringer als außerhalb des Kraters, was auf ein
hohes Alter dieses Kraters hindeutet.
Ein weiterer etwa 30 Kilometer großer bisher unbenannter Krater besitzt einen
ausgeprägten Zentralberg sowie auffällige Terrassen, die sich über den gesamten
Kraterboden erstrecken. Auch diese Strukturen deuten darauf hin, dass hier ein
Asteroid in Material eingeschlagen ist, das direkt nach dem Einschlag eine hohe
Mobilität gehabt hat, wie etwa Wassereis.
Die Beschaffenheit der Krater und die gefundenen Strukturen zeigen, dass ein
wesentlicher Teil der oberflächennahen Schichten von Ceres aus Eis bestehen muss
und nicht durchgehend aus hartem Gestein, wie es zum Beispiel beim Erdmond der
Fall ist. Schlägt ein Asteroid auf die Oberfläche von Ceres ein, wird das
Oberflächenmaterial teilweise oder ganz geschmolzen. Beim Erstarren kann sich
eine Vielzahl von Strukturen bilden, die bei Einschlägen in Gestein wesentlich
schwächer ausgeprägt sind oder komplett fehlen. Auch wenn diese Prozesse im
Detail noch nicht vollständig verstanden sind, erklären sie die beobachteten
Bruchlinien, die Terrassen, das häufige Fehlen von Zentralbergen oder die
unregelmäßigen Kraterränder.
Die Raumsonde Dawn startete im September 2007 auf ihre Reise in den
Asteroidengürtel, der sich zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter
befindet. Im Jahr 2011 erreichte sie den Asteroiden Vesta und untersuchte diesen
mehr als ein Jahr lang. Am 6. März 2015 schwenkte Dawn in eine Umlaufbahn um den
Zwergplaneten Ceres ein und umkreist diesen seit Dezember 2015 in nur 385
Kilometern Höhe über der Oberfläche. Noch mindestens bis zum 30. Juni 2016 wird
die Sonde den Himmelskörper aus diesem Abstand untersuchen.
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