Drallrad soll aktiviert werden
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
8. Januar 2016
Nur noch bis etwa Ende Januar dürften auf der Oberfläche
des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko Bedingungen herrschen, die einen Betrieb
des Landers Philae erlauben würden. Am Lander-Kontrollzentrum des DLR in Köln
setzt man deshalb alles auf eine Karte und will nun versuchen, das Drallrad von
Philae zu aktivieren, um den Lander praktisch wachzurütteln.

Dieses Bild des
Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko wurde vom
Kamerasystem OSIRIS an Bord von Rosetta am 20.
Dezember 2015 aus 91,5 Kilometern Entfernung
aufgenommen.
Bild: ESA / Rosetta / MPS for OSIRIS Team
MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP /
IDA [Großansicht] |
Das letzte eindeutige Lebenszeichen von Philae kam am 9. Juli 2015 -
seitdem ist es still geblieben. Für den Lander wird es nun eng: Mit jedem
weiteren Tag entfernt sich Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko weiter von der Sonne,
und die Temperaturen auf der Kometenoberfläche fallen. Voraussichtlich Ende
Januar werden die Bedingungen auf 67P/Churyumov-Gerasimenko so "Lander-feindlich",
dass die Mission mit Philae ihr natürliches Ende finden wird.
Die Ingenieure und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) horchen seit September vergeblich auf ein Zeichen von Philae,
deshalb schicken sie am 10. Januar 2016 auch erstmals ein Kommando ins All, das
Philaes Drallrad im Inneren des Landers in Bewegung versetzt. "Die Zeit
wird knapp, deshalb wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen", sagt Philae-Projektleiter
Dr. Stephan Ulamec vom DLR.
Während der Landung am 12. November 2014 sorgte Philaes Drallrad
dafür, dass sich der Lander beim Abstieg stabilisierte. Nun könnte es dem
schweigsamen Lander auf 67P/Churyumov-Gerasimenko einen Drehimpuls verleihen.
"Im besten Fall rüttelt Philae sich dadurch frei, Staub auf den
Solarpaneelen fällt ab, und er steht besser zur Sonne ausgerichtet", erläutert
der technische Projektleiter Dr. Koen Geurts. Im schlechtesten Fall empfängt der
Lander die Kommandos des DLR-Teams nicht.
In welchem Zustand Philae derzeit auf dem Kometen steht, ist durch
die lange Funkstille nicht klar. Die letzten Daten über seinen
Gesundheitszustand sendete der Lander im Sommer 2015. Mittlerweile geht das
DLR-Team davon aus, dass einer der beiden Sender und einer der beiden Empfänger
von Philae ausgefallen sind. Der zweite Sender sowie der zweite
Empfänger funktionieren anscheinend nicht mehr reibungslos. Das Team hofft
zudem, dass der Lander nicht umgekippt ist oder zu sehr von Staub bedeckt ist.
Mit einem aktiven, ausgasenden Kometen unter sich hat Philae keinen
komfortablen und sicheren Standort im All. "Die Stille von Philae
bedeutet leider nichts Gutes", so Ulamec. In der Nacht vom 21. auf den 22.
Dezember 2015 sorgte ein schwaches Signal, das die Empfänger der Rosetta-Sonde
aufzeichnete, für Diskussionen in den Missionsteams. Die Analysen zeigten
jedoch, dass dies kein Lebenszeichen des Landers war.
Spätestens Ende Januar wird es allerdings zunehmend ungemütlich für
Philae: Dann wird 67P/Churyumov-Gerasimenko über 300 Millionen Kilometer
von der Sonne entfernt sein. Sinkt die Betriebstemperatur von Philae
unter minus 51 Grad Celsius, schaltet sich der Lander nicht mehr ein. Das
Kommando, das Drallrad zu aktivieren und Philae so in Bewegung zu
versetzen, wird deshalb einer der letzten Versuche sein, eine Reaktion des
Landers zu erhalten.
"Es ist eine kleine Chance", sagt Operations Manager Cinzia Fantinati vom
DLR-Kontrollraumteam . "Wir wollen nichts unversucht lassen." Die
Kommunikationseinheit wird aber auch noch nach Mitte Januar eingeschaltet
bleiben und weiterhin auf ein Zeichen von Philae horchen. Die
Rosetta-Sonde der europäischen Weltraumorganisation ESA wird noch bis
September 2016 aktiv sein.
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