Zwerggalaxie mit sehr viel Dunkler Materie?
von Stefan Deiters astronews.com
23. November 2015
Die nahegelegene Zwerggalaxie Triangulum II könnte zu einem
sehr großen Teil aus Dunkler Materie bestehen. Das ergab die Messung der
Geschwindigkeit von einigen Sternen im Zentrum der Galaxie. Triangulum II wäre
damit ein lohnenswertes Ziel für die weitere Erforschung der Dunklen Materie.
Allerdings könnten sich die Werte auch anders erklären lassen.

Simulation der Verteilung der sichtbaren
(oben) und der Dunklen Materie (unten) in einer
Galaxie, die unserer Milchstraße ähnelt. Markiert
ist eine Zwerggalaxie, die Triangulum II gleichen
könnte.
Bild: A. Wetzel und P. Hopkins, Caltech
 |
Dunkle Materie lässt sich nur sehr schwer erforschen. Das liegt im
Wesentlichen an ihrer Haupteigenschaft, der sie auch ihren Namen verdankt:
Dunkle Materie ist dunkel und wechselwirkt mit anderer Materie praktisch
ausschließlich durch
ihre Gravitationswirkung. So ist es bis heute nicht gelungen, ein direktes
Signal der Dunklen Materie aufzuspüren. Man ist also bislang auf indirekte
Nachweisverfahren angewiesen.
Evan Kirby vom California Institute of Technology hat nun die
Zwerggalaxie Triangulum II anvisiert, eine kleine Satellitengalaxie der
Milchstraße, die aus kaum mehr als 1.000 Sternen besteht. Kirby bestimmte die
Masse der Galaxie, indem er die Geschwindigkeit von sechs Sternen im Zentrum von
Triangulum II ermittelte.
"Diese Galaxie ist sehr schwer zu beobachten", so Kirby. "Nur sechs Sterne
waren hell genug, um sie mit dem Keck-Teleskop sehen zu können." Die
Geschwindigkeit der Sterne erlaubte dem Astronomen dann Rückschlüsse auf die
Gravitationskraft, die auf diese Sterne wirken muss und diese wiederum auf die
Gesamtmasse der Galaxie.
"Die Gesamtmasse, die ich gemessen habe, war sehr viel größer als die Masse
aller Sterne", erläutert Kirby. "Das impliziert, dass es eine große Menge
an dicht gepackter Dunkler Materie geben muss, die zur Gesamtmasse beiträgt. Das
Verhältnis von Dunkler Materie zur sichtbaren Materie ist höher, als bei jeder
anderen Galaxie, die wir kennen. Nachdem ich meine Messungen abgeschlossen
hatte, dachte ich nur: Wow."
Triangulum II könnte somit zu einem lohnenden Ziel werden, wenn man versuchen
möchte, ein Signal der Dunklen Materie direkt zu beobachten. Besteht Dunkle
Materie nämlich tatsächlich, wie eine Theorie vermutet, aus supersymmetrischen
Weakly Interacting Massive Particles (WIMPS), sollten sich diese
Partikel bei einer Kollision gegenseitig auslöschen. Dabei würde Gammastrahlung
frei werden.
Für den Nachweis eines solchen Signals im Gammastrahlenbereich würde sich
Triangulum II besonders gut eignen, da hier mit weitaus weniger Störsignalen zu
rechnen ist: In der Galaxie gibt es keine Sternentstehung und die Signatur der
Partikel der Dunklen Materie müsste im Gammastrahlenbereich theoretisch sehr gut
sichtbar sein.
Allerdings ist noch nicht sicher, ob Kirby tatsächlich die Masse von
Triangulum II bestimmt hat: Astronomen aus Straßburg haben die Geschwindigkeit
von Sternen gerade außerhalb von Triangulum II gemessen und festgestellt, dass
sich diese schneller bewegen, als die Sterne im Zentrum der Galaxie - eigentlich
würde man hier das Gegenteil erwarten. Es könnte also sein, dass die Galaxie
gerade von der Milchstraße auseinandergerissen wird, sich also nicht im
Gleichgewicht befindet und eine Massenbestimmung auf Grundlage der Messungen von
Kirby gar nicht möglich ist.
"Als nächsten Schritt werde ich versuchen, die Messungen der anderen
Gruppe zu bestätigen", so Kirby. "Sollte sich herausstellen, dass diese Sterne
nicht wirklich schneller sind als die im Zentrum, dann befindet sich die Galaxie
im dynamischen Gleichgewicht und sie wäre tatsächlich ein sehr guter Kandidat, um
Dunkle Materie direkt durch Gammastrahlen zu messen."
Über seine Messungen berichten Kirby und seine Kollegen in einem Fachartikel,
der in den Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
|